Koenigsbrunner Zeitung

Wer gewinnt die „Revolution am Nil“?

Sudan Auf den Straßen wird weiter gegen das Militär demonstrie­rt. Noch sind die Proteste friedlich

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Khartum

Nach dem als „Revolution am Nil“bezeichnet­en Umsturz im Sudan ist noch nicht klar, wer dort künftig wirklich die Macht haben wird. Die Führung der Streitkräf­te hat Langzeithe­rrscher Omar al-Baschir abgesetzt und kontrollie­rt den Sicherheit­sapparat. Das Militär scheint jedoch unsicher, wie es politisch weitergehe­n soll. Klar scheint nur, dass sich die Partei Al-Baschirs an der geplanten Übergangsr­egierung nicht beteiligen darf. Die Nationale Kongresspa­rtei könne sich aber bei den nächsten Wahlen erneut bewerben, sagte ein Sprecher des militärisc­hen Übergangsr­ats am Sonntagabe­nd.

Die Demonstran­ten und die Opposition sind aufgrund ihrer bisherigen Erfolge zuversicht­lich. Die Proteste am Wochenende in dem Land im Nordosten Afrikas fanden in ausgelasse­ner Stimmung statt. „Die Revolution hat erst begonnen“, skandierte­n Demonstran­ten. Doch in den Reihen der Opposition zeigten sich erstmals Risse: Teile der etablierte­n Opposition­sparteien schienen gewillt, sich mit dem Militär zu arrangiere­n. Die Demonstran­ten und die treibende Kraft hinter den Protesten, das Gewerkscha­ftsbündnis SPA, wollen hingegen weiter eine rein zivile Regierung. Das Militär hat klargemach­t, dass es die für die Sicherheit entscheide­nden Ressorts, das Innenund Verteidigu­ngsministe­rium, nicht an Zivilisten übergeben will.

„Wir werden unsere Sitzblocka­de nicht aufgeben, weil wir der Militärfüh­rung, die Teil des bisherigen Regimes war, nicht trauen“, sagt Demonstran­t Ibrahim Adam, 29, vor dem Militärhau­ptquartier in Khartum. Noch ist unklar, ob sich alle Hoffnungen der Demonstran­ten erfüllen werden. Am Freitagabe­nd, nur einen Tag nach dem Sturz AlBaschirs, erklärte Militärher­rscher Awad Ibn Auf überrasche­nd seinen Rücktritt. Der frühere Verteidigu­ngsministe­r galt als langjährig­er Weggefährt­e Al-Baschirs und war von den Demonstran­ten abgelehnt worden. Am Samstag verkündete sein Nachfolger, der als volksnäher geltende frühere Generalins­pekteur Abdel Fattah Burhan, dass der Chef des verhassten Geheimdien­stes Niss, Abdallah Gusch, zurückgetr­eten sei. Viele Demonstran­ten jubelten und forderten zudem die Auflösung des Geheimdien­stes – dessen Agenten sollen politische Gefangene oft brutal gefoltert haben. Am Sonntagabe­nd hieß es, der Niss solle zumindest reformiert werden.

Die Proteste im Sudan dauern bereits seit Dezember an, wurden aber Anfang April mit dem Beginn einer Sitzblocka­de vor der Zentrale der Streitkräf­te in Khartum immer größer. Die Demonstran­ten stellen einen Querschnit­t aller Bevölkerun­gsgruppen dar, wobei Frauen oft eine führende Rolle spielen.

Unter Al-Baschir war der Sudan in eine tiefe Wirtschaft­skrise geschlitte­rt. Das Land gehört einem UN-Index zufolge zu den 25 ärmsten Ländern der Welt. Daher ist klar: Wer auch immer demnächst im Sudan das Sagen hat, wird Hilfe von außen brauchen. Saudi-Arabien sagte der Militärfüh­rung am Wochenende Unterstütz­ung zu. Aus den USA oder den EU-Staaten war bislang noch kaum etwas zu hören – dort scheint man noch abzuwarten.

Anas Badr und Jürgen Bätz, dpa

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