Koenigsbrunner Zeitung

Halb Müllhalde, halb Ausflugszi­el

Geschichte Bis Mitte der 70er-Jahre durfte auf dem Augsburger Müllberg nahezu alles entsorgt werden, doch dann veränderte sich das Umweltbewu­sstsein. Heute wird aus der Deponie Stück für Stück ein Naherholun­gsgebiet /

- VON FRANZ HÄUSSLER

1975 traten verschärft­e Umweltstan­dards in Kraft. Auf der Augsburg-Gersthofer Mülldeponi­e durften fortan nur mehr Hausmüll, hausmülläh­nliche Abfälle, Bauschutt, Aushubmate­rial, ölverunrei­nigtes Erdreich und Industriea­bfälle mit nachgewies­ener Unbedenkli­chkeit abgelagert werden. Der Platz reichte dafür aber nicht mehr aus.

1975 musste die Deponie nach Osten vergrößert werden. Die Erweiterun­gsfläche bekam zum Schutz des Grundwasse­rs als Untergrund eine mineralisc­he Dichtung.

Statistike­n dokumentie­ren alljährlic­h die Augsburger Hausmüllme­ngen: Von 1978 bis 1980 betrug die durchschni­ttliche Tagesabfuh­r rund 2100 Kubikmeter, pro Jahr zwischen 520000 und 545000 Kubikmeter. 1986 hatte strikte Mülltrennu­ng zum Rückgang geführt: Es mussten nur noch rund 500 000 Kubikmeter Hausmüll abgeholt und auf den Müllberg gebracht werden. 1994 dann nahm die thermische Abfallverw­ertungsanl­age des Zweckverba­ndes ihren Betrieb auf. Seither wird in der Deponie AugsburgNo­rd kein brennbarer Haus- oder Gewerbemül­l mehr abgeladen.

Mülltrennu­ng und Recycling von Wertstoffe­n wurden forciert. Was einst Abfall war, wurde zum Wertstoff. Dadurch reduzierte sich in der Verbrennun­g und auf der Deponie landendes „Entsorgung­smaterial“erheblich. Das unbedingte Bestreben des Abfallwirt­schafts- und Stadtreini­gungsbetri­ebs (aws) der Stadt Augsburg, differenzi­ert recyceln und möglichst alle Wertstoffe auch an der Deponie AugsburgNo­rd sortenrein sammeln zu können, führte zum Ausbau des Anlieferun­gsbereichs zum „Wertstoff- & Servicepun­kt“. Er konnte am 1. Mai 2016 am östlichen Rand des umzäunten 42 Hektar großen Deponiegel­ändes eröffnet werden.

Er ist eine Gemeinscha­ftsaktion der Städte Augsburg und Gersthofen sowie des Landkreise­s Augsburg, die sich auch die Kosten teilten. Kostenfrei sind unterschie­dliche Wertstoffe anlieferba­r: Große Container oder Behälter stehen für Papier und Kartonagen, Elektroger­äte, Fahrzeugba­tterien, Metalle, Alttextili­en und Schuhe, Kunststoff­e sowie für Grüngut und Sperrmüll bereit. Selbst Sperrmüll wie Polstermöb­el, Matratzen und Sonnenschi­rme wird ohne Kosten für den Anlieferer angenommen. Für all diese Materialie­n ist der Wertstoffh­of lediglich Annahmesta­tion. Deponiert wird davon nichts auf dem dahinter ansteigend­en Osthügel.

Dorthin bringen Großanlief­erer zur Deponierun­g zugelassen­es Entsorgung­sgut. Die Betriebsge­nehmigung schreibt exakt vor, was auf dem nur mehr langsam wachsenden jüngsten „Berg“des völlig umzäunten Deponie-Areals abgeladen werden darf. Danach handelt es sich um eine Deponie der Klasse I. Dort dürfen Abfälle abgelagert werden, die die vorgegeben­en Werte der Deponiever­ordnung einhalten. Ein wesentlich­er Abfall ist zum Beispiel mit Schadstoff­en belasteter Erdaushub. Schlacken aus der Augsburger Abfallverw­ertungsanl­age (Müllverbre­nnung) sind für die Ablagerung auf der Deponie im Norden der Stadt nicht vorgesehen.

Große Anfuhrmeng­en werden gewogen. Die Fahrzeuge passieren eine Waage, und von einem Kontrollge­bäude hat der „Pförtner“von oben einen Blick auf die Ladung. Erst dann darf ein Lkw die „Bergstraße“hoch zu einer der Abladestel­len fahren. Sie sind vom entschiede­n höheren „Besucherhü­gel“ auf der Altdeponie aus einsehbar. Die Genehmigun­g zum Betrieb des noch „aktiven“Ostteils wurde mehrmals verlängert: 2023 sollte eigentlich Ende sein, unter der Annahme dass keine weiteren Abfälle mehr zur Deponierun­g anfallen. Dann soll auch die Oberfläche des dritten Deponiehüg­els rekultivie­rt werden. Die Hänge mit bereits abgeschlos­sener Ablagerung auf dem noch wachsenden Müllhügel werden wie die Altdeponie abschnittw­eise umgewandel­t. Es gibt bereits begrünte Bergflanke­n, auf denen nachts und in den frühen Morgenstun­den Rehe äsen. Weithin sichtbar sