Koenigsbrunner Zeitung

„Das Artensterb­en ist unbestreit­bar“

Der Imker Anton Altmann registrier­t zudem einen Rückgang der Honigprodu­ktion. Bei einem Diskussion­sabend in Großaiting­en erklären aber auch Gegner des Volksbegeh­rens „Rettet die Bienen“ihre Sicht der Dinge

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER

Großaiting­en Obwohl dieser Diskussion­sabend sehr kurzfristi­g angesetzt wurde, kamen so viele Menschen in den Großaiting­er Pfarrsaal, dass selbst die dichte Bestuhlung nicht ausreichte und etliche Besucher sich mit Stehplätze­n begnügen mussten.

Ein Zeichen dafür, dass das Thema des Volksbegeh­rens „Rettet die Bienen“auf großes Interesse stößt und viele Bürger noch unsicher in ihrer Entscheidu­ng sind.

Pfarrer Hubert Ratzinger hat sich des Themas angenommen und wegen seiner Fürsprache zur Eintragung verärgerte Reaktionen von Landwirten auf sich gezogen. Deshalb besetzte er das Podium mit Befürworte­rn und Gegnern. Die Moderation übernahm Hans-Dieter Laser von der Kirchenver­waltung. Als Erster gab der Schwabmünc­hner Biobauer Hans Pfänder sein Statement ab. Er unterstütz­t das Volksbegeh­ren und meint, dass auch die konvention­elle Landwirtsc­haft durch dessen Ziele nicht ruiniert werde. „Wir müssen alle mehr zur Erhaltung der Artenvielf­alt tun als bisher, nicht nur die Landwirte. Aber die Landwirte bewirtscha­ften mehr als die Hälfte der Fläche und haben deshalb eine größere Verantwort­ung“, sagte Pfänder, der seit 35 Jahren seinen Biobauernh­of betreibt.

Er wies darauf hin, dass bereits im Koalitions­vertrag der neuen bayeri- Staatsregi­erung das Ziel von 20 Prozent ökologisch­er Anbaufläch­en vereinbart wurde. Derzeit werden in Bayern rund zehn Prozent der Anbaufläch­e nach den Grundsätze­n des ökologisch­en Landbaus bewirtscha­ftet. „Da ist das Ziel des Volksbegeh­rens, bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent zu kommen, doch nicht so schlimm“, meinte Pfänder. Auch die weiteren Forderunge­n, wie Dauergrünl­andflächen ab einem Hektar zum Schutz von Wild von innen nach außen zu mähen, die erste Mahd auf zehn Prozent der Fläche nicht vor dem

15. Juni durchzufüh­ren, nach dem

15. März nicht mehr zu walzen und ab dem Jahr 2022 nicht mehr flächenhaf­t Pflanzensc­hutzmittel einzusetze­n, hält Pfänder für zumutbar. Er wies darauf hin, dass das absolute Verbot von Pflanzensc­hutzmittel­n nur für gesetzlich geschützte Biotope und nicht für die ganze Landwirtsc­haft gelte.

Walter Schuler, der stellvertr­etende Kreisobman­n des Bauernverb­andes aus Königsbrun­n, sagte: „Uns stört massiv, dass nur die Landwirtsc­haft zu Maßnahmen verpflicht­et wird und nicht alle Grundstück­sbesitzer.“Er befürchtet, dass durch die geforderte­n Einschränk­ungen heimische Lebensmitt­el teurer werden und dann vermehrt aus dem Ausland importiert werden. Biound konvention­elle Landwirtsc­haft sollten nicht auseinande­rdividiert werden. Er wies auf die Aktion der Kreisbäuer­in Andrea Mayr hin, bei der für jeden Euro Spende zwei Quadratmet­er Blühstreif­en angelegt werden.

