Störche auf dem Kirchendach
Störche Manche sind erst gar nicht weggeflogen, andere reisen jetzt wieder aus Tausenden Kilometern Entfernung zu ihrem angestammten Horst an. Wie steht es eigentlich um die Population der majestätischen Tiere?
Auf dem Dach der Gennacher Kirche ist wieder ein Storchenpaar zu sehen. Schon bald könnte es Nachwuchs geben.
Landkreis Augsburg Ganz besondere, ja märchenhafte Eigenschaften werden den Störchen in aller Welt und hierzulande zugeschrieben. Deshalb freuen sich die Bürger auch im Landkreis Augsburg über die Rückkehr der schönen Vögel aus ihren Winterquartieren. Im Landkreis sind schon eine ganze Reihe von Nestern besetzt. Im Landkreissüden wurden die hier üblichen Weißstörche heuer auch schon gesichtet, und zwar in Hiltenfingen und Gennach. Und die Hoffnungen auf Verbleib und Nachwuchs sind groß.
Störche sind in der Literatur, in der Musik, in der Malerei, ja sogar in der Bibel von Bedeutung. Sie sind sagenumwoben, mystisch, angeblich unverletzlich, Glücksbringer und und und. In unseren Breiten wird ihnen unter anderem und vor allem die Eigenschaft zugesprochen, Kinderwünsche denjenigen zu erfüllen, die Süßigkeiten auf die Fensterbänke legen und auf ihn hoffen. Reines Wunschdenken? Gleichgültig. Die Bürger im Landkreis freuen sich Jahr für Jahr, wenn die grazilen, eleganten und schönen Tiere einfliegen. Im Landkreis wurden sie schon reihenweise gesichtet, zum Beispiel in Diedorf, Zusmarshausen und Dinkelscherben, wo sie sogar überwinterten und sich den weiten Weg nach Afrika oder Südfrankreich sparten.
Bereits am 20. Februar landete das erste Storchenmännchen in unserer Region auf dem Nest auf dem Kirchenschiff in Gennach. Wenige Tage später komplettierte sich das Paar und sitzt nun bei Wind und Wetter in seinem Daunenkleid in luftigen Höhen. Ob es dasselbe ist wie im vorigen Jahr und den Jahren zuvor? Schwer zu sagen. Werner Burkhart, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands Landkreis Augsburg, sagt dazu: „Männchen und Weibchen zieht es an das Nest zurück, wo sie gute Erfahrungen gemacht haben. Die Bindung an den Horst ist beim Weißstorch größer als die Paarbindung.“Eindeutig erkennbar sei das Gennacher Storchenpaar, das eventuell auch in Hiltenfingen gesichtet wurde, aber nicht, da es im Gegensatz zu anderen nicht beringt sei.
Jetzt sitzt das Paar also klappernd und beobachtend dort oben. Was bedeutet das? „Es ist ein gutes Zeichen, dass sich Nachwuchs einstellen könnte“, erklärt Burkhart, der weiß, dass es in Bayern im vergangenen Jahr etwa 550 Horstpaare gegeben hat. Das sei neuer Rekord. „Im Landkreis Augsburg flogen 2018 aus 16 Nestern Junge aus“, so Burkart, der sich dafür begeistert: „Was gibt es Schöneres?“
Auf die Frage, ob der Storch für die Natur und die Umwelt wertvoll sei, antwortet Burkhart so: „Jede Art erfüllt ihre Rolle im Ökosystem und hat diesbezüglich auch ihre Existenzberechtigung. Wir sollten als Menschen lernen, nicht alles nach dem Nutzen für uns zu definieren. Jedes Lebewesen besitzt einen grundsätzlichen Wert, ist Teil des Lebens auf unserer Erde, ist Teil der Schöpfung.“
Und weiter: „Für die Störche wurden maßgeschneiderte Maßnahmen
Im Winter sind Kleintiere auf Müllkippen das Futter
durchgeführt, beispielsweise angelegte Biotope im Gennachmoos und am Bierbächle in Hiltenfingen. Wenn es dem Storch gut geht, dann profitieren auch andere Arten, die weniger spektakulär sind. Meist handelt es sich um gefährdete Tiere und Pflanzen, denen wir wieder Lebensraum geben möchten.“
Burkhart empfiehlt, Störche nicht zu füttern, da sie sich sonst daran gewöhnen und eventuell ihre angestammten Gewohnheiten aufgeben. Ob es mit der Fütterung zusammenhängt, dass immer mehr Störche im Winter nicht mehr nach Afrika fliegen, ist nicht bekannt. Es kann auch mit den zunehmenden Temperaturen in unseren Breiten zusammenhängen. Manche Störche fliegen im Winter nicht bis in warme, nahrungsreiche Gegenden, sondern ernähren sich von Kleintieren auf Müllkippen, von denen sie locker satt werden.
Wer Störche bei uns nicht nur weit entfernt auf Horsten sehen will, der sollte sie auf frisch umgebrochenen Äckern, feuchten Wiesen und entlang von Bachläufen suchen. Zu nahe lassen sie allerdings niemanden an sich heran, denn sie haben eine natürliche Scheu vor Menschen.