Koenigsbrunner Zeitung

Hier klappt es mit der Nachbarsch­aft

Wohnqualit­ät Was das gute Zusammenle­ben in Bobingen ausmacht: Die Erlenstraß­e in der Siedlung zeigt es

- VON ANJA FISCHER

Bobingen Fröhlich stehen die Nachbarn in der Erlenstraß­e in der Siedlung im Kreis, stoßen auf das Geburtstag­skind in ihrer Mitte an: Den Siebzigste­n feiert Gertrud Fietz heute. Und wie immer zu einem runden Geburtstag hat sich ihre Nachbarsch­aft dazu eine besondere Überraschu­ng einfallen lassen. Hoch oben am Fahnenmast baumelt ein überdimens­ionaler Socken in Schuhgröße 115. Daneben hängt ein Schild mit Glückwünsc­hen und der Bitte, doch weiterhin für die Nachbarsch­aft Socken zu stricken. Nachbar Erich Burger erzählt: „Den Socken haben wir gemeinsam beschlosse­n, mit Bändern aus der Stricklies­l gestaltet und auf eine Form aus Hasengitte­r aufgezogen.“Das habe schon einige Stunden Arbeit gekostet. „Aber das war es uns selbstvers­tändlich wert, denn in unserer Nachbarsch­aft suchen wir zu jedem Runden etwas, was den Jubilar auszeichne­t.“Ein Bienenstoc­k mit Bienen für den Imker, ein Motorrad aus Sperrholz für den Biker, der heiß geliebte Oldtimer oder die Puppe mit Pilzkorb und Pantoffeln – immer fällt den Nachbarn etwas anderes ein.

Es sei die vorzüglich­e Nachbarsch­aft, die mit diesen Geschenken gefeiert werde, stellt Burger fest. „Natürlich wird zum Jubiläum mit einem geselligen Beisammens­ein gefeiert, aber auch im normalen Alltag kann man sich in der Erlenstraß­e aufeinande­r verlassen“, erzählt Burger. Die Nachbarn nicken.

Marion Rabe erzählt, dass der Eiermann immer ihre Eier bei der Nachbarin mit abgebe, weil sie noch berufstäti­g ist. „Ich kann sie dann nach der Arbeit dort holen.“Andere Nachbarn berichten von der Hilfe schweren Gartenarbe­iten, das Ausleihen von Werkzeugen, Unterstütz­ung bei Reparature­n verschiede­nster Art. „Und wenn jemand krank ist, kann man sicher sein, Unterstütz­ung im Haushalt oder bei Fahrten zum Arzt zu bekommen“, heißt es.

Auch im Fall von Überflutun­gen hielt die Nachbarsch­aft schon zusammen. „Wir haben gemeinsam einen Keller nach dem anderen trockengel­egt und geputzt“, erinnern sich Hartmut und Anneliese Kirchhain. Die beiden sind froh, in einer guten Gemeinscha­ft leben zu können. „Wir sind Nachbarn, die zusammenha­lten und zusammenpa­ssen“, meinen sie. „Es ist schön, nicht in der Anonymität zu leben, sondern einander zu kennen.“

Alle schätzen es, nicht in einer reinen „Schlafstra­ße“zu wohnen, in der die Menschen früh zur Arbeit fahren, abends zum Schlafen zurückkomm­en und sich sonst aus dem Weg gehen. Das ist in der Erlenstraß­e nicht so. „Wenn ein Auto kaputt ist, stecken alle Männer gemeinsam den Kopf unter die Motorbei haube und bringen es meistens auch wieder zum Laufen“, lacht Marion Rabe.

Die ersten aus der Nachbarsch­aftstruppe zogen 1978 in ihre Häuser, die letzten kamen 1997 dazu. Alle verstehen sich. „Die Nachbarsch­aft ist sehr hilfreich und kameradsch­aftlich“, meint Hartmut Kirchhain. „Ja, man hilft auch mal was austrinken, wenn es die anderen nicht allein schaffen“, kommt ein scherzhaft­er Kommentar dazu. Alle lachen und stellen fest, dass es nicht nur schön ist, einen nachbarsch­aftliso chen Umgang zu pflegen, sondern dass auch das gemeinsame Feiern dazu gehört. Ebenso wie der Plausch am Gartenzaun und das Erkennen, wenn Hilfsberei­tschaft gefragt ist.

Es ist ein Geben und Nehmen hier in der Erlenstraß­e, getragen von Freundscha­ft und gegenseiti­gem Respekt. Vom gemeinsame­n Gespräch und auch mal vom „beide Augen zuzwicken“, wenn mal was nicht so läuft. „Wir sind halt Nachbarn, wir halten zusammen, wenn was ist“, fasst Martin Fietz zusammen. Schön, dass es so etwas gibt.

 ?? Foto: Anja Fischer ?? Hier stimmt die Nachbarsch­aft: (vorne knieend) Elisabeth Bastian, Anita Burger, (hinten stehend) Hartmut Kirchhain, Alfred und Christina Dreßler, Marion Rabe, Anneliese Kirchhain, Martin Fietz, Diethelm Rabe, Gertrud Fietz und Erich Burger.
Foto: Anja Fischer Hier stimmt die Nachbarsch­aft: (vorne knieend) Elisabeth Bastian, Anita Burger, (hinten stehend) Hartmut Kirchhain, Alfred und Christina Dreßler, Marion Rabe, Anneliese Kirchhain, Martin Fietz, Diethelm Rabe, Gertrud Fietz und Erich Burger.

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