Drei Deutsche sterben in den Fluten
Rettungskräfte finden totes Ehepaar in der Nähe seines Autos. Journalist aus Hannover kommt bei Sant Llorenc ums Leben. Todesopfer auch auf Sardinien und in Südfrankreich
Palma/marseille/cagliari Zunächst wurde das Fahrzeug des älteren deutschen Ehepaares in der Schlammlandschaft gefunden, welche die verheerende Flutwelle im Osten Mallorcas hinterlassen hatte. Am Donnerstagnachmittag wurden dann in der Nähe des Autowracks zwei Leichen entdeckt. Am Abend bestätigte die Sprecherin eines Notdienstes, dass es sich dabei um das vermisste Paar handle. Wenig später wurde bekannt, dass ein weiterer Deutscher unter den mittlerweile zwölf Todesopfern des Unwetters vom Dienstag ist: ein 53 Jahre alter Journalist der Neuen Presse aus Hannover, wie dessen Arbeitgeber am Abend bestätigte.
Andreas K. sei nach diesen Angaben auf dem Weg von Capdepera, wo er eine Wohnung besaß, zum Flughafen in Palma gewesen, um dort eine Bekannte abzuholen. Die Strecke führt an Sant Llorenc vorbei, wo die Regenmassen am schlimmsten wüteten. Der 53-Jährige war seitdem als vermisst gemeldet, am Flughafen kam er nie an.
Die beiden deutschen Rentner, deren Alter mit 61 und 63 Jahren angegeben wurde, lebten wohl auf Mallorca. Sie hatten am Dienstagabend noch versucht, per Telefon Hilfe herbeizurufen. Offenbar, weil sie zwischen Artà und Canyamel vom Wasser eingeschlossen waren. Doch der Kontakt zu den beiden brach ab. Seitdem fehlte jede Spur.
Hunderte Rettungskräfte suchten im Unglücksgebiet nach weiteren möglichen Opfern. Ein fünfjähriger spanischer Junge wurde am Donnerstag noch vermisst. Doch die Rettungsarbeiten sind schwierig, die Landschaft ist kilometerweit mit Schlamm und Trümmern bedeckt.
Am Dienstagabend hatte sich nach einem stundenlangen Sturzregen eine gigantische Wasser- und Schlammlawine durch ein Flusstal vom Ort Sant Llorenç über eine zehn Kilometer lange Strecke bis ins Meer gewälzt. Eine tödliche Flut, die auf ihrem Weg vom hügeligen Hinterland ins Meer Dörfer und Straßen überschwemmte und dutzende Autos mitriss. „Apokalyptisch“, titelte die Inselzeitung Ultima Hora. Bewohner des Gebietes berichteten sogar von einer Welle, die plötzlich wie ein Tsunami herangerollt sei.
Meter für Meter durchkämmten Feuerwehrmänner und Soldaten das Flussbett. Sie stocherten mit langen Stangen im Wasser herum. Bis zum Bauch standen sie in der braunen Brühe. Dort, wo sich die Sturzflut ins Meer ergoss, an der Küste des Ortes S’illot, kreisten Hubschrauber in der Luft. Rettungsschiffe und Taucher suchten das Meer ab. Augenzeugen hatten mitgeteilt, dass sie am Dienstagabend Fahrzeuge gesehen hätten, die ins Meer gespült worden seien. Bei einigen hätten sogar noch die Scheinwerfer geleuchtet. Ob sich auch Menschen in den Fahrzeugen befanden, ist unklar.
Nach Angaben der mallorquinischen Behörden wurden bis Donnerstagnachmittag in Sant Llorenç und in den Nachbarorten Artà, S’illot und San Carrió die Leichen von sieben Männern und fünf Frauen geborgen. Unter den Opfern befindet sich auch ein britisches Urlau- berpaar, das in einem Taxi auf dem Weg zum Hotel war. Der Taxifahrer kam ebenfalls um. Zudem ertrank eine holländische Rentnerin.
Zugleich gingen am Donnerstag die Aufräumarbeiten in der Unglückszone weiter. Mit Eimern, Schaufeln und Besen versuchten die Bewohner von Sant Llorenç, wo rund 8000 Menschen leben, ihre Häuser und Straßen vom Schlamm zu befreien. Auch Spaniens Tennisweltstar Rafael Nadal, mit Gummistiefeln und Handschuhen ausgerüstet, packte mit an. Nadal wohnt im elf Kilometer entfernten Porto Cristo.
Auch Tennisstar Rafael Nadal packte mit an
Der Weltranglistenerste stellte seine Tennisakademie in Manacor als Notquartier für Menschen zur Verfügung, die nach der Flutkatastrophe nicht in ihre Häuser zurückkönnen.
Derweil wächst die Kritik an den Aufsichtsbehörden: In Sant Llorenç laufen drei Bäche aus dem Hügelland zusammen. Es gilt deswegen schon länger als eines jener Gebiete auf der Insel, wo das Flutrisiko nach heftigen Regenfällen sehr groß ist. Ältere Bewohner erinnern sich noch gut daran, dass es vor 30 Jahren im selben Gebiet bereits eine Katastrophe gab – damals starben drei Menschen. Trotzdem seien die Bebauungen des Dorfes immer näher ans Flussbett gerückt. „Eine Tragödie, die vermeidbar war“, kommentierte die Zeitung El Mundo.
Bei der Entstehung solcher Tragödien spielt nach Einschätzung der spanischen Umweltorganisation Ecologistas en Acción meist städtebauliche Schlamperei eine entscheidende Rolle: „In den Überschwemmungszonen machen sich immer mehr Gebäude oder andere Infrastrukturen breit.“Wenn man dem nicht endlich einen Riegel vorschiebe, warnen die Umweltschützer, werden sich Unglücke wie jenes in Sant Llorenç wiederholen.
Nach schweren Regenfällen auch in Südfrankreich sind mehrere Autos ins Mittelmeer gespült worden, zwei Menschen wurden tot in einem Wagen entdeckt. Bei der Gemeinde Sainte-maxime an der Côte d’azur seien fünf Autos von einem über die Ufer getretenen kleinen Fluss mitgerissen worden, sagte der örtliche Präfekt Jean-luc Videlaine.
Schwere Regenfälle haben auch auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien vielerorts Flüsse über die Ufer treten lassen. Eine seit den frühen Morgenstunden des Donnerstags vermisste Frau wurde im Laufe des Tages tot aufgefunden. Sie sei mit ihrer Familie im Auto nahe der Hauptstadt Cagliari unterwegs gewesen und vom Hochwasser überrascht worden. Der Mann und die Kinder hatten sich retten können und waren von Einsatzkräften in Krankenhäuser gebracht worden.