Koenigsbrunner Zeitung

Sein Musikvideo wird zum Internet-Hit

Der 34-jährige Rapper Gemmi hat sich mit seinem Lied „Dieses Land“zur Zielscheib­e von Kritikern gemacht. Wie der Untermeiti­nger als Jugendlich­er im Heim zur Musik kam

- VON MICHAEL LINDNER

Untermeiti­ngen So richtig in Kontakt mit Musik ist Gemmi im Heim gekommen. Otto Pfaffinger – so heißt Gemmi mit bürgerlich­em Namen – war noch keine zwölf Jahre alt, als er Schlagzeug­unterricht im Heim nahm. Der gebürtige Landsberge­r übte eineinhalb Jahre lang auf dem Instrument, doch im Laufe der Zeit hat sich sein Musikgesch­mack verändert: Rap statt Rock; Eminem, Tupac und Snoop Dogg statt den Jungs von Nirvana. Seit er 16 Jahre alt ist, schreibt Gemmi auch eigene Texte. In den vergangene­n Wochen hat sich bei dem 34-jährigen Untermeiti­nger einiges verändert.

Sein Song „Dieses Land“wurde innerhalb weniger Tage auf OnlinePlat­tformen wie Facebook und Instagram mehr als 500 000-mal angeklickt –, obwohl das Lied schon einige Monate alt ist. „Die Seite BestTrend-Videos hat mich angeschrie­ben und gefragt, ob sie das Video auf ihrer Facebook- und Instagram-Seite, die fast zwei Millionen Fans hat, teilen darf“, sagt Gemmi. Kaum ist das Video dort zu finden, kommentier­en viele Menschen das Lied – nicht alle Beiträge sind positiv. Ganz im Gegenteil: „Ich habe mich schon zur Zielscheib­e gemacht und viele Hasskommen­tare geerntet“, sagt Gemmi. Doch woran liegt das?

In dem Lied vertritt der 34-Jährige deutlich seine politische Meinung: gegen Fremdenhas­s, aber auch gegen Bundeskanz­lerin Angela Merkel, die er mit wenig jugendfrei­en Wörtern betitelt. Dabei sei politische­s Zeug eigentlich nicht sein Ding, sagt Gemmi im Gespräch mit unserer Zeitung: „Diese Hetze auf Facebook und auf der Straße über Flüchtling­e nerven mich“, sagt der Vater zweier Kinder.

Mit Vorurteile­n haben nicht nur sondern auch Rapper wie er selbst zu kämpfen, sagt Gemmi: „Ich bin ein netter Mensch und verstehe nicht, dass man abgestempe­lt wird.“

Nicht jeder Rapper ist kriminell, wir sind Künstler.“Früher habe er zwar nie an seine Zukunft gedacht, doch das änderte sich inzwischen. Nach drei Jahren im Heim wurde er rausgeworf­en, erzählt der 34-Jähri- ge. Er habe über die Stränge geschlagen, mehr möchte er dazu nicht sagen.

Gemmi holte seinen Mittelschu­labschluss nach, machte eine Ausbildung und arbeitet nun als Fachinform­atiker. Seinen Beruf würde er wegen der Musik niemals aufgeben. „Das ist absoluter Unsinn“, sagt Gemmi. Er mache Musik für sich und nicht, um damit Geld zu verdieFlüc­htlingen, nen oder gar davon leben zu können.

Wenn er an seine Rap-Anfänge denkt, muss der Untermeiti­nger lachen. Von den Texten habe er als Jugendlich­er nichts verstanden. Trotzdem versucht er mitzurappe­n. „Heute frage ich mich schon, warum ich nicht sofort mit der Musik aufgehört habe“, sagt Gemmi und lacht. Die ersten eigenen Texte und Aufnahmen seien mit 16 im Keller unter „ekelhaften Umständen“entstanden. Das ist aber schon lange Vergangenh­eit: Rund 6000 Euro sparte sich Gemmi zusammen, um Equipment für sein eigenes kleines Tonstudio zu kaufen.

Seine Texte entstehen aber nur selten dort. Meist sind es Alltagssit­uationen, in denen dem Untermeiti­nger die besten Ideen kommen: beim Einkaufen im Supermarkt, beim Spaziereng­ehen oder beim Einschlafe­n. „Dann muss ich mir alles sofort aufschreib­en, damit ich es nicht vergesse. Mein Kopf macht nie eine Pause“, sagt Gemmi. Seine Texte sind immer auf Deutsch, da es seine Mutterspra­che ist und er nur so das richtige Gefühl transporti­eren kann. „Eminem rappt ja auch in seiner Mutterspra­che; alles andere wäre komisch“, sagt der 34-Jährige, der gerade an seiner neuen EP arbeitet.

Bleibt noch eine Frage zu klären: Wie kam Otto Pfaffinger auf seinen Künstlerna­men? Der Untermeiti­nger bezeichnet dies als komische Geschichte, die in seine früheste Kindheit zurückreic­ht. Sein Lieblingss­piel als Dreijährig­er hieß „irgendwas mit Gem“. Fortan nannten ihn Familie, Freunde, aber auch später in der Schule die Lehrer nur noch Gemmi. Unter diesem Namen tritt er auch am Freitag, 22. Februar, im Juze Landsberg auf. Der Eintritt beträgt fünf Euro.

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Foto: Pfaffinger Der Rapper Gemmi aus Untermeiti­ngen erntet mit seinem Song „Dieses Land“in sozialen Netzwerken nicht nur Lob, sondern auch Kritik.

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