Zwei Jubilare, zwei Preise und viele Emotionen
Rosenmontagskonzert Die Augsburger Philharmoniker und BR Klassik huldigen der Operette mit Franz von Suppé und Jacques Offenbach
Einem Genre, das scheinbar in die Jahre gekommen ist, dem aber nach wie vor viele Emotionen zu entlocken sind, widmete sich das Rosenmontagskonzert der Augsburger Philharmoniker: der Operette. Im Martinipark hatte man sich einen Partner mit ins Boot genommen. BR
Klassik mit seinem Format „Operetten-boulevard“, dazu das Opernmagazin Orpheus richteten mit dem Staatstheater eine Gala aus, in die eine Preisverleihung eingebettet war, die Operetten-preise 2019 beider Medien. Ein weiteres Thema durchzog das Programm: Gefeiert wurden die zwei Jubilare Franz von Suppé (1819–1895) und Jacques Offenbach (1819–1880).
Für die Titanen der leichten Muse legten sich Philharmoniker und Sänger des Staatstheaters unter Lancelot Fuhry mit Präzision, Emotion und schönem Ton ins Zeug. Weil das aufgezeichnete Ereignis am Dienstagabend bei BR Klassik zu hören war, wurde das Publikum vorher gebrieft, auf dass die Applausstürme für die Hörer draußen kurz und knackig rüberkommen. Indes waren die Beifallsstürme verdient. Das Moderatoren-duo Franziska Stürz und Stefan Frey vom „Operetten-boulevard“zog das Programm flott über die Bühne des ausverkauften Hauses. Da wurde deutlich, dass der österreichischwienerisch-kroatische Musen-meister Franz von Suppé auch ein Meister der biografischen Verschleierungen war und offensichtlich kein leichter Zeitgenosse gewesen sein muss. Sein Konkurrenzkampf mit dem aus der Pariser Szene in Wien aufgetauchten Hitproduzenten Jacques Offenbach war nicht ohne Häme, Schärfe sowie Plagiatsvorwürfen – dies stellte Schauspieler Sebastian Baumgart als Suppé mit Riesenrauschebart in köstlich-keifender Zickerei plastisch dar.
Zur Musik: Suppé, der an die 200 Stücke, Farcen, Melodramen schrieb, ist vor allem durch seine Ouvertüren zu Recht noch in aller Ohr – „Dichter und Bauer / Ein Morgen, ein Mittag, ein Abend in Wien / Die schöne Galathee“bis zur „Leichten Kavallerie“. Deren schmissige Ouvertüre, ein effektvoller Evergreen, eröffnete das Konzert. Vor allem aber „Boccaccio“ist unsterblich. Jihyun Cecilia Lee (Sopran) als Fiametta und Mezzosopranistin Franziska Rabl als Boccaccio sangen sich den Schlager „Florenz hat schöne Frauen“geschmeidig zu. Da war es gut, Offenbachs „Antwort“mit nicht so bekannten Klängen zu hören. Die Ouvertüre zu „Blaubart“lebt von raffinerten „Überblendungen“von filigran bis schwungvoll umschaltend. Wiard Witholt sang nach einer „Blaubart“-arie mit Jihyun Cecilia Lee „Ich glaube hier etwas zu fühlen“aus „Orpheus“. Darin spielt mit absurdem Sirren und Summen auch eine lustige Fliege (Lee) eine virtuos-abstruse sängerische Rolle. Der Cancan zur Pause durfte nicht fehlen.
Danach gab es die Klassiker: Johann Straußens „Fledermaus“-ouvertüre und „Ich lade gern mir Gäste ein“mit Franziska Rabl und Lehárs „Ballsirenen“-walzer („Lippen schweigen“) aus der „Lustigen Witwe“. Emmerich Kálmán war mit seiner fast schon amerikanisch swingenden „Herzogin von Chicago“zu hören, wo wieder Tenor Roman Poboinyi, Jihyun Lee und Wiard Witholt brillierten. Wie viel feine, zart melancholische, aber auch bizarr-raffinierte Substanz Paul Abraham hervorzubringen imstande war, hörte man im „Schwipserllied“aus der „Blume von Hawaii“(köstlich: Lee), wie auch in einer Nummer aus „Dschainah“, gesungen von Tobias Bonn. Hier wären wir beim Preisträger des Orpheusmagazins. Bonn gehört zum deutsch-schweizerischen Trio „Geschwister Pfister“, das mit seinen nonchalanten, Kitsch und Frechheit nicht scheuenden Bühnen-versionen die Operette mit Liebe und Witz aufmischt. Der „Frosch“preis 2019 von BR Klassik ging an das Lehár-festival Bad Ischl unter Intendant Thomas Enzinger für die fulminante Inszenierung von Abrahams „Die Blume von Hawaii“.
Jacques Offenbach beschloss das Programm: Das „Schneeflocken“-ballett“aus der „Reise zum Mond“versprühte mit Charme die Botschaft: „Die Operette lebt“. Applaus-stürme für die Sänger und Fuhrys brillantes Orchester.