Entscheidet Geld über die historische Mauer?
Archäologen haben an der Volkhartstraße einen wertvollen Fund gemacht. In der Frage, ob man ihn für die Nachwelt erhalten will, sind sich die Politiker noch nicht einig. Es geht um die Finanzierung – und um mehr
Wie reagiert die Politik auf die archäologischen Funde am Theater? Zu welchen Konditionen könnte die alte Stadtmauer erhalten bleiben und somit in den Umbau des Theaters eingebunden werden? Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) sagt am Donnerstag auf Az-anfrage: „Wir haben mehrere Handlungsoptionen vorliegen. Wir werden das diskutieren und dabei die Fördersituation mit der Regierung von Schwaben berücksichtigen.“
Der Stadtrat werde am Ende darüber befinden, sagt Gribl. Dass vom beauftragten Architekturbüro Walter Achatz Umbauplanungen vorgelegt worden sind, hält Gribl für zwingend notwendig: „Fakten sind die einzig richtige Entscheidungsgrundlage. Und es ist unsere Aufgabe, dem Stadtrat vollständige und tragfähige Entscheidungsgrundlagen zu geben.“Das historische Erbe sei wertvoller Teil der städtischen DNA. Fachleute hätten insofern eine Bewertung aus archäologischer, baufachlicher und finanzieller Expertensicht vorgenommen. Dieses bisherige Vorgehen sei absolut sachgerecht, so Gribl.
Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler) war stets ein Gegner der aus seiner Sicht „schöngerechneten Theaterfinanzierung“. Er kritisierte frühzeitig, dass die kalkulierten 186,3 Millionen Euro Gesamtkosten nicht reichen werden. Insofern sehe er sich durch die aktuelle Entwicklung bestätigt.
Der Architekt zeigt sich andererseits als Befürworter, die alte Stadtmauer zu erhalten: „Die Funde sind kulturhistorisch hochkarätig, sie müssen alternativlos erhalten und als dauerhaftes Zeugnis der Stadtgeschichte der Bürgerschaft sichtbar gemacht werden.“Dies umso mehr, weil die Mauer „im Rahmen eines Kulturbaues zu Tage tritt und es ein kultureller Frevel erster Kategorie wäre, auf diese Weise historisches Kulturgut zu zerstören“. Städte wie Ulm sicherten sogar im Rahmen von Parkbauten unter der Neuen Straße Stadtmauerreste und machten diese den Bürgern sichtbar, so Schafitel.
Zum Thema Geld sagt der Freie Wähler: „Die Integration der jetzigen Stadtmauerfunde stellen einen ersten kulturellen Beitrag im Rahmen der Theatersanierung dar. Es könnten noch weitere folgen.“Die Kosten hierfür müsse man sich leisten können, wenn man an solchen Orten baue. „Das Vorkommen von hochkarätigen kulturhistorischen Funden bei archäologischen Grabungsarbeiten in diesem Umfeld war vorhersehbar.“
In der Csu-fraktion ist das Thema besprochen worden, ohne sich zum jetzigen Zeitpunkt festzulegen. Andreas Jäckel, kulturpolitischer Sprecher der CSU, sagt: „Das ist in der Tat eine Frage der Abwägung.“Drei Punkte, die es dabei zu berücksichtigen gelte, führt er an: Zum einen geht es um die mögliche finanzielle Beteiligung des Freistaats, zum anderen um eine denkbare Bauzeitverlängerung des Theaterumbaus mit möglichen Zusatzkosten. Dritter Aspekt sei ein „kultureller Mehrwert“, der durch die optisch ansprechende Freilegung der Stadtmauer zu erzielen sei.
Jäckel sagt, dass es nicht zwingend bereits am 24. Oktober eine Entscheidung im Stadtrat geben müsse: „Dieses Thema eignet sich nicht für einen Schnellschuss, es be- darf einer gründlichen Untersuchung.“Csu-fraktionschef Bernd Kränzle verweist auf einen weiteren Punkt: „Wir müssen schauen, wie es beim Römischen Museum weitergeht.“Die Politik stehe im Wort, das Projekt voranzutreiben: „Deshalb gibt es eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung im Doppelhaushalt 2019/2020.“Dies heißt, die Stadt verpflichtet sich, Geld für das Römische Museum bereitzustellen. Vorgesehen sind aktuell etwas mehr als drei Millionen Euro, die für die neue Bodenplatte in der Dominikanerkirche gedacht sind.
Eine politische Bewertung des Sachverhalts kommt für Margarete Heinrich, Vorsitzende der Spdstadtratsfraktion, zu früh: „Wir haben stets gesagt, dass die archäologischen Funde am Theater eine besondere Komponente sein werden.“Dass nun Teile der Stadtmauer in diesem Ausmaß gefunden worden seien, „ist eben nicht zu ignorieren“. Die Wertschätzung der Archäologie sei ein wichtiger Punkt. Heinrich sagt aber auch: „Wir können wohl keinen Präzedenzfall schaffen.“Wenn Privatpersonen bei Bauten auf Relikte der Vergangenheit stoßen, seien sie gehalten, die Funde in Übereinstimmung mit den zuständigen Fachbehörden zu sichern. Wenn es um die mögliche Finanzierung des dann teurer werdenden Theaterumbaus gehe, müsse sich die Stadt mit dem Landesamt für Archäologie abstimmen.
Linken-stadtrat Otto Hutter, der zur Ausschussgemeinschaft gehört, sagt: „Augsburg muss mit seiner Geschichte punkten und darf sein Erbe nicht weiter zerstören.“Den Vorschlag mit der Glasplatte halte er für „charmant“. „Zur Kostendeckung schlage ich Einsparungen bei der städtischen Propaganda vor, namentlich beim Hauptamt Kommunikation.“Noch keine Positionierung gibt es bei den Grünen, die mit CSU und SPD im Rathaus regieren. Fraktionschefin Martina Wild erläutert: „Wir werden das Thema in der Fraktionssitzung am Dienstag erörtern. Diese Woche fiel die Sitzung ersatzlos, weil unser Bundesvorsitzender Robert Habeck Gast im Augsburger Rathaus war.“