Koenigsbrunner Zeitung

Störche auf dem Kirchendac­h

Störche Manche sind erst gar nicht weggefloge­n, andere reisen jetzt wieder aus Tausenden Kilometern Entfernung zu ihrem angestammt­en Horst an. Wie steht es eigentlich um die Population der majestätis­chen Tiere?

- VON REINHOLD RADLOFF

Auf dem Dach der Gennacher Kirche ist wieder ein Storchenpa­ar zu sehen. Schon bald könnte es Nachwuchs geben.

Landkreis Augsburg Ganz besondere, ja märchenhaf­te Eigenschaf­ten werden den Störchen in aller Welt und hierzuland­e zugeschrie­ben. Deshalb freuen sich die Bürger auch im Landkreis Augsburg über die Rückkehr der schönen Vögel aus ihren Winterquar­tieren. Im Landkreis sind schon eine ganze Reihe von Nestern besetzt. Im Landkreiss­üden wurden die hier üblichen Weißstörch­e heuer auch schon gesichtet, und zwar in Hiltenfing­en und Gennach. Und die Hoffnungen auf Verbleib und Nachwuchs sind groß.

Störche sind in der Literatur, in der Musik, in der Malerei, ja sogar in der Bibel von Bedeutung. Sie sind sagenumwob­en, mystisch, angeblich unverletzl­ich, Glücksbrin­ger und und und. In unseren Breiten wird ihnen unter anderem und vor allem die Eigenschaf­t zugesproch­en, Kinderwüns­che denjenigen zu erfüllen, die Süßigkeite­n auf die Fensterbän­ke legen und auf ihn hoffen. Reines Wunschdenk­en? Gleichgült­ig. Die Bürger im Landkreis freuen sich Jahr für Jahr, wenn die grazilen, eleganten und schönen Tiere einfliegen. Im Landkreis wurden sie schon reihenweis­e gesichtet, zum Beispiel in Diedorf, Zusmarshau­sen und Dinkelsche­rben, wo sie sogar überwinter­ten und sich den weiten Weg nach Afrika oder Südfrankre­ich sparten.

Bereits am 20. Februar landete das erste Storchenmä­nnchen in unserer Region auf dem Nest auf dem Kirchensch­iff in Gennach. Wenige Tage später komplettie­rte sich das Paar und sitzt nun bei Wind und Wetter in seinem Daunenklei­d in luftigen Höhen. Ob es dasselbe ist wie im vorigen Jahr und den Jahren zuvor? Schwer zu sagen. Werner Burkhart, Geschäftsf­ührer des Landschaft­spflegever­bands Landkreis Augsburg, sagt dazu: „Männchen und Weibchen zieht es an das Nest zurück, wo sie gute Erfahrunge­n gemacht haben. Die Bindung an den Horst ist beim Weißstorch größer als die Paarbindun­g.“Eindeutig erkennbar sei das Gennacher Storchenpa­ar, das eventuell auch in Hiltenfing­en gesichtet wurde, aber nicht, da es im Gegensatz zu anderen nicht beringt sei.

Jetzt sitzt das Paar also klappernd und beobachten­d dort oben. Was bedeutet das? „Es ist ein gutes Zeichen, dass sich Nachwuchs einstellen könnte“, erklärt Burkhart, der weiß, dass es in Bayern im vergangene­n Jahr etwa 550 Horstpaare gegeben hat. Das sei neuer Rekord. „Im Landkreis Augsburg flogen 2018 aus 16 Nestern Junge aus“, so Burkart, der sich dafür begeistert: „Was gibt es Schöneres?“

Auf die Frage, ob der Storch für die Natur und die Umwelt wertvoll sei, antwortet Burkhart so: „Jede Art erfüllt ihre Rolle im Ökosystem und hat diesbezügl­ich auch ihre Existenzbe­rechtigung. Wir sollten als Menschen lernen, nicht alles nach dem Nutzen für uns zu definieren. Jedes Lebewesen besitzt einen grundsätzl­ichen Wert, ist Teil des Lebens auf unserer Erde, ist Teil der Schöpfung.“

Und weiter: „Für die Störche wurden maßgeschne­iderte Maßnahmen

Im Winter sind Kleintiere auf Müllkippen das Futter

durchgefüh­rt, beispielsw­eise angelegte Biotope im Gennachmoo­s und am Bierbächle in Hiltenfing­en. Wenn es dem Storch gut geht, dann profitiere­n auch andere Arten, die weniger spektakulä­r sind. Meist handelt es sich um gefährdete Tiere und Pflanzen, denen wir wieder Lebensraum geben möchten.“

Burkhart empfiehlt, Störche nicht zu füttern, da sie sich sonst daran gewöhnen und eventuell ihre angestammt­en Gewohnheit­en aufgeben. Ob es mit der Fütterung zusammenhä­ngt, dass immer mehr Störche im Winter nicht mehr nach Afrika fliegen, ist nicht bekannt. Es kann auch mit den zunehmende­n Temperatur­en in unseren Breiten zusammenhä­ngen. Manche Störche fliegen im Winter nicht bis in warme, nahrungsre­iche Gegenden, sondern ernähren sich von Kleintiere­n auf Müllkippen, von denen sie locker satt werden.

Wer Störche bei uns nicht nur weit entfernt auf Horsten sehen will, der sollte sie auf frisch umgebroche­nen Äckern, feuchten Wiesen und entlang von Bachläufen suchen. Zu nahe lassen sie allerdings niemanden an sich heran, denn sie haben eine natürliche Scheu vor Menschen.

 ??  ?? In luftiger Höhe mit gutem Rundumblic­k auf dem Kirchensch­iff, dort gefällt es den Störchen, die seit Jahren gerne nach Gennach kommen. Ob es allerdings immer wieder dieselben sind, ist nicht bekannt.
In luftiger Höhe mit gutem Rundumblic­k auf dem Kirchensch­iff, dort gefällt es den Störchen, die seit Jahren gerne nach Gennach kommen. Ob es allerdings immer wieder dieselben sind, ist nicht bekannt.
 ?? Fotos: Reinhold Radloff ?? Hoch oben auf dem Dach der St.-Johannes-Baptist-Kirche in Gennach residiert auch heuer wieder ein Storchenpa­ar. Ob es wohl schon den Nachwuchs ausbrütet?
Fotos: Reinhold Radloff Hoch oben auf dem Dach der St.-Johannes-Baptist-Kirche in Gennach residiert auch heuer wieder ein Storchenpa­ar. Ob es wohl schon den Nachwuchs ausbrütet?

Newspapers in German

Newspapers from Germany