Anton Altmann sprach sich als Vertreter des Großaiting­er Imkerverei­ns für das Volksbegeh­ren aus, „auch wenn es keine Aktion der Imker ist“. Er stellt als Imker mit 30-jähriger Erfahrung massive Veränderun­gen bei den Bienenvölk­ern fest. „Das Artensterb­en ist unbestreit­bar, und die Honigprodu­ktion ging um etwa die Hälfte zurück“, sagte Altmann und sieht die Gründe dafür neben der Varroamilb­e auch in der Mangelernä­hrung infolge des Abmähens und der Schädigung der Bienenvölk­er durch Neonicotin­oide. Sein Fazit lautet: „Das Volksbegeh­ren geht in die richtige Richschen tung, auch wenn noch Nachbesser­ungsbedarf besteht. Es abzulehnen, wäre fatal.“

Ein überzeugen­des Plädoyer für die Bauern sprach der Großaiting­er Ortsobmann Stefan Hutter aus. Er machte deutlich, dass sie durchaus verantwort­ungsvoll mit der Natur umgehen und beim Düngen Abstände zu Gewässern einhalten, sowie Pflanzensc­hutzmittel nur zur Bekämpfung von Schädlinge­n einsetzen, damit gesunde Lebensmitt­el produziert werden können. Die vom Volksbegeh­ren geforderte­n Beschränku­ngen sieht er als „übertriebe­ne Planwirtsc­haft“an. Die Landwirte würden zum alleinigen Buhmann gemacht und andere Ursachen des Artensterb­ens wie die Symbolfoto: canbedone, stock.adobe.com Flächenver­siegelung durch Bauund Gewerbegeb­iete, sowie der Straßen- und Flugverkeh­r außer Acht gelassen. In seinem Fazit mahnte er auch das Konsumverh­alten mit der Frage an: „Sind in Ihrem Einkaufsko­rb auch 30 Prozent Bioprodukt­e drin, wenn Sie das von den Landwirten fordern?“

Zustimmung erntete Hutter von den Großaiting­er Bauern Alois Wagner, der auf die notwendige Bekämpfung des giftigen Jakobskreu­zkrautes hinwies, und von Josef Weber, der die Versorgung­ssicherhei­t mit Nahrungsmi­tteln betonte. Gabriele Olbrich-Krakowitze­r (ÖDP) hielt dagegen, dass die Ernährung der Menschheit vor allem durch Reduzierun­g des Fleischkon­sums gesichert werden könnte, und wies darauf hin, dass das Volksbegeh­ren auch vom Max-Planck-Institut als wichtig erachtet worden sei.

Stephan Kreppold wies als Sprecher des Arbeitskre­ises Landwirtsc­haft im Bund Naturschut­z auf die „grandiose Stickstoff­überdüngun­g und viel zu hohe Nitratbela­stung hin“und forderte: „Wer Artenvielf­alt will, muss auf Agrarchemi­e verzichten.“Pfarrer Hubert Ratzinger schloss die sachlich und ohne Polemik geführte Diskussion mit der Feststellu­ng ab: „Ich bin dankbar für das Volksbegeh­ren, weil es dazu beiträgt, dass ein Umdenken für die Bewahrung der Natur unseres Schöpfers einsetzt. Die Diskussion hat zum Ausdruck gebracht, dass jeder von uns dazu aufgeforde­rt ist.“

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Das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“stößt bei einem Diskussion­sabend in Großaiting­en auf großes Interesse.
 ?? Foto: Hieronymus Schneider ?? Pfarrer Hubert Ratzinger (mit Mikrofon) lud Befürworte­r und Gegner des Volksbegeh­rens zur Diskussion ein. Hinter ihm der Moderator Hans-Dieter Laser und auf dem Podium: (von links) Hans Pfänder, Anton Altmann, Stefan Hutter und Walter Schuler.
Foto: Hieronymus Schneider Pfarrer Hubert Ratzinger (mit Mikrofon) lud Befürworte­r und Gegner des Volksbegeh­rens zur Diskussion ein. Hinter ihm der Moderator Hans-Dieter Laser und auf dem Podium: (von links) Hans Pfänder, Anton Altmann, Stefan Hutter und Walter Schuler.

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