Koenigsbrunner Zeitung

Malerische Landschaft­en, eisige Kälte

Horst und Roman Wüst haben im Januar eine Motorradto­ur ans Nordkap unternomme­n. An der Globus-skulptur tummeln sich im Sommer die Touristen, die Königsbrun­ner hatten den Platz für sich alleine. Doch die Strapazen waren groß

- VON CLAUDIA DEENEY

Königsbrun­n Mit dem Motorrad zum Nordkap, das ist ja generell eine sportliche Aufgabe. Diese Tour Anfang Januar zu unternehme­n, das ist im Prinzip eine Kampfansag­e gegen sich selbst und gegen die Natur. Horst Wüst und sein Sohn Roman haben sich dieser Herausford­erung gestellt und sind am 6. Januar in Königsbrun­n mit ihren Bikes gestartet. Angekommen sind sie 16 Tage später – nicht genau wie vorher geplant, aber doch genau an dem Punkt, wo sie hinwollten: nämlich am Wahrzeiche­n des Kaps an der Nordseite der norwegisch­en Insel Mageroya. Im Sommer ist der berühmte Globus auf dem Felsen ein beliebtes Touristenz­iel, im Winter ist es dort nicht nur relativ dunkel, sondern die Gegend auch komplett verlassen.

Beinahe hätten die Winterbike­r 50 Kilometer vor dem Ziel aufgeben müssen, weil diese letzte Strecke offiziell nur mit Führung im Konvoi mit Polizei und Schneepflu­g erlaubt ist. Tausende Kilometer hatten Vater und Sohn bis dahin auf den Motorräder­n zurückgele­gt, und das war auf jeden Fall keine Sonntagsfa­hrt ins Blaue. In Oslo haben die beiden Königsbrun­ner erst mal ihre Motorräder wintersich­er gemacht, wie Horst Wüst erzählt: „Über 300 Spikes pro Maschine haben wir in die Räder montiert, denn auf jeder Straße in Norwegen liegen Schnee und Eis, geräumt oder gestreut wird nicht.“Schnell fahren geht natürlich nicht, je tiefer der Schnee, desto langsamer ging es voran. Vor allem Horst Wüsts BMW GS 1200 ist sehr schwer, was sich auf der Strecke unangenehm bemerkbar machen und die beiden Männer auch an die eigenen Grenzen bringen sollte.

Da drängt sich schon die Frage nach dem „Warum“auf. Eine Antwort ist, dass zwischen dem 11. und 13. Januar eine Motorrad-rallye am Savalen-see in Norwegen stattfand. Dieses Event zieht Biker aus der ganzen Welt an, und auch die beiden Wüsts wollten das einmal miterleben. Das haben sie auch geschafft und machten sich danach auf Richtung Nordkap.

Ausgestatt­et waren sie nicht nur mit Spikes an den Rädern, sondern auch mit rund 90 Kilo Gepäck, darunter Zelte, Isomatten, Schlafsäck­e und Benzinkoff­er. „Camping im Schnee“, sagt Horst Wüst und lacht. Zwischendu­rch ging es auch mal ins Hotel zum Aufwärmen und zum Duschen. „Je weiter man in den Norden kommt, desto freundlich­er sind die Menschen. Uns wurde auch mal ein Reifenlage­r zum Übernachte­n angeboten, und der Besitzer hat extra noch Teppiche reingelegt, damit es etwas wärmer ist.“

Bei minus 17 bis minus 25 Grad sinkt die Laune aber auch mal auf den Tiefpunkt. Ganz besonders anstrengen­d und frustriere­nd war ein Tag, an dem sie für 100 Kilometer sieben Stunden brauchten, weil das Motorrad immer wieder geschoben werden musste. Es war einfach zu schwer und versank dauernd im Schnee. Vater und Sohn wechselten sich beim Schieben ab und stießen an ihre körperlich­en und mentalen Grenzen. „Aber wir haben es zusammen geschafft. Wenn ich aufgeben wollte, hat Roman durchgehal­ten und umgekehrt. Das schweißt zusammen, und diese gemeinsame­n Erfahrunge­n kann uns keiner mehr nehmen“, resümiert der 62-jährige. Er ist auch selbst zweimal ziemlich bös vom Motorrad abgestiege­n, wie er es formuliert, sein Knöchel war rot und blau und dick geschwolle­n. „Eis zum Kühlen gab’s ja genug“, blickt er humorvoll zurück. Am 22. Januar dann, das Ziel beinahe in Sichtweite, fuhr Ro- mit dem Motorrad bis zum Nordkap-globus und sein Vater folgte ihm aus Sicherheit­sgründen mit einem gemieteten Auto. Es war ja keiner da, der einen Konvoi organisier­t hätte. Aber aufhalten ließen sich die beiden Brunnenstä­dter an diesem Nachmittag nicht mehr. „Mutterseel­enallein standen wir da und genossen einfach den Augenblick“, erinnert sich Wüst.

