„Viele Firmen fürchten sich vor Engpässen“
Wirtschaft sorgt sich um Brexit-Folgen
Frau Lovell, Sie beraten für die Industrieund Handelskammer Schwaben als Leiterin des Geschäftsfelds International Unternehmen, die im Ausland Geschäfte machen. Was bedeutet das britische Nein zum Brexit-Deal für die schwäbischen Firmen?
Jana Lovell: Leider gibt es immer noch keine Planungssicherheit für die Wirtschaft. Wir raten unseren Unternehmen, sich so gut wie möglich auf einen harten Brexit vorzubereiten – auch wenn das natürlich schwierig ist, wenn man noch gar nicht weiß, womit man es am Ende zu tun hat. Von vielen Firmen hören wir, dass sie mit Lieferengpässen rechnen und befürchten, dass es um den 29.März herum nicht beherrschbare Zustände geben wird.
Welche Firmen sind besonders betroffen? Lovell: Das geht quer durch die Bank: Spediteure leiden unter der Hängepartie, genauso aber auch Industriebetriebe. In Schwaben pflegen etwa 500 Unternehmen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich, 140 davon haben eigene Niederlassungen oder eine eigene Produktion vor Ort. Besonders teuer wird der Brexit aber für kleine Unternehmen. Denn die operieren oft nur innerhalb der Europäischen Union. Tritt Großbritannien aus der EU aus, müssen sie sich erst einmal Fachwissen und Strukturen etwa in Zollfragen aufbauen. Das ist natürlich ein Aufwand, oft müssen eigens Mitarbeiter angestellt werden.
Was hat sich für die Unternehmen seit dem Brexit-Votum verändert? Lovell: Wenn man sich die bayerische Außenhandelsstatistik anschaut, zeigen sich die Auswirkungen des Votums deutlich. Von 2016 auf 2017 ist das Handelsvolumen zwischen dem Freistaat und Großbritannien um eine halbe Milliarde Euro geschrumpft. Das Vereinigte Königreich ist vom dritten auf den vierten Platz der wichtigsten Exportmärkte abgerutscht. Auch die massive Abwertung des Pfunds merken die Unternehmen. Seit dem Brexit-Votum hat die Währung 15 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Euro eingebüßt. Interview: Sarah Schierack