Neue Ideen für den Lech
Gut Morhard Der Tierschutzverein Augsburg kombiniert verschiedene Elemente, um über den Fluss zu informieren. Gelungene Renaturierungsbeispiele von Inn und Isar zeigen Alternativen auf
Mit einer Mischung aus Mode, Musik und Vorträgen informierte der Tierschutzverein über den Lech. Was es zu sehen und zu hören gab, lesen Sie auf
Königsbrunn Eine Modenschau in einer Scheune? Da hätte sich der Tierschutzverein Augsburg (TSVA) eine etwas schickere Umgebung aussuchen können. Schließlich fand die Präsentation im Rahmen einer Veranstaltung zum 150-jährigen Bestehen der Organisation statt.
Doch der neue Holzbau auf Gut Morhard bot den perfekten Rahmen für den Auftritt der Models nach drei Vorträgen über Lech und Inn. Denn die junge Modedesignerin Sophia Stuhlmiller hatte sich für ihre preisgekrönten Entwürfe vom Lech inspirieren lassen und sich auf Gut Morhard mit TSVA-Geschäftsführerin Sabrina Gassner und dem Lech-Kenner Dr. Eberhard Pfeuffer ausführlich über ihr Thema ausgetauscht (siehe Info-Kasten). Jazzig fließende Klänge zu Bildern des dahinströmenden Lechs rundeten die ungewöhnliche Veranstaltung ab.
Die gut einhundert Besucher wurden erst mal in drei Vorträgen an das Thema herangeführt. Pfeuffer erläuterte, warum man Alpenflüsse wie den Lech als „Lebensadern sondergleichen“bezeichnen könne: Ihr wildes Wasser, das weite, steinige Flussbett und die Heiden und Auenwälder an den Ufern böten Lebensräume für hoch spezialisierte Pflanzen und Tiere. Seit der außeralpine Lech durch 24 Staustufen zwischen Füssen und Augsburg ausgebremst wurde, hat sich das aller- dings stark reduziert. Früher trug die kräftige Strömung die Samen alpiner Pflanzen bis weit ins Alpenvorland, sogar bis zur Donau, sodass sich Lebensräume einiger Pflanzen und Tiere vom Hochgebirge bis zur Fränkischen Alb aufzeigen lassen. Pfeuffer beeindruckte durch sein Detailwissen, aber auch durch seine Begeisterung für die Schönheiten der Flusslandschaft.
Günther Groß von der Lechallianz erläuterte die aktuelle Planung zur teilweisen Renaturierung des Lechs südlich von Augsburg. Die sei nötig geworden, weil das Flussbett in diesem Bereich fast seinen gesamten Kies verloren hast – der Nachschub wird durch die Staustufen gestoppt. Nördlich der Staustufe 23 soll das Ufer aufgeweitet werden, sodass der Fluss wieder Kies von dort weitertransportieren kann.
Der emeritierte Professor für Zoologie Dr. Josef Reichholf schilderte, wie sich der Wildfluss Inn in seinem außeralpinen Bereich trotz großer Staustufen erneut seine ursprüngliche Flusslandschaft geschaffen habe. Dies lasse sich jedoch nicht auf den Lech übertragen, denn die beiden Flüsse weisen große Unterschiede auf. Nicht nur, dass die dortigen Staustufen sehr viel größer sind. Der Inn komme aus einer zentralalpinen Gletscherzone und er führt neben dem Schotter am Flussgrund sehr viel Schwebstoffe mit, etwa zwei Millionen Tonnen allein im Juni und Juli. Diese Schwebstoffe durchwandern die Staustufen pro- blemlos, sie füllen in den lang gestreckten Staustufen das Flussbett auf und haben dort Schlickbänke gebildet. „Bei einem Fluss mit Kies dauert diese Renaturierung sehr viel länger, wohl Jahrhunderte“. Das könnte nur gelingen, wenn man die ursprüngliche Dynamik der Strömung wiederherstelle. „Man müsste die Kraftwerke unten aufmachen können, um das überschüssige Wasser durchzulassen, dann könnte der Fluss auch wieder Kies und Grobgestein transportieren.“Technisch sei das allerdings nur schwer zu bewerkstelligen.
Am Innstau Perach wurde vor Jahren ein Fluss angelegt, der durch den Auwald die Staustufe umgeht. Das könnte auch am Lech klappen. Reichholf formulierte dann die Idee, am Lech jede zweite Staustufe aufzugeben und die so frei gewordenen Strecken zur Renaturierung zu nutzen. Als gelungenes Beispiel nannte er die Isar-Renaturierung in München, mit der sich die Landeshauptstadt einen Wildfluss in die Stadt geholt habe. Als „ein von außen Kommender“fragte er provokant: „Was spricht dagegen, das Beispiel München auch in Augsburg ins Auge zu fassen?“
Die nächste Veranstaltung zum Jubiläum des Tierschutzvereins ist am Sonntag, 21. Oktober, um 10.30 Uhr eine Lesung mit Nicola Förg aus Kempten. Die Autorin von Tier-Krimis liest dann aus ihrem neuesten Werk „Rabenschwarze Beute“.