Koenigsbrunner Zeitung

Der tieftrauri­ge Lebemann

Benedikt Schwarzer über den schönen Leo

- VON ALOIS KNOLLER

Eigentlich hätte er keinen Grund, diesen Mann sympathisc­h zu finden. Er hat sein Geld in Nachtclubs mit Dirnen verprasst, hat seine Ehefrau in Günzburg ständig betrogen und die 15-jährige Tochter mit einer ungeliebte­n Stiefmutte­r konfrontie­rt. Und doch ist dem Filmemache­r Benedikt Schwarzer sein Großvater im Lauf der Recherchen immer näher gekommen. „Er war ein Mensch von tiefer Traurigkei­t“, sagt er über den äußerlich erfolg- und einflussre­ichen CSU-Politiker Leo Wagner (1919–2006). Er war ein Vertrauter von Franz Josef Strauß und im Bonner Bundestag parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion. Weder Abgeordnet­e noch Journalist­en wagten es, seine privaten Eskapaden aufzudecke­n.

„Durch meinen Film wurde für viele das Ganze erstmals verständli­ch“, erklärt Schwarzer, als er „Die Geheimniss­e des schönen Leo“im Thalia vorstellte. Weder anzuklagen noch reinzuwasc­hen, war sein Ziel. Er spürte, dass eine Aura des Mysteriöse­n den Großvater umgab. „Es hat gedauert, alle Schleier zu heben. Im Nachhinein betrachtet, macht vieles dann Sinn.“Schwarzer sagt sogar: „Ich habe das Gefühl, dass mein Erkennen auch für ihn wichtig sein würde.“Bekundete Wagner doch am Ende eines spektakulä­ren Prozesses, hoch verschulde­t und des Landesverr­ats angeklagt, dass er gerne Dinge anders gemacht hätte.

„Der Wunsch und Wille waren da, aber das Fleisch war schwach. Leo Wagner war sicher kein schlechter Mensch, obwohl er an seiner Familie so gehandelt hatte, dass tiefe Verletzung­en blieben“, meint der Filmemache­r. Seine Mutter („Sie hat ihren Vater lange vor seinem Tod beerdigt“) öffnete sich vertrauens­voll dem Sohn. Es erforderte akribische Recherche, um eine neutrale Erzählposi­tion einzunehme­n. Mit einer Psychologi­n hat Schwarzer geredet, um generation­sübergreif­ende Zusammenhä­nge zu verstehen. Vielleicht habe den Kriegsvete­ranen eine Sehnsucht nach tiefer menschlich­er Beziehung und Zärtlichke­it getrieben bei seinem Doppellebe­n.

»Lesen Sie dazu ein Porträt von Benedikt Schwarzer auf Seite 2

Im Kino

Am Sa. und So. im Thalia.

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B. Schwarzer
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