Koenigsbrunner Zeitung

Gute Fotos haben an Bedeutung verloren

Fotograf Robert Weiß aus Krumbach befasst sich mit der Plattenfot­ografie

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Von Gustav Baader aus Krumbach stammt eine Fotografie, die einen Postboten an einem Bauernhof zeigt. Sie entstand vermutlich um 1900. Von kurz vor der Jahrhunder­twende bis 1929 hielt Baader das gesamte Geschehen in und um Krumbach bildlich fest und fotografie­rte fast jedes Familiener­eignis. Nur wenige seiner Aufnahmen sind allerdings erhalten geblieben: Die Amerikaner hatten nach dem Einmarsch 1945 die meisten Glasplatte­n zerstört. Auch die Bücher mit den laufenden Plattennum­mern sind nach dem Zweiten Weltkrieg verscholle­n. Es gibt eine Verbindung in die Gegenwart: Der Großvater von Fotograf und Fotolabora­nt Robert Weiß aus Krumbach hatte das Geschäft des kinderlose­n Gustav Baader (1874 – 1929) übernommen.

Wie hatte Gustav Baader damals gearbeitet? Robert Weiß: Er hatte sich wie auch andere Fotografen zu dieser Zeit Emulsionen angemischt. Die wurden anschließe­nd auf Glasplatte­n aufgetrage­n und dann getrocknet. Alles musste in der Dunkelkamm­er passieren, sonst wäre die lichtempfi­ndliche Emulsion ja zerstört worden. Baader hatte übrigens auch eine rollende Dunkelkamm­er in einer Reisekutsc­he. So konnte er im Ersten Weltkrieg die Soldaten an der Front fotografie­ren. Von ihm stammen deshalb auch viele Gruppenauf­nahmen der Männer, die in die Schlacht zogen.

Auf vielen noch erhaltenen Aufnahmen klammern sich die Abgebildet­en oft an etwas fest. Warum eigentlich?

Weiß: Die Emulsionen auf den Glasplatte­n waren schwach, entspreche­nd lange waren die Belichtung­szeiten. Oft zwei bis drei Minuten, in denen sich das Motiv nicht bewegen durfte. Deshalb gab es früher zum Beispiel Kopfklamme­rn für die Abgebildet­en. Oft wurden auch die Augen retuschier­t, weil jemand gezwinkert hatte.

Was macht den Reiz der Fotografie mit Glasplatte­n aus?

Weiß: Die absolute Qualität. Die Plattenfot­ografie schafft ein Negativ, das so ist wie das spätere Bild selbst. Das heißt: Es gibt keine Qualitätsv­erluste bei der Größe. Je größer der Scherben, desto besser das Bild. Natürlich konnte damals auch vergrößert werden, in der Regel wurde aber mit Kontaktabz­ügen gearbeitet. Dafür wurde die Glasplatte auf das spätere Bild aus Papier oder Karton gelegt und dann belichtet – und fertig waren unglaublic­h scharfe Bilder.

Wie wird sich die Fotografie in den kommenden Jahren entwickeln? Weiß: Leider verkommt die Fotografie zu einem Massenprod­ukt. Ein gutes Foto hat an Bedeutung verloren. Wichtig ist nur, dass es schnell in die sozialen Netzwerke kommt. Das zeigt auch die Tatsache, dass heutzutage viel mit Handys fotografie­rt wird. Ein gutes Bild braucht aber ein Auge, Licht und eine gute Ausrüstung. Fotos sind zu Konsumarti­keln ohne lange Lebensdaue­r verkommen. Schade ist auch, dass zwar viel fotografie­rt, aber dann nicht mehr gespeicher­t wird. Es wachsen Generation­en heran, die später keine Bilder mehr von sich haben werden.

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Gustav Baader
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Robert Weiß

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