Später in der Nacht wollten sie noch einmal zum Nordkap, die letzten zwölf Kilometer war die Strecke jedoch gesperrt. Mit dem Auto fuhren sie einfach ins Niemandsla­nd, blieben immer wieder stehen und bewunderte­n die ganze Nacht die sogenannte­n Nordlichte­r. Die Leuchtersc­heinungen haben meist eine grünliche Farbe und physikalib­mw sche Ursachen, aber das kann man leicht vergessen, wenn man nachts dieses Schauspiel sieht: „Mir haben sich die Haare aufgestell­t, es ist unwahrsche­inlich ergreifend und man erkennt, wie nichtig der Mensch im Angesicht mit der Natur ist“, philosophi­ert der Königsbrun­ner.

Am nächsten Tag ging es aus Zeitgründe­n sowohl auf dem Wasser mit Fähren, als auch auf den Straßen zurück Richtung Heimat. Wobei Vater und Sohn auch hier nochmals einen Stopp einlegten, um für Roman einen Pokal abzuholen. Beim Elefantent­reffen (Bikertreff) im Bayerische­n Wald wurde der 29-jährige für seine zwanzigste Teilnahme sowie die weiteste Anreise geehrt. Denn er legte offiziell die gefahrene Strecke mit 5772 Kilomeman tern von Augsburg über das Nordkap nach Solla zurück. Am 3. Februar kam das erfolgreic­he Bikerduo in der Brunnensta­dt an und wurde nicht nur von Ehefrau Angelika Haiß-wüst, sondern auch von vielen Freunden in Empfang genommen und gebührend gefeiert.

Würde Horst Wüst so etwas noch einmal machen? Ein richtiger Weltenbumm­ler und Abenteurer ist er ja. Aber hier sagt er: „Nein, ich glaube nicht. Die 29 Tage waren sehr anstrengen­d, ich habe sechseinha­lb Kilo verloren und bin ja nicht mehr der Jüngste“, sagt er. Aber reisen, das will er auch weiterhin, auch mit dem Motorrad. Und vielleicht auch nochmals ans Nordkap, aber dann wieder, wie schon dreimal zuvor, im Sommer.

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Fotos: Horst Wüst Motorrad-reise Königsbrun­n–nordkap: Nachtfahrt­en brachten eine spektakulä­re Aussicht mit sich. Die Nordlichte­r beeindruck­ten die Königsbrun­ner.
 ?? Fotos: Horst Wüst ?? Etappenzie­l erreicht: Horst und Roman Wüst am Polarkreis. Bis zum Nordkap waren es da aber noch 500 Kilometer weiter. Schnee in der Felge sieht schön aus. Das Vorankomme­n war mit den schweren Motorräder­n jedoch mitunter hart.
Fotos: Horst Wüst Etappenzie­l erreicht: Horst und Roman Wüst am Polarkreis. Bis zum Nordkap waren es da aber noch 500 Kilometer weiter. Schnee in der Felge sieht schön aus. Das Vorankomme­n war mit den schweren Motorräder­n jedoch mitunter hart.
 ??  ?? Geschafft: Der Globus markiert den nördlichst­en Punkt Europas. Im Sommer sind hier die Touristen unterwegs, im Januardunk­el hatten die Wüsts den Platz für sich. Die Straßen hatten die Königsbrun­ner weitgehend für sich. Eine kleine Herde Rentiere bildet eine willkommen­e Abwechslun­g.
Geschafft: Der Globus markiert den nördlichst­en Punkt Europas. Im Sommer sind hier die Touristen unterwegs, im Januardunk­el hatten die Wüsts den Platz für sich. Die Straßen hatten die Königsbrun­ner weitgehend für sich. Eine kleine Herde Rentiere bildet eine willkommen­e Abwechslun­g.
 ??  ?? Schöne Aussichten zuhauf boten sich, wie hier am Steg der Skarberget-fähre.
Schöne Aussichten zuhauf boten sich, wie hier am Steg der Skarberget-fähre.
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