Bühne frei für starke Frauen
Gala Bislang dominierten Männer die Grammy-Verleihung. Am Sonntag war das völlig anders. Die weiblichen Pop-Stars setzten ein Zeichen. Und hatten sogar Michelle Obama an ihrer Seite
Los Angeles Als Michelle Obama die Bühne betritt – ungefähr drei Minuten nach Beginn der Grammy-Verleihung –, scheint klar: Diese Gala für den wichtigsten Musikpreis der Welt soll ein Zeichen setzen. Für Frauen, die sich in der von Männern beherrschten Musikindustrie durchsetzen. Für Frauen, die trotz ungleicher Chancen für ihre Musik kämpfen. Aber auch für Frauen, die es in dem oft gnadenlosen Geschäft nicht schaffen.
Die Grammys, so die Botschaft der Gala am Sonntag in Los Angeles, werden weiblicher. Endlich. Und eine stärkere Symbolfigur als die ehemalige First Lady der USA, nach wie vor eine der beliebtesten Frauen des Landes, hätte es dafür kaum geben können. Michelle Obama erinnerte an all die „Who Run The World“-Songs – ein Verweis auf ein Lied von Pop-Star Beyoncé, das Männer durchaus als Kampfansage verstehen können. „Wer regiert die Welt?“, heißt es in dem Lied. Die Antwort: „Mädchen!“
Die Gastgeberin der Gala, Alicia Keys, holte dann noch Lady Gaga, Jada Pinkett Smith und Jennifer Lopez auf die Bühne und stellte sie als „meine Schwestern“vor. Geballte Frauenpower – die die gesamte Show durchzog. Keys dachte sich immer neue Bezeichnungen für die Musikerinnen aus, die im Laufe der gut dreieinhalb Stunden auftraten oder geehrt wurden: „Meine Schwester in der Musik“(Janelle Monáe), „wunderschöne Lady“(Diana Ross) oder „mein Girl“(H.E.R.). Soulsängerin Alicia Keys selbst vermittelte eine klare Botschaft – indem sie sich ohne gut sichtbare Schminke zeigte. Um zu demonstrieren, dass Frauen nicht perfekt sein und männlichen Erwartungen entsprechen müssen. Bereits 2016 sorgte sie nach den MTV Video Music Awards für Diskussionen, weil sie dort ebenfalls nahezu ohne auffälliges Make-up aufgetreten war. Zuvor hatte sie erklärt: „Ich möchte mich nicht mehr verbergen. Nicht mein Gesicht, nicht meinen Verstand, nicht meine Seele, nicht meine Gedanken, nicht meine Träume“. Viele Promis folgten ihrem Beispiel. Es sollte lange dauern, bis die Grammy-Gala weiblicher wurde. Alleine von 2013 bis 2018 waren 91 Prozent der Nominierten männlich, fand die University of Southern California heraus.
Mit der Veranstaltung am Sonntag könnte sich das geändert haben. Zwei der vier Hauptpreise gingen an Frauen. Kacey Musgraves holte mit „Golden Hour“die Trophäe für das beste Album, Dua Lipa wurde beste neue Künstlerin. Cardi B gewann zudem mit „Invasion of Privacy“als erste weibliche Solo-Künstlerin den Grammy für das beste Rap-Album.
Und so wirkten bei der 61. Grammy-Verleihung Stars wie Shawn Mendes, Travis Scott oder Rapper Post Malone wie eingestreut. Ohne Preise verließen aber auch die männlichen Künstler nicht die Bühne. Großer Gewinner war Rapper Childish Gambino, der für „This Is America“die Auszeichnung als Song des Jahres, Aufnahme des Jahres und Musikvideo des Jahres erhielt. In „This Is America“geht es um die Probleme Rassismus und Gewalt durch Schusswaffen in den USA. Hinter dem Künstlernamen Childish Gambino steckt Donald Glover, der als Schauspieler etwa im Film „Solo: A Star Wars Story“mitwirkte. Über die Gewinner in den 84 Kategorien hatten rund 13000 Experten aus der Musikbranche entschieden.
Johannes Schmitt-Tegge, dpa; AZ