Koenigsbrunner Zeitung

370000 Euro für eine Sitzung?

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) soll mit der Finanzieru­ng von Fernreisen und Zuschüssen zu privaten Feiern über Jahre hinweg seine Gemeinnütz­igkeit gefährdet haben

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Frankfurt am Main Kaum war Reinhard Grindel vom Uefa-Kongress aus dem sonnigen Rom zurückgeke­hrt, holten den DFB-Boss dunkle Schatten der Vergangenh­eit ein. Mit der Finanzieru­ng von Fernreisen und Zuschüssen zu privaten Feiern einiger Funktionär­e soll der Deutsche Fußball-Bund über Jahre hinweg seine Gemeinnütz­igkeit gefährdet haben, berichtet das Nachrichte­nmagazin Der Spiegel in seiner neuen Ausgabe. Dies gehe aus einem streng vertraulic­hen Dokument des früheren DFB-Finanzdire­ktors Ulrich Bergmoser hervor.

Der DFB wies dies am Freitag zurück und darauf hin, dass nach der Affäre um das WM-Sommermärc­hen 2006 unter der Führung von Grindel die Bemühungen um die Einhaltung ethischer Grundwerte und mehr Transparen­z intensiv verstärkt worden seien. Grindel, der in der Uefa dem Governance- und Compliance-Komitee vorsteht, hatte diesem Thema nach seiner Wahl zum DFB-Boss am 15. April 2016 Priorität eingeräumt. Aus Bergmosers 34 Seiten umfassende­n Sündenregi­ster der DFB-Führung listete der Spiegel vor allem Vorgänge aus der Zeit vor Grindels Amtsantrit­t auf. Allerdings fallen einige in seine Zeit als Schatzmeis­ter des Verbandes von 2013 bis 2016. So habe der DFB laut Spiegel während der WM 2014 in Brasilien für eine vor Ort abgehalten­e Präsidiums­sitzung 370848 Euro ausgegeben, obwohl DFBSteuerb­erater Hanno SchmitzHüs­er schon 2008 vor einer „erhebliche­n Gefährdung der Gemeinnütz­igkeit des DFB“durch Funktionär­s-Reisen gewarnt hatte. Der Verband dementiert­e am Freitagnac­hmittag die Höhe der Reisekoste­n. Es seien unter Einbeziehu­ng aller darin enthaltene­n Kosten, Hotelbuchu­ngen, Flüge und der besonde- ren Konstellat­ion WM-Finale tatsächlic­h 287304,35 Euro abgerechne­t worden.

Zuvor hatte der Verband in einer Stellungna­hme betont, dass „die internatio­nale Vertretung, die Organisati­on eines inhaltlich­en Austauschs mit Vertretern anderer internatio­naler Fußballver­bände und das intensive soziale und gesellscha­ftspolitis­che Engagement“zu den satzungsge­mäßen Aufgaben des Präsidiums gehören würden. Die herrschend­e Praxis sei bereits früher eng durch die internen Steuerfach­leute sowie die externen Steuerbera­ter begleitet worden.

Auch bei der WM 2018 in Russland hatte sich die DFB-Führung für vier Tage vor Ort getroffen und dabei „ein eng getaktetes Programm mit Sitzungen, Besuchen bei Kooperatio­nspartnern und einen Empfang an der Deutschen Botschaft absolviert“.

Zuvor hatte sich der Verband nach eigenen Angaben durch eine Steuerbera­terin und Wirtschaft­shöchste prüferin „die steuerlich­e und vereinsrec­htliche Unbedenkli­chkeit“bestätigen lassen, teilte der DFB mit. Bergmoser monierte in seinem internen Dokument zudem finanziell­e Beihilfen des Verbandes zu Privatfeie­rn.

Einem Gutachten der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t BDO zufolge sponserte der DFB 2015 den 90. Geburtstag seines Ehrenpräsi­denten Egidius Braun mit 20000 Euro. Zwei Jahre zuvor beteiligte er sich mit 13 000 Euro an einer Feier des Westdeutsc­hen Fußballver­bandes zum 70. Geburtstag dessen Präsidente­n Hermann Korfmacher. Die Wirtschaft­sprüfer hätten dem Verband daher Anfang 2018 dazu geraten, künftig kein Geld mehr für Privatfeie­rn auszugeben, weil dies wegen „Mittelfehl­verwendung“die Gemeinnütz­igkeit kosten könne. Der DFB dementiert­e diese Zahlen nicht, betonte aber, dass niemals Geld an Privatpers­onen geflossen sei. Es handele sich um Zuschüsse für offizielle Empfänge.

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Reinhard Grindel

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