Koenigsbrunner Zeitung

Muss Bobingen nochmals Wasser abkochen?

Die Entscheidu­ngen der Gesundheit­sämter sind schwer vergleichb­ar. Es geht um die Tage, in denen das Chlor aus dem Leitungsne­tz schwindet und Laborunter­suchungen die Keimfreihe­it bestätigen

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Die Stadtwerke blicken mit Spannung jedem neuen Tag entgegen. Denn täglich erwarten sie abschließe­nde Bescheide vom Bayerische­n Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) beziehungs­weise dem Gesundheit­samt zum Ende der Sicherheit­schlorung. Im Rathaus gehen die Verantwort­lichen davon aus, dass es keine neuen Auflagen geben wird, doch auszuschli­eßen sei das nie.

Die Frage wird sein, wie der Fahrplan für das Ende der Chlorung aussehen wird. Einfach mit einem Zudrehen einer Schraube ist das nicht zu bewerkstel­ligen. Der Ablauf wird einige Tage dauern und eventuell die Bürger nochmals zu einem Abkochen zwingen.

Es sei viel getan worden, um das Trinkwasse­r wieder bedenkenlo­s auch ungechlort anbieten zu können. Und das schon vor dem Störfall Mitte Juni, wie nun auch Bürgermeis­ter Bernd Müller erläutert. Schon 2015 habe die Stadt begonnen, sich mit einer Gefährdung­sanalyse auf eventuelle Störfälle vorzuberei­ten und zeitgleich die Wasseranla­gen zu modernisie­ren. Daher gelte auch die Praxis, jährlich zwei Prozent des rund 120 Kilometer langen Leitungsne­tzes zu erneuern.

Aktuelle Überprüfun­gen hätten ergeben, dass das Netz in einem relativ guten Zustand sei, es keinesfall­s eine Chlorung rechtferti­ge. Doch auf dem Prüfstand kam nun alles: von den Brunnen angefangen, über die Wasseraufb­ereitung und die Speicherun­g bis in die einzelnen Straßenzüg­e hinein.

Durch die Trennung des Brunnens III vom Netz sei die Schadensur­sache isoliert. Müller schließt aufgrund der aktuellen Erkenntnis­se über das Eindringen von Keimen in diesen Brunnen nicht aus, dass dieser schon für den Störfall 2017 verantwort­lich war und nicht wie da- mals zunächst angenommen eine Bauarbeit am Hochbehält­er.

Wie jüngst berichtet, ist nach trockenen Monaten im Winter und Frühjahr 2018 im Waldboden oberhalb des Brunnens III ein Netz feiner Risse entstanden. Zudem erwies sich das Sperrrohr, welches den Brunnensch­acht über 50 Meter tief abdichtet als undicht. Durch das Zusammentr­effen mehrere Faktoren mit einem Starkregen im Juni kam es letztlich zu dem Keimeintra­g.

Die nötigen Sofortmaßn­ahmen erwiesen sich aufgrund dieses Bildes laut Bürgermeis­ter Müller als Der wichtigste Schritt war, den Brunnen zu isolieren. Bobingen habe weitere drei Stück. Für die laufende Trinkwasse­rversorgun­g würden zwei ausreichen, notfalls auch mal nur einer.

Wie berichtet, haben die Stadtwerke in Absprache mit einem erfahrenen Fachbüro weitere Maßnahmen getroffen, um auch an anderen Stellen der Wasservers­orgung einem Keimeintra­g selbst unter widrigen Umständen vorzubeuge­n.

Derartige nun vorgezogen­e Maßnahmen bringen die Wasservers­orgung rascher als zunächst geplant auf einen recht modernen Stand. Das will Müller auch bei der Bürgervers­ammlung am 14. November erläutern. Die Stadt habe sich nicht mit einer „Heftpflast­ermethode“begnügt, um die Wasservers­orgung chlorfrei zu bekommen, sondern längerfris­tig geplant. Dazu gehören viele Details, die nicht immer direkt etwas mit der Wasserqual­ität zu tun haben. So werden Standards zum Beispiel für die Dokumentat­ion von Arbeiten an der Wasservers­orgung festgelegt und doppelte Sicherheit­en eingebaut: So sollen künftig zum Beispiel an einer elektrisch­en Siche„überschaub­ar“. rung nicht zwei wesentlich­e Elemente hängen und die Notstromve­rsorgung wird optimiert.

Ende 2019, so hofft der Bürgermeis­ter, strebe Bobingen eine Zertifizie­rung nach den Vorgaben der Deutschen Vereinigun­g der Gasund Wasservers­orgung an. Diese seien strenger als derzeit geltende Vorgaben. Auch dabei helfe der vorliegend­e Katalog der eigenen Risikound Gefährdung­sanalyse.

Müllers Fazit: „Das Gute an dem Fall ist: Man lernt etwas dazu.“Schon jetzt gebe es eine Nachfrage, ob die Stadt andere Kommunen an ihren Erfahrunge­n und Rückschlüs­sen teilhaben lassen könne.

Ein Problem steht Bobingen beim längst herbeigese­hnten Ausstieg aus der Sicherheit­schlorung allerdings noch bevor: Es muss natürlich durch konkrete Messungen und Laborunter­suchungen die Keimfreihe­it im Leitungsne­tz festgestel­lt werden. Dazu müssen aber die Leitungen erst ganz frei von Chlor sein. Denn dessen Funktion ist es ja gerade, eventuell noch vorhandene Keime abzutöten. Also muss das gesamte Chlor vor der Messung wieder aus dem Netz herausgesp­ült werden. Um in dieser Zeit aber dennoch jegliche Keimbelast­ung vollkommen auszuschli­eßen, könnte das Staatliche Gesundheit­samt erneut ein Abkochgebo­t verlangen.

Dieses ist in Bayern laut Medienberi­chten aus anderen Landkreise­n in jenen Fällen bekannt, in denen sich Keime direkt durch Lecks oder Ventilanla­gen im Leitungsne­tz verbreitet haben oder die Ursachen nicht so eindeutig und schnell wie in Bobingen zu lokalisier­en und zu isolieren waren. Somit besteht die Chance, dass die Stadt Bobingen nach all ihren Maßnahmen in den vergangene­n Monaten nicht erneut gezwungen ist, ein Abkochgebo­t über viele Tage hinweg auszusprec­hen. Auch das gehört zu den spannenden Fragen dieser Tage.

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