Was Fujitsu von Ledvance unterscheidet
Zwei Standortschließungen, zwei gleiche Prozesse? Mitnichten, sagt IG-Metall-Beauftragte Angela Steinecker
Innerhalb kurzer Zeit muss Augsburg zwei (geplante) Standortschließungen hinnehmen. Zusammen sind rund 2500 Menschen betroffen. Auf den ersten Blick wirkt der Fall Fujitsu wie eine Wiederholung der Ereignisse. Doch es gibt durchaus Unterschiede, erklärt IG-Metall-Beauftragte Angela Steinecker.
● Produkte Die stark sinkende Nachfrage nach den in Augsburg gefertigten Produkten nannte Ledvance als Grund für die Standortschließung. Zwar hat es laut Arbeitnehmervertretern Neuentwicklungen gegeben, diese seien jedoch bei der Unternehmensführung auf wenig Interesse gestoßen. Stattdessen hat man sich zum Rückzug aus der Lampenproduktion entschlossen. Bei Fujitsu dagegen werden hochmoderne Computer und Computerbauteile gefertigt und entwickelt. Aber: „Auch hier sinken die Nachfragen in manchen Bereichen. Das trifft auch andere IT-Unternehmen. Dazu ist die Produktion in Deutschland teurer als in anderen Ländern der Welt, dafür kann man aber mit der Marke ,Made in Germany‘ werben, was Kunden sehr wichtig ist“, so Angela Steinecker.
● Belegschaft Während bei Ledvance mit Werk und Logistik (schließt Ende dieses Jahres) rund 750 Mitarbeiter betroffen sind, sind es bei Fujitsu mit 1800 mehr als doppelt so viele. Und auch die Mitarbeiterstruktur ist eine andere. Während bei Ledvance viele der Beschäftigten in der Produktion tätig waren, trifft dies bei Fujitsu nur etwa auf ein Drittel der Belegschaft zu. Zwei Drittel arbeiten dagegen in den Bereichen Forschung, Entwicklung, IT und Verwaltung.
● Außenwirkung Der Fall Ledvance sorgte in Augsburg für hohe Aufmerksamkeit. Das Bild von demonstrierenden Mitarbeitern an den Werkstoren der Berliner Allee brannte sich in die Gedächtnisse ein. Anteilnahme am Schicksal der Betroffenen seitens der Bevölkerung war groß. Bei Fujitsu, so der Eindruck von Angela Steinecker, ist die Aufmerksamkeit am Schicksal des Unternehmens und seinen Mitarbeitern geringer. „Vielleicht liegt es an der langen Tradition, die Osram und später Ledvance hatten und die Fujitsu fehlt.“Gleichzeitig gibt Steinecker zu, dass die Aktionen der Fujitsu-Mitarbeiter auch weniger öffentlichkeitswirksam sind. „Das heißt aber nicht, dass nicht auch bei Fujitsu einiges unternommen wird, um sich in Japan und München bemerkbar zu machen“, sagt Steinecker.
● Verhandlungen Die Gespräche und Verhandlungen im Fall Ledvance gestalteten sich von Beginn an schwierig. „Die Unternehmensleitung hatte wenig Erfahrung mit dieser Art der Verhandlungen“, so Steinecker. Der Umgang miteinander sei nicht immer einfach gewesen. „Dass wir am Ende einen Sozi- altarifvertrag verhandelt haben und auf Streiks vorbereitet waren, zeigt, wie verfahren die Lage am Ende war“, so die Gewerkschafterin. Für Fujitsu erwartet sie eine solche Entwicklung nicht. Bislang seien die Gespräche konstruktiv und respektvoll verlaufen. Dazu, so ihr EinDie druck, hätten die Verhandlungspartner vor Ort mehr Verhandlungsfreiheit als im Fall Ledvance – obwohl auch hier die Entscheidungsträger im Ausland sitzen.
● Gegengutachten In beiden Fällen haben die Arbeitnehmervertreter einen unabhängigen Wirtschaftssachverständigen mit einem Gutachten über Alternativen beauftragt. Während im Fall Ledvance das Gutachten von Unternehmensseite von Beginn an auf Ablehnung stieß, scheinen die Entscheider von Fujitsu offener gegenüber dem Dokument zu sein. Es soll in den nächsten Wochen vorgestellt werden.
● Chancen „Japaner gehen sehr respektvoll miteinander um und man begegnet stets großer Höflichkeit. Das Unternehmen gilt als eine Art Familie. Mitarbeiter zu entlassen ist daher eigentlich nicht üblich und ein großer Schritt. Daher streben Japaner in der Regel eine sozial verträgliche Lösung an“, so Angela Steinecker. Das habe man bereits bei der Fujitsu-Standortschließung in Paderborn sehen können. Die Hoffnung ist daher groß, dass es auch in Augsburg so laufen wird. „Ich habe hier mehr Hoffnung als bei Ledvance, dass man etwas erreichen kann“, so Steinecker. Eine Abkehr von den Schließungsplänen sei weiterhin das Ziel, allerdings ein hoch gestecktes. Auch das habe mit der Mentalität zu tun: „Bei Japanern wie Chinesen geht es darum, sein Gesicht zu wahren. Eine völlige Abkehr von einer solchen Entscheidung ist daher eine schwere Aufgabe“, schätzt Steinecker ein.