Koenigsbrunner Zeitung

Nachbarn klagen über Bauschutt der Bahn

Der alte Verladebah­nhof in Bobingen ist nach langer Pause wieder stark genutzt. Anwohner leiden, weil Berge aufgetürmt, Steine zertrümmer­t und Lastwagen statt Züge zum Transport genutzt werden

- VON ANJA FISCHER

Bobingen An die nachts vorbeiratt­ernden Güterzügen oder den täglichen Schienenve­rkehr haben sich die Anwohner der Straße am Wasserturm in Bobingen ja längst gewöhnt. Immerhin hatte sie von ihrer Haustüre aus freie Sicht über die weiten Anlagen im südlichen Teil des Bahnhofs von Bobingen. Rangierund Gütergleis­e aus älterer Zeit scheinen den Anwohnern nun zu einer neuen Belastung zu werden. Vor allem die ehemals freien Flächen, die zuletzt von Park-andride-Kunden genutzt wurden. Die Bahn nutzt ihre Fläche entlang der Gleisanlag­en nun als Lagergelän­de und Bauhof. Momentan ist zwar winterlich­e Ruhe eingekehrt, doch Anwohner Klaus Philipp erfuhr bei seinen Nachfragen, dass die Bahn nur wenige Flächen dieser Art habe, wo sie legal lärmen und Bauschutt lagern darf. „Das kann uns ewig bleiben“, fürchtet er.

Noch kurz vor Weihnachte­n sei es besonders schlimm gewesen. Schon morgens um 6.30 Uhr habe Lärm die Anwohner von Am Wasserturm geweckt. Dieser kam vom auf der anderen Straßensei­te gelegenen Verladebah­nhof. Der war lange verwaist. Dort befindet sich laut Deutscher Bahn jedoch ein „eisenbahnr­echtlich genehmigte­s Ladegleis mit einer etwa 3500 Quadratmet­er großen Lagerfläch­e“. Hier wurde seit vergangene­m Herbst verstärkt Bauschutt abgeladen, lautstark zerkleiner­t und dann wieder aufgeladen und abtranspor­tiert. Alles übrigens per Lkw, obwohl das Gleis doch eine „Schnittste­lle zwischen Schiene und Straße“sein soll, wie Anwohner beobachten.

Aber von Schienenve­rkehr sei beim Abraumtran­sport keine Spur zu sehen. Und genau das ist schon das zweite Ärgernis, mit dem sich Anwohner herumschla­gen.

Klaus und Resi Philipp erzählen: „Die Straße ist ja recht schmal. Wenn auf der anderen Straßensei­te ein Auto parkt, dann fahren die Lkw auch über den Fußweg. Und der ist für solche Belastunge­n nicht ausgelegt.“Manuela Ostenda, ebenfalls eine Anwohnerin, macht sich dann Sorgen um ihre Kinder. „Die laufen dort zur Schule. Mit Lkw-Verkehr auf dem Fußweg rechnen sie nicht.“Wie schnell sei so ein Kind überse- Auch sie stört die „extreme Lärmbeläst­igung, die eigentlich nicht aufhört. Sogar am Samstag wird gearbeitet“. Was Manuela Ostenda ebenfalls beklagt: „Wir Anwohner werden überhaupt nicht informiert: Wir wissen nicht, was dort für Schutt abgeladen wird, ob der irgendwie kontaminie­rt ist und wann die Arbeiten vielleicht abgeschlos­sen werden sollen.“Man sei immer völlig ahnungslos und überrumpel­t. „Die Lautstärke macht uns mittlerwei­le wirklich krank“, sagt Ostenda zur Lage vor dem Jahreswech­sel. „Tagsüber konnte man vor der Haustüre gar nicht mehr sein.“

Das bestätigen auch Nachbar Peter Beer, sowie Klaus und Resi Philipp. „Und das ist ja noch nicht alles“, meint Klaus Philipp, der ebenfalls über gesundheit­liche Beeinträch­tigungen aufgrund des Lärms klagt. „Teilweise wurde auch nachts gearbeitet. Da sind wir vor Schreck fast aus dem Bett gefallen.“

Durch die vielen schweren Fahrzeuge sei zudem die Straße stark verschmutz­t. „Für diesen Schmutz sehen wir uns nicht zuständig“, meinen die Anwohner und werfen die Frage auf, wer im Fall eines Schadens zum Beispiel durch Glätte jetzt im Winter aufkommen würde. „Straße und Fußweg sind durch den Matsch bei Frost eine einzige Rutschpart­ie“, meint Klaus Philipp.

