Verrückt? Nein!
Wenn die Straßen im Schnee versinken, ist Radfahren schnell verpönt. Dabei gibt es deutlich verrücktere Dinge
Dinge ein und es ist an der Zeit, dem Winterradeln das Etikett zu nehmen, das es in die Nähe einer Everest-Tour rückt. Der Augsburger Winter ist meistens ziemlich lau und mit ein paar Handschuhen, einer Mütze und einer warmen Jacke ist er meistens schon geschlagen. Nur neulich, das stimmt, war es ein wenig wie Rodeo.
Doch ganz ehrlich, für wen war der Donnerstag-Schneemorgen ein Spaß? Für Autofahrer? Nö. Für Tramfahrgäste, die in der Kälte warteten? Nö. Für mich im Neuschnee an der Wertach? Ja. Später, das gebe ich zu, endete trotz Winterreifen mit Spikes auch der Spaß auf dem Rad.
Da kann keiner was dafür. Nicht die Autofahrer, die nicht einmal hupten, als ich statt auf dem in Schnee und Matsch versunkenen Radstreifen auf der Straße fuhr. Keiner hupte, jeder fuhr vorsichtig. Nicht der Winterdienst, der vor meiner Haustür schon um halb sieben war und sich redlich mühte. Was will man bei Dauer-Schneefall mehr erwarten. Und auch die Straßenbahnschiene, die sich unter Matsch versteckte, konnte nichts dafür. Es war schlicht ein extremer Tag, an dem jeder seine Mühe hatte und hoffentlich am Ende genauso heil ankam wie ich. Am nächsten Tag ging es weiter, aber ein wenig schlauer. Eine Erkenntnis: Es gibt noch Fieseres als Neuschnee – halbfester Schnee, in den man mal einsinkt und mal nicht. Die andere: Radwege sind im Winter oft besser zu befahren als die Spuren am Straßenrand, weil sie nicht als Schneeablagefläche dienen müssen. Und: Es lohnt sich, lieber einmal abzusteigen, wenn der Matsch zu dick wird. Das Wichtigste allerdings ist: Der Winter vergeht. Rodeo ist zunächst einmal vorbei, man kann wieder ziemlich normal fahren. Das machen übrigens gar nicht so wenige. Selbst am SchneeDonnerstag waren in der KonradAdenauer-Allee mehr als 500 Radler unterwegs, sagt die Mess-Sation, am Dienstag dann über 1300. Das ist weniger als im Sommer (5000). Aber man ist nie alleine.
Marcus Bürzle, 42, kam durch Zufall zum Rad und fährt inzwischen täglich.
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