Anfeindungen wegen eines gefangenen Hechts
Ein 1,35 Meter langer und fast 20 Kilo schwerer Hecht erregt nicht nur Aufsehen, sondern sorgt auch für hitzige Diskussionen in sozialen Netzwerken. Was mit dem Fisch geschieht und wie der Fang rechtlich aussieht
Der fast 20 Kilogramm schwere Fisch sorgt für hitzige Diskussionen. Warum der Angler richtig gehandelt hat.
Wehringen Für Florian Rauscher, den Jugendwart des Fischereivereins in Wehringen, war es der Fang seines Lebens. 15 Minuten lang rang er Ende des Jahres mit einem Hecht. Nur mit der Hilfe seines Kollegen Sebastian Holzer konnte er ihn aus der Wertach ziehen. Der Raubfisch war 1,35 Meter lang und brachte 19,6 Kilo auf die Waage – europaweit war das in der Fachzeitschrift Blinker der achte Rang für 2018. Das Alter des weiblichen Hechts wird auf mindestens 20 Jahre geschätzt. Für den Fischereiverein Wehringen war es ein besonderer Fang: Es war der größte Hecht in der Geschichte des Vereins. Das Tier soll jetzt präpariert werden, nicht nur das sorgt in sozialen Netzwerken mitunter für harsche Kritik.
„Anstatt einen Ehrenplatz zu bekommen, wäre der schöne Fisch wohl lieber im Wasser geblieben und hätte sein Leben gelebt“, schreibt eine Frau bei Facebook. Andere sehen das ähnlich, von einer „traurigen Welt“ist mitunter die Rede. „Was ein schönes Tier. Schade, dass der Mensch alles töten muss“, beschwert sich ein anderer, das Tier hätte seine „tollen Gene vielfach weitergeben können“. Dem stehen einige positive Stimmen gegenüber, manche zollen dem Fang Respekt. Ein Nutzer betont: „Was meint ihr, unter welchen Bedingungen andere Fische gefangen werden?“Ein anderer schreibt: „Gefischt wird schon immer und überall, und ob er den Fisch nach einem harten Drill unversehrt zurücksetzen kann, ist auch fraglich.“Es gab aber auch persönliche Anfeindungen, was Michael Mak, Vorsitzender des Fischereivereins Wehringen, ärgert: „Viele Menschen können keine objektive Kritik mehr üben. Florian Rauscher hat bei dem Fang alles richtig gemacht und steht jetzt zu Unrecht persönlich in der Kritik“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.
Denn rechtlich betrachtet, ist die Lage in Bayern eindeutig. „Jeder Fisch, der das Schonmaß überschreitet und außerhalb seiner Schonzeit gefangen wird, muss entnommen werden. Wenn Florian Rauscher den Hecht zurückgesetzt hätte, dann hätte er gegen das Gesetz gehandelt und seine Fischererlaubnis wäre erloschen“, macht Mak
deutlich. Diese Regelung für das sogenannte Catch and Release – also das Zurücksetzen des Fisches ins Gewässer – ist in Bayern verboten. Und damit deutlich strikter als in anderen Ländern.
Oliver Born, der Fachberater für Fischerei im Bezirk Schwaben, erklärt: „Der einzig vernünftige Grund zum Fischen zu gehen, ist die Verwertung. In den Niederlanden zum Beispiel rechnen sie Fische in einen touristischen Gegenwert um.“Gefangene Tiere wieder ins Wasser zu setzen, sei dort beispielsweise gang und gäbe. Doch bei diesem Vorgehen gebe es Gefahren, erläutert Mak: „Wenn man einen Fisch entnimmt, kann es sein, dass der Haken beispielsweise die Schleim-
haut extrem verletzt. Wenn man ihn dann wieder ins Wasser zurücksetzt, dann verendet der Fisch elendig. Das kann auch nicht der Sinn der Sache sein.“
Den Fang in Wehringen wertet Born positiv: „So ein Hecht gehört dem Gewässer entnommen und gegessen.“Es sei auch aus Gründen der Hege der anderen Fischbestände „absolut korrekt“, einen derartigen „Giganten“zu fangen. Der Hecht ist ein Raubfisch und laut dem Experten in dieser Größe nicht nur eine Gefahr für kleinere Fische, sondern auch für Wasservögel. „In manchen Gewässern ist der Fraßdruck so groß, dass die Vögel verschwinden“, sagt der Fachberater.
Der 1,35 Meter lange Hecht aus che seien „gefräßig wie Piranhas“, sagt Born. Zudem kämen die zugewanderten Arten besser mit warmen Wassertemperaturen zurecht.
Das Ende des Artensterbens führt Born vor allem auf die Zusammenarbeit des schwäbischen Fischereihofs Salgen mit den Fischereivereinen zurück. Er und seinen Mitarbeiter legen fest, wie viele Fische welcher Art in welchem Gewässer wieder angesiedelt werden. Die Vereine helfen dann bei der Durchführung. (karrt)
Wehringen soll nun von einem Spezialisten präpariert und im Fischereiheim seine neue Heimat bekommen. Die Idee dazu stammte von Rauscher selbst, sagt Mak: „So ein riesiger Hecht ist für Anschauungsund Schulungszwecke sehr interessant – vor allem für unsere Jugendarbeit.“
Die Begeisterung der Angler für den Fang kann Born durchaus nachvollziehen. Genauso geht es ihm mit der Idee, den Fisch als Erinnerung im Vereinsheim aufzuhängen. Allerdings betont er: „Das Fleisch ist trotzdem verwertbar.“Normalerweise werde die Originalhaut des Hechts über eine Styropor- oder Gipsfüllung gezogen, die der Form und Größe des Fisches gleicht. So wäre beides möglich: die Verwertung als Nahrung und das Konservieren als Erinnerung. Der Fischereivorsitzende Mak erklärt, dass der Hecht eingefroren wurde und zu einem Spezialisten gebracht werde, der das Tier präparieren wird. Was mit dem Fleisch geschieht, wisse er nicht. „Wenn man begabt ist, könnte man das selbst machen und das Fleisch verwerten. Aber wenn wir die Haut dabei verletzen würden, wäre eine Präparierung nicht mehr möglich“, sagt Mak.
Der Wehringer Fischereivorsitzende freut sich für Jugendwart Rauscher über dessen „Fang des Lebens“, den in Zukunft alle im Fischereiheim selbst in Augenschein nehmen können.