Der Brexit betrifft auch eine Lechfelderin
Am 29. März wollen die Briten aus der EU austreten. Für Karin Jermyn aus Untermeitingen bedeutet das Sorgen um ihre Altersvorsorge. Sie war mit einem Briten verheiratet und bezieht Witwenrente. Wie sich der Ausstieg auswirkt
Untermeitingen Was kommt nach dem Brexit? Das ist eine Frage, die sich zurzeit auch Karin Jermyn fast jeden Tag stellt. Sie ist gebürtige Augsburgerin, deutsche Staatsangehörige und lebt seit 18 Jahren in Untermeitingen. Wie ihr Nachname schon vermuten lässt, ist sie auch mit Großbritannien verbunden und ist damit direkt von den Auswirkungen des Ausstiegs des Vereinigten Königreichs aus der EU betroffen. Das gilt vor allem in finanzieller Hinsicht, denn die 70-Jährige bezieht ihre Witwenrente aus Großbritannien.
Ihr Mann David ist im Jahr 2000 ziemlich plötzlich verstorben und war britischer Staatsangehöriger. Nach 21 Jahren Ehe war das ein Schock für die damals erst 50-jährige Deutsche. „Wir haben in Toulouse gelebt, alleine wollte ich aber in unserem Haus dort nicht bleiben“, erzählt Karin Jermyn. Ihren David hat sie auch in der französischen Stadt kennengelernt, da sie bereits mit 23 Jahren, nach ihrer Ausbildung in einem Augsburger Unternehmen, beruflich nach Toulouse ging.
Geheiratet haben sie 1979 im englischen St. Albans in der Nähe von London, in Großbritannien gelebt hat das Paar aber nie. Die meiste Zeit waren sie in Frankreich zu Hause, eine Zeit lang auch in New York. Nach Manhattan hatte es die Jermyns ebenfalls beruflich verschlagen und der Aufenthalt in den USA, war indirekt mit daran schuld, dass Karin Jermyn ihre beruflich sehr erfolgreiche Laufbahn aufgegeben hat. „Ich hatte einen einjährigen Vertrag in den USA, David konnte fünf Jahre dort arbeiten“, erklärt sie. Deshalb gab sie mit 40 Jahren ihren sicheren Job in einem international renommierten Unternehmen auf, um sich stattdessen in diversen Jobs auszuprobieren. Die Tätigkeit in einem Buchverlag gehörte dazu ebenso wie die Arbeit bei einem Anwalt. Letzteres in Washington, wo die Jermyns auch noch ihre Zelte aufschlugen.
David Jermyn beendete in Amerika seine berufliche Laufbahn ebenfalls, er ging jedoch ganz normal mit 65 Jahren in Pension. Zurück in Toulouse entschied sich Karin Jermyn, nicht in ein aktives Berufsleben zurückzukehren, sondern mit ihrem Mann die Zeit zu verbringen. Rückblickend die richtige Entscheidung, denn in den elf Jahren bis zu seinem Tod bereisten sie zusammen die Welt.
Als Witwe kehrte sie den Großstädten den Rücken und zog nach Untermeitingen. „Das war einfach so, ich habe auch meine Familie in der Nähe und bin nicht der Typ, der ständig zurückblickt, ich nehme das Leben und seine Gegebenheiten an“, sagt die Deutsche. In Bezug auf den Brexit bleibt ihr auch gar nichts anderes übrig: Ihre Witwenrente bekommt sie nämlich in britischen Pfund, was für sie bedeutet, dass sie jeden Monat nicht genau weiß, wie viele Euros sie auf dem Konto vorfinden wird: „Ich habe zwar eine feste Summe, aber durch die sich ständig ändernden Wechselkurse kommen bei mir die unterschiedlichsten Beträge an“, erklärt sie. Die Umrechnung in Euro erfolgt über die Banken, die Gebühren dafür zahlt sie ebenso, und auch diese schwanken.
Je nachdem wie das Pfund steht, fällt ihre Rente unterschiedlich hoch aus. „Das kann schon in die dreistelligen Zahlen als Differenz gehen“, führt Jermyn aus. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben dabei negativ zu Buche geschlagen. In alten Unterlagen hat sie nachgeschaut und verdeutlicht: „Im Jahr 2003 bekam ich für ein Pfund im Durchschnitt 1,45 Euro.“Im Jahr 2016 lag der Kurs nur noch bei 1,28 Euro. Das war noch vor dem Referendum und danach ging es weiter für das britische Pfund bergab. Momentan steht der Wechselkurs bei 1,11 bis 1,15 Euro.
„Nach dem Brexit befürchte ich, wird er zumindest die erste Zeit noch mal sinken“, sagt Jermyn. „Gott sei Dank habe ich auch eine eigene Rente.“Das Geld sei für sie zwar wichtig, aber nicht das Wichtigste, wie sie sagt: „Ich finde es sehr, sehr traurig, das Großbritannien diesen Weg geht und mein Mann David wäre entsetzt, wenn er das noch hätte miterleben müssen. Er war ein Europäer durch und durch.“Und hatte, wie sie sagt, den für Briten ganz typisch trockenen Humor. Auch geschimpft habe er so gut wie nie, sondern immer seine britische Gelassenheit bewahrt, egal in welcher Situation.
Das hat sich Karin Jermyn in den langen Jahren des Zusammenlebens mit ihrem Mann David abgeschaut und so blickt sie zwar gespannt auf das Datum 29. März, aber egal was dann passiert, aus der Ruhe bringen lassen möchte sie sich nicht.