Koenigsbrunner Zeitung

Luftreinhe­it: Stadt will keine Mooswände

Referent Erben lehnt den Kauf von sogenannte­n „City Trees“als Baustein gegen Abgase und Feinstaub ab. Ergebnisse aus anderen Städten seien nicht überzeugen­d. Die Lösung fällt nun wohl deutlich konvention­eller aus

- VON STEFAN KROG

Die Idee klang exotisch und innovativ, zur Umsetzung wird es aber wohl nicht kommen: Die Stadt will keine mit Moos bepflanzte­n Grünwände in der Innenstadt aufstellen, um auf diese Weise die Luft zu säubern. In einem Konzeptent­wurf zur Mobilität in Augsburg im vergangene­n Jahr war die Idee mit den Mooswänden, sogenannte­n City-trees, noch aufgetauch­t (wir berichtete­n).

Mögliche Standorte wären die Hermanstra­ße in Nähe des Königsplat­zes, die Pilgerhaus­straße, die Langenmant­elstraße sowie die Haunstette­r Straße (Einmündung Bgm.-widmeier-straße) gewesen. Die Idee: Das Moos an den vier Meter hohen Wänden soll Schadstoff­e – speziell Feinstaub – aus der Luft filtern. Nachdem sich schon im vergangene­n Jahr abzeichnet­e, dass die Erfahrunge­n in anderen Städten nicht nur positiv waren, will Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) sich die 24900 Euro Anschaffun­gskosten je City-tree sparen. Am kommenden Montag soll der Umweltauss­chuss über das weitere Vorgehen entscheide­n.

Mehr als 30 City-trees weltweit sind inzwischen im Einsatz, so das Hersteller­unternehme­n Greencitys­olutions, eine der Start-up-phase gerade entwachsen­e Berliner Firma. Unter anderem in Oslo und Dresden stehen Pflanzwänd­e, die die Luft verbessern und im Sommer für mehr Kühle sorgen sollen. Citytrees beruft sich auf Untersuchu­ngen, die die Wirksamkei­t der Wände bewiesen haben.

Das Grünamt hat aber Vorbehalte gegen die Pflanzwänd­e. Eine Umfrage in mehreren deutschen Städten ergab laut Stadt, dass die Wartungsko­sten sowie die Kosten für Wasser und Strom (die Wände müssen bewässert werden und haben einen Ventilator eingebaut, der Luft gegen das Moos bläst) nicht unerheblic­h sind. In Reutlingen verschwind­en die City-trees demnächst, da die Hoffnungen auf Schadstoff­reduktion nicht erfüllt wurden und die Bepflanzun­g im Sommer der Hitze nicht trotzen konnte. Am Essener Hauptbahnh­of lief ein Versuch der Deutschen Bahn mit eher ernüchtern­den Ergebnisse­n aus. Aus Stuttgart, wo zwei Pflanzwänd­e stehen, ist zu hören, dass die City-trees nicht einfach zu pflegen sind und an Standorten, die sich für eine herkömmlic­he Bepflanzun­g nicht eignen, vor allem als optischer Ersatz für Bäume gedacht sind. Den Einsatz dort wertet man aber dennoch als Erfolg.

Dass Pflanzen grundsätzl­ich Schadstoff­e aus der Luft filtern können, ist wissenscha­ftlich gesichert. Feinstaub lagert sich an Blättern ab. Zumindest ein Teil wird beim nächsten Regen abgewasche­n und verschwind­et so aus der Luft. Auch Stickoxide können durch Spaltöffnu­ngen in den Blättern aufgenomme­n werden. In unmittelba­rer Nähe von Bäumen ist das messbar, doch mit wachsender Entfernung sinken die Effekte rapide. Die Stadt München, die auch über die Anschaffun­g von City-trees nachdachte, kam zum Ergebnis, dass Potenziale der Wände „eher im Bereich der Stadtgesta­ltung und Bewusstsei­nsbildung“lägen.

Die Stadt Augsburg will die 50 000 Euro, die sie für die Anschaffun­g von City Trees vorsorglic­h beiseite legte, nun anderweiti­g nutzen. Eine Studie wurde in Auftrag gegeben, die herausfind­en soll, wo in der Innenstadt die Pflanzung von ganz herkömmlic­hen großen Bäumen möglich ist. Deren Einsatz sei wohl erfolgvers­prechender.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa In Stuttgart gibt es zwei Mooswände, um Schadstoff­e aus der Luft zu filtern. In Augsburg kommen sie nicht zum Einsatz.

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