Was der Freispruch bedeutet
Es gibt einen lateinischen Satz, der als grundlegend gilt für den Rechtsstaat. „In dubio pro reo.“Was so viel heißt wie „Im Zweifel für den Angeklagten.“Das ist ein wichtiges Prinzip. Gleichzeitig kann es aber auch eine Last sein für einen Angeklagten. Denn nach einem Freispruch ist oft die Rede davon, er sei aus Mangel an Beweisen ergangen. Ein Tatnachweis sei eben nicht zu führen gewesen.
Allerdings: So etwas sieht das deutsche Strafrecht nicht vor. Freispruch ist Feispruch. Das muss auch für Gerd Koller gelten, der unter Verdacht stand, die Schwarzgeschäfte seiner Mitarbeiter auf dem Nordfriedhof nicht nur gedeckt, sondern sich sogar daran beteiligt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage gegen ihn erhoben, das Gericht hatte den Prozess angesetzt. Beides ist laut Gesetz nur zulässig, wenn nach Prüfung der Akten eine Verurteilung als wahrscheinlich gilt. Doch im Prozess sind die Vorwürfe in sich zusammengefallen.
Man mag sich die Frage stellen, wie es sein kann, dass ein Chef lange Zeit nichts von Mauscheleien hinter seinem Rücken mitbekommt – und ob er nicht zu blauäugig den Mitarbeitern vertraut hat. Allerdings muss man auch sehen: Im Prozess haben sich keinerlei Belege dafür ergeben, dass Koller etwas von den Mauscheleien gewusst hat. Kein Zeuge konnte dazu etwas beitragen. Und es zeigte sich auch: Fehlende Strukturen, Vorgaben und Kontrollen durch die Stadtverwaltung haben solch einen Wildwuchs, wie es ihn bei Arbeitern des Nordfriedhofs offenbar gegeben hat, erst so richtig begünstigt.
Gerd Koller hat daher als unschuldig zu gelten – und er ist auch so zu behandeln. Es war richtig, dass er sein Vorstandsamt bei der Augsburger Innenstadt-CSU ruhen ließ. Solange solche Vorwürfe im Raum stehen, wäre alles andere auch nicht vermittelbar gewesen. Nun kann er weitermachen. Das steht ihm nach dem Freispruch zu.