Frieden mit Tintenklecks
Als die Friedensverhandlungen in Rastatt zu Ende gingen, schleuderte der französische Unterhändler vor Wut ein Tintenfass an die Wand des Rastatter Schlosses. Marschall Claude-Louis-Victor de Villars musste ein Dokument unterschreiben, das sein stolzes Frankreich von der rechten Seite des Rheins verbannte. Prinz Eugen von Savoyen, der im Auftrag des Habsburger Kaisers Leopold handelte, warf kein Tintenfass. Er fühlte sich wohl als Sieger.
Der Tintenfleck an der Wand im Schloss von Rastatt ist – wenn auch verblasst – heute noch zu sehen. Verblasst ist auch die Frage, wer damals im Jahr 1714 Sieger oder Besiegter war. Der Kaiser in Wien bekam wertvolles Gelände in Italien und die bisher spanischen Niederlande. Frankreichs Bourbonen-König Philipp durfte auch Spanien regieren, wo zuletzt ein kinderloser Habsburger namens Karl das Sagen hatte. Der wollte sein Reich, in dem dank der Überseeprovinzen die Sonne nie unterging, nicht seiner übermächtigen Wiener Verwandtschaft überlassen. Statt des Kaisers machte er den Bourbonen zum Erben, was dem Habsburger in Wien – und nicht nur ihm – keineswegs gefiel. So kam es zum Spanischen Erbfolgekrieg, der 13 Jahre lang Europa heimgesucht hat.
Sogar die Engländer mischten mit, weil sie gerne dabei waren, wenn es galt, Frankreich in Schach zu halten. Das taten sie sogar in Amerika, wo sich Briten und Franzosen jeweils mit „ihren“Indianern im „Queen-Anne-Krieg“gegenüber traten.
Die bayerischen Wittelsbacher kämpften an der Seite Frankreichs gegen ihre deutschen und österreichischen Nachbarn, weil Kurfürst Maximilian gerne König geworden wäre. In der berühmten Schlacht bei Höchstädt beziehungsweise Blindheim, das die Engländer Blenheim nennen, mussten die Wittelsbacher ihren Traum vom Königreich erst einmal begraben. Was haben die Engländer mit Blindheim zu tun? Ihr Fürst Marlborough, ein gewisser Churchill, siegte dort und wurde von Queen Anne mit einem Schloss belohnt, das seither Blenheim Palace heißt. Der Churchill, der Hitler niederrang, ist dort aufgewachsen. Die Briten landeten noch einen Coup. Sie schnappten dem Bourbonen ein südliches Zipfelchen seines spanischen Reichs vor der Nase weg: den Felsen Gibraltar. Ob ein Spanier vor Wut ein Tintenfass an eine Schlosswand geschleudert hat, ist unbekannt. Bild: Schloss Versailles