Sein Musikvideo wird zum Internet-Hit
Der 34-jährige Rapper Gemmi hat sich mit seinem Lied „Dieses Land“zur Zielscheibe von Kritikern gemacht. Wie der Untermeitinger als Jugendlicher im Heim zur Musik kam
Untermeitingen So richtig in Kontakt mit Musik ist Gemmi im Heim gekommen. Otto Pfaffinger – so heißt Gemmi mit bürgerlichem Namen – war noch keine zwölf Jahre alt, als er Schlagzeugunterricht im Heim nahm. Der gebürtige Landsberger übte eineinhalb Jahre lang auf dem Instrument, doch im Laufe der Zeit hat sich sein Musikgeschmack verändert: Rap statt Rock; Eminem, Tupac und Snoop Dogg statt den Jungs von Nirvana. Seit er 16 Jahre alt ist, schreibt Gemmi auch eigene Texte. In den vergangenen Wochen hat sich bei dem 34-jährigen Untermeitinger einiges verändert.
Sein Song „Dieses Land“wurde innerhalb weniger Tage auf OnlinePlattformen wie Facebook und Instagram mehr als 500 000-mal angeklickt –, obwohl das Lied schon einige Monate alt ist. „Die Seite BestTrend-Videos hat mich angeschrieben und gefragt, ob sie das Video auf ihrer Facebook- und Instagram-Seite, die fast zwei Millionen Fans hat, teilen darf“, sagt Gemmi. Kaum ist das Video dort zu finden, kommentieren viele Menschen das Lied – nicht alle Beiträge sind positiv. Ganz im Gegenteil: „Ich habe mich schon zur Zielscheibe gemacht und viele Hasskommentare geerntet“, sagt Gemmi. Doch woran liegt das?
In dem Lied vertritt der 34-Jährige deutlich seine politische Meinung: gegen Fremdenhass, aber auch gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die er mit wenig jugendfreien Wörtern betitelt. Dabei sei politisches Zeug eigentlich nicht sein Ding, sagt Gemmi im Gespräch mit unserer Zeitung: „Diese Hetze auf Facebook und auf der Straße über Flüchtlinge nerven mich“, sagt der Vater zweier Kinder.
Mit Vorurteilen haben nicht nur sondern auch Rapper wie er selbst zu kämpfen, sagt Gemmi: „Ich bin ein netter Mensch und verstehe nicht, dass man abgestempelt wird.“
Nicht jeder Rapper ist kriminell, wir sind Künstler.“Früher habe er zwar nie an seine Zukunft gedacht, doch das änderte sich inzwischen. Nach drei Jahren im Heim wurde er rausgeworfen, erzählt der 34-Jähri- ge. Er habe über die Stränge geschlagen, mehr möchte er dazu nicht sagen.
Gemmi holte seinen Mittelschulabschluss nach, machte eine Ausbildung und arbeitet nun als Fachinformatiker. Seinen Beruf würde er wegen der Musik niemals aufgeben. „Das ist absoluter Unsinn“, sagt Gemmi. Er mache Musik für sich und nicht, um damit Geld zu verdieFlüchtlingen, nen oder gar davon leben zu können.
Wenn er an seine Rap-Anfänge denkt, muss der Untermeitinger lachen. Von den Texten habe er als Jugendlicher nichts verstanden. Trotzdem versucht er mitzurappen. „Heute frage ich mich schon, warum ich nicht sofort mit der Musik aufgehört habe“, sagt Gemmi und lacht. Die ersten eigenen Texte und Aufnahmen seien mit 16 im Keller unter „ekelhaften Umständen“entstanden. Das ist aber schon lange Vergangenheit: Rund 6000 Euro sparte sich Gemmi zusammen, um Equipment für sein eigenes kleines Tonstudio zu kaufen.
Seine Texte entstehen aber nur selten dort. Meist sind es Alltagssituationen, in denen dem Untermeitinger die besten Ideen kommen: beim Einkaufen im Supermarkt, beim Spazierengehen oder beim Einschlafen. „Dann muss ich mir alles sofort aufschreiben, damit ich es nicht vergesse. Mein Kopf macht nie eine Pause“, sagt Gemmi. Seine Texte sind immer auf Deutsch, da es seine Muttersprache ist und er nur so das richtige Gefühl transportieren kann. „Eminem rappt ja auch in seiner Muttersprache; alles andere wäre komisch“, sagt der 34-Jährige, der gerade an seiner neuen EP arbeitet.
Bleibt noch eine Frage zu klären: Wie kam Otto Pfaffinger auf seinen Künstlernamen? Der Untermeitinger bezeichnet dies als komische Geschichte, die in seine früheste Kindheit zurückreicht. Sein Lieblingsspiel als Dreijähriger hieß „irgendwas mit Gem“. Fortan nannten ihn Familie, Freunde, aber auch später in der Schule die Lehrer nur noch Gemmi. Unter diesem Namen tritt er auch am Freitag, 22. Februar, im Juze Landsberg auf. Der Eintritt beträgt fünf Euro.