Zusammen mit Tochter Heike haben die Philipps mehrere Anfragen an die Bahn, die Stadt Bobingen, den Landtag und diverse Abgeordnet­e gestellt. Jüngst auch an die Polizei Bobingen, eben wegen jener Haftungsfr­age.

„Aber bisher wurden wir entweder mit einer kurzen nichtssage­nden Antwort abgespeist oder haben gar nichts gehört“, bedauert Philipp. Einzig die Nachfrage der Landtagsab­geordneten Carolina Trautner sei mit einem längeren Schreiben beantworte­t worden. Leider ohne Erfolg, was Lärm und Schmutz betrifft.

Auf eine Anfrage unserer Zeitung teilt ein Bahnsprech­er mit: „Bei dem Material müsste es sich um Aushub beziehungs­weise Bodenmahen. terial für den Neubau des Bahnsteigs F in Augsburg-Hauptbahnh­of handeln. Dieser wird hier fachgerech­t entsorgt und entspreche­nd den Umweltrich­tlinien behandelt. Für die Arbeiten liegt ein rechtsgült­iger Planfestst­ellungsbes­chluss durch das Eisenbahnb­undesamt vor.“

Dabei herrschten für ein Wohngebiet doch eigentlich strenge Lärmschutz­auflagen, wundern sich die Anwohner. Und von diesen seien die gemessenen 90 Dezibel bei Meiselbagg­ereinsatz weit entfernt. Für die Anwohner sei der Lärm zu einer psychische­n und physischen Belastung geworden.

Heike Philipp fasst es zusammen: „Zuhause ist kein Zuhause mehr. Ich würde abends schon am liebsten weiterfahr­en, statt zu meinem Haus abzubiegen.“

Die Ängste vor der weiteren Entwicklun­g ist durch die momentane Ruhe nicht gemildert. Eine Menge des aufbereite­ten Bauschutts ist zwar wieder verschwund­en. Nur noch einige Hügel ragen empor und einiges an neuwertige­m Baumateria­l wie Schienensc­hwellen und anderen Betonferti­gteilen. Die Anwohner fürchten, dass alles von Neuem beginnt, sobald die Bahn das nächste Bauprojekt angeht – und seien es nur die weiteren Unterführu­ngen, die sie derzeit erneuert. „So ein Verladebah­nhof gehört einfach nicht mehr innerhalb einer Ortschaft“, finden die Nachbarn. Ihre Forderung ist klar: „Lärm und Schutt müssen weg, alles andere ist nicht tragbar.“

Als Anwohner werfen sie in die Waagschale, dass die Straße Am Wasserturm ein Zubringer zum Park-and-ride-Platz am Bobinger Bahnhof sei und seit Monaten schon kaum mehr von Pendlern nutzbar sei. Außerdem seien die ausgewiese­nen Parkplätze ohnehin zu wenig. Für die Gewinnung von Pendlern, also Bahnkunden sei es sicherlich sinnvoller, auf dem Gelände Parkplätze zu schaffen und die lärmintens­iven Arbeiten mit Erdaushub und Bauschutt nach außerorts zu verlegen.

 ?? Foto: Pitt Schurian ?? Betonferti­gteile und Hügel aus Bauschutt türmen sich in Bobingen an der Straße am Wasserturm auf. Die Bahn hat den alten Verladebah­nhof als Lagerplatz und Bauhof reaktivier­t.
Foto: Pitt Schurian Betonferti­gteile und Hügel aus Bauschutt türmen sich in Bobingen an der Straße am Wasserturm auf. Die Bahn hat den alten Verladebah­nhof als Lagerplatz und Bauhof reaktivier­t.

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