Penny will die Stauden versorgen
Einzelhandel Bislang hat in Mittelneufnach der Dorfladen die Lebensmittelversorgung übernommen. Jetzt öffnet dort ein Discounter. Er will Einkaufstouren nach Schwabmünchen ersparen. Warum dem Ladenbetreiber nicht bange ist
Mittelneufnach Selten liegen Erwartungen, Hoffnungen und Besorgnis so nah beieinander. Bei der Neueröffnung des Penny-Markts in Mittelneufnach tritt diese Gefühlslage besonders deutlich zutage. Die Bürger seien sehr froh, jetzt einen Discounter mit breitaufgestelltem Warensortiment vor Ort zu haben, sagt Gemeinderat Oliver Strahl. Bürgermeisterin Cornelia Thümmel verweist in diesem Zusammenhang aber auch auf den Dorfladen an der Bergstraße. Ihm gelte es weiterhin die Treue zu halten, fordert sie die Bürger auf.
Generell gesehen sei ein Supermarkt in Mittelneufnach längst überfällig, so der allgemeine Tenor bei der feierlichen Eröffnung, zu der eine Abordnung des Musikvereins Immelstetten-Mittelneufnach aufgespielt und Pater Joji John den kirchlichen Segen gespendet hat. Anna Grzybek wertet die Ansiedlung als „tolle Sache“. Eine andere Neukundin berichtet: „Wir haben unsere Großeinkäufe immer in Schwabmünchen oder Fischach getätigt.“Die langen Autofahrten würden nun entfallen.
Diese Aussage verdeutlicht die bisherige Einkaufssituation vor Ort. Seit Jahren gebe es keine eigene Bäckerei oder Metzgerei mehr, fasst die Bürgermeisterin zusammen. Diese Lücke habe bisher der Dorfladen geschlossen.
Dabei war es nicht einfach, einen Discounter nach Mittelneufnach zu locken. Es sei ein langer und harter Weg gewesen, verbunden mit vielen Schwierigkeiten, berichtet die Bürgermeisterin. „Notwendig waren viele Beratungen im Gemeinderat, die Ausweisung eines speziellen Baugebiets und die Suche nach einem geeigneten Investor.“Problematisch sei zunächst auch die Hanglage des Areals gewesen.
Das machte für die Gemeinde die Erschließungskosten teuer. Darüber hinaus sprang der erste Investor ab. Schließlich wurde die Puschak Immobilien GmbH mit ins Boot genommen. Das mittelständische Familienunternehmen aus Augsburg investierte in Gebäude und Parkflächen und schloss mit Penny einen Pachtvertrag über 15 Jahre ab. Die Bauzeit betrug rund ein Jahr.
Den hohen Erwartungen aus der Bürgerschaft sieht Sebastian Mahrenholz optimistisch entgegen. Der „Gebietsleiter Expansion“für die Penny-Region Süd nennt den Markt einen attraktiven Discounter für die Nahversorgung. „Auf rund 800 Quadratmeter Verkaufsfläche mit circa 2000 Artikeln bieten wir das neueste Penny-Konzept 2020“, sagt er. Dahinter stecke eine breitere Auswahl an Frischeprodukten und Fertiggerichten. Warum sein Unternehmen aufs Land geht? „Wir im Lebensmittelbereich eine Unterversorgung festgestellt“, sagt er und verweist auf die zu erwartenden Umsätze. Immerhin peile das Unternehmen, das zur Rewe Group gehört, Kunden sowohl aus Mittelneufnach als auch den Stauden an.
Personell sei der Discounter an der Spitze bestens aufgestellt, so Mahrenholz weiter. Filialleiterin Ulrike Schmid verfüge über eine 19-jährige Einzelhandelserfahrung.
Dem Markt angegliedert ist ein Backwarenverkauf durch den Edelstetter Bäck. „Das Bäckerhandwerk hat in unserer Familie eine über 120-jährige Tradition“, erzählt Firmenchef Robert Miller. Dennoch sei die Kooperation mit Penny für ihn ein Neuland: „Zum ersten Mal eröffnen wir eine Filiale im Verbund mit einem Discounter.“Er und seine Mitarbeiterinnen setzen neben frischen Backwaren auf eine heiße Theke. Letztere soll mittags auf kleine Gerichte ausgeweitet werden. Steht er damit nicht in direkter Konkurrenz mit dem örtlihaben chen Dorfladen, der von der Langenneufnacher Staudenbäckerei Schneider betrieben wird? „Ja, zwangsläufig“, gibt Miller zu.
Während bei der Penny-Eröffnung sich einige Bürger um den Fortbestand des Dorfladens sorgen, geht Betreiber Richard Schneider die neue Situation locker an. „Wir sehen Penny nicht als Konkurrenten, sondern als Mitbewerber“, entgegnet er auf Nachfrage unserer Zeitung. Zudem sei seine Einrichtung anders ausgerichtet. „Beispielsweise weist unsere frische Theke Salate, Käse, Fleisch, Bio-Eier und Milchprodukte aus regionaler Produktion auf sowie eigene, ausschließlich handgemachte Backwaren“, erläutert Schneider. „Zudem öffnen wir bereits um 6 Uhr und versorgen damit frühe Kunden mit Brotzeiten fürs Geschäft und Frühstück.“Damit sei der Dorfladen flexibler als ein Discounter. Das beinhalte auch Bestellungen für den nächsten Tag.
Kunde Rupert Vinatzer erwähnt noch einen anderen wichtigen Faktor: „Der Dorfladen ist für die Bürger ein wichtiger Kommunikationspunkt. Hier kann man auch mal in Ruhe ratschen.“Die Verkäuferinnen Helga Miller und Elisabeth Huber stimmen dem lächelnd bei. Nein, Angst vor Penny haben auch sie nicht, so beide unisono.