Dieser Unfall macht Spaß
„Blechschaden“in der Stadthalle Gersthofen
Selten war ein Blechschaden so lustig. Der Grund: Im Gegensatz zu einer verbeulten Karosserie macht das Konzert der nach einem Bagatellunfall benannten Truppe Spaß. Und das mit Musikern, die mit Frack und weißer Weste eher nach einem Abend der ernsten Musik aussehen. In der Stadthalle Gersthofen machten die elf Profimusiker der Münchner Philharmoniker mit ihrem begeisterten Publikum einen Ausflug auf den Abenteuerspielplatz Blasmusik. Seit 35 Jahren gibt es sie, immer stoßen junge Talente dazu. Gut für den schottischen Gründer und Dirigenten Bob Ross. Dadurch fallen seine alten Witze nämlich kaum auf, gibt der bekennende „Lowlander“gleich zu Konzertbeginn den Pausenclown. Wie beim Fußball seien zweimal 45 Minuten zu erwarten, entkoppelt er das Bevorstehende vom normalen OrchesterSpielbetrieb.
„Vivaldi klingt gleich viel schöner ohne die Streicher“, so der Mann im schottenkarierten Frack und bittet einen der hochkarätigen Musiker nach dem anderen zum Solo ins Rampenlicht. Aus Belgien, dem Land, das nach Ross’ Geschichtsinterpretation die Franzosen erfunden haben, um die Engländer zu ärgern, stammt Guido Segers, der mit Bund Piccolo-Trompete glänzt. Zwei Tiroler und ein richtiger Österreicher spielen mit. Und für einen Schweizer swingt Daniel Bonvin richtig schnell mit der Tenorposaune. Einer nach dem anderen wird liebevoll durch den Kakao gezogen und den sonst im eher engen Korsett der klassischen Musik steckenden Musikern ist der Spaß am Freigang anzusehen.
Der Ring-der-nie-gelungen in schottischer Drei-Minuten-Fassung, ein karibischer Sonnenuntergang mit unfassbar passendem Alphorn; alles kein Problem. Jazziges nach dem großen „Duke“Ellington, Bach minus Orgel, Swing, Ragtime. Wer sein Metier so gut beherrscht wie die Blechschaden-Crew, der kann mit den Genres spielen, wie es grade passt.
„Da kriegst du Depressionen“, schüttelt da Hobby-Posaunist Wolfgang Löcher aus Biberbach voller Bewunderung lachend den Kopf. Das eigene Können mit der Leistung der Profis auf der Bühne zu vergleichen – das wäre für die seelische Gesundheit nicht so gut, witzelt der Fan der Gruppe. Wie viele der „Bravo“-Rufer aus dem Publikum kann er aus eigener Erfahrung beurteilen, wie viel musikalische Meisterschaft hinter den anscheinend so leicht dahin gespielten Arrangements steckt. In der Pause wird von der Strahlkraft der Instrumente geschwärmt und das Gespräch mit Bob Ross gesucht, der sein neues Buch, das von „Dirigenten und anderen Katastrophen“erzählt, im Foyer signiert. Keine Katastrophe, sondern ein Triumph für die Band, dieser Auftritt in Gersthofen.