Mit Kaiser und Casanova auf Entdeckungstour
Das Angebot an Stadtführungen ist vielfältig in der Region. Friedberg lockt mit Bierverkostung, Augsburg mit Krimiführungen. Und in Aichach ist jetzt auch ein Nachtwächter unterwegs
Region Es gibt sie noch. Unerschrockene Männer, die in der Dunkelheit durch die Gassen der Stadt marschieren und unerschütterlich Hellebarde und Laterne vor sich hertragen. Nur ihre Aufgabe hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Während die Nachtwächter von einst noch schlafende Stadtbewohner vor Feuern, Dieben oder Feinden warnten, läuft ihren Berufsgenossen von heute eine Schar recht ausgeschlafener Bürger hinterher. Leute, die bisweilen aus aller Herren Länder kommen. Der Nachtwächter der Moderne ist ein beliebter Stadtführer. Die Aichacher schicken ihren Nachtwächter deshalb ab sofort regelmäßig auf Tour.
Mit dem Ruf „Liebe Leut’ und lasst euch sagen, die Glock hat sechs geschlagen“beginnt Franz Gutmann seinen 90-minütigen Rundgang durch die Aichacher Altstadt. „Bei mir gibt es viele Geschichten und wenig Zahlen“, verspricht der Nachtwächter. Schließlich sind es die uralten Anekdoten und Schauergeschichten, die eine Stadtführung erst unterhaltsam machen. Nebenbei erfahren die Teilnehmer, was es mit der Kanonenkugel am Oberen Tor in Aichach auf sich hat und warum das weißblaue Wappen das Untere Tor schmückt. Die Route sei zwar oft ähnlich, erzählt der Nachtwächter. Doch immer wieder gehe er auch neue Wege zu anderen Sehenswürdigkeiten.
Je nach Wetterlage finden sich bis zu 40 Teilnehmer pro Führung am Tandlmarkt ein. Anmelden müssen sie sich vorher nicht. Die Kosten für die Führungen trägt in Aichach die Stadt. Inzwischen hat sie dem Nachtwächter ein Mikrofon zur Verfügung gestellt, weil sich zu speziellen Anlässen, wie etwa bei der Museumsnacht, besonders viele Teilnehmer den Führungen anschließen. Da sei es schwierig, ohne Technik von allen gehört zu werden, wie Franz Gutmann berichtet: „Ich hab’ zwar eine laute Stimme, aber bei bis zu 60 Leuten in der Gruppe dringt man ohne Mikrofon nicht mehr durch.“Sein 73-jähriger Kollege und Vorgänger Bernhard Rössner war schon früher bei Veranstaltungen als Nachtwächter unterwegs. Rössner ist Mitglied der Gilde der Nachtwächter, die sich im vergangenen Jahr in Aichach getroffen hat. Auch ein Friedberger Nachtwächter war schon dabei.
Die Stadt Friedberg hat inzwi- schen eine ganze Reihe außergewöhnlicher Stadtführungen im Angebot. Ines Bobinger vom Bürgerund Tourismusreferat berichtet, dass vor allem die Brauereiführungen „immer ausgebucht“seien. Hier stehen Bierverkostung und Brotzeit auf dem Programm.
Sehr gefragt sind zudem die adventlichen Führungen mit einem Drei-gänge-menü. Die Valentinsführung lockte in diesem Jahr zum zweiten Mal mit Tanzdinner und aphrodisierenden Speisen, zur Walpurgisnacht werden die Teilnehmer von einer Hexe durch die Stadt geleitet und es werden Flammkuchen und Maibowle aufgetischt. Das Angebot ist umfangreich. „Wir wechseln immer wieder das Programm“, erklärt Ines Bobinger.
In Augsburg sind es vor allem die Krimiführungen, die viel Publikum anziehen. Astrid Kellner von der Regio Tourismus Gmbh hat mehrere davon im Angebot. Die Teilnehmer müssen beispielsweise den Tod eines Silberschmieds aufklären oder herausfinden, was es mit einer Leiche aus dem Lechkanal auf sich hat. „Das macht einfach Spaß, da kann man mitmachen“, sagt Astrid Kellner. Wer will, kann sich die Stadt Augsburg sogar von einem leibhaftigen „Casanova“zeigen lassen – war doch der legendäre Frauenheld aus Italien einige Male am Lech zu Gast. Auch Berühmtheiten wie Kaiser Augustus, Jakob Fugger, Bert Brecht oder Elias Holl stehen dafür zur Verfügung – oder zumindest ein Stadtführer, der für die Besucher in die jeweilige Garderobe der für Augsburg so bedeutenden Herren schlüpft und so die Geschichte für kurze Zeit lebendig werden lässt. Beliebt sind in Augsburg zudem Stadtführungen, die ihre Teilnehmer an Orte bringen, die nicht jederzeit zugänglich sind. Die Badstuben der Fugger finden ebenso interessierte Besucher wie etwa die Wassertürme am Roten Tor – reizvolle Orte und ein Thema, das mit der Bewerbung Augsburgs als Unesco-weltkulturerbe besonders aktuell ist.
Die Regio Tourismus bietet neben den öffentlichen Führungen und Gruppenführungen auch „mobile“Führungen an – also zum Beispiel Lauschtouren, die mit einem Audioguide durch Augsburg – wahlweise zum Thema Wasser oder Luther –, durch den Land-art-pfad bei Bonstetten oder auch Rundums-sisi-schloss in Unterwittelsbach führen. Des Weiteren gibt es Kurzfilme aus dem App-store, die eine Sightseeingtour durch die heimische Region sogar auf dem heimischen Sofa möglich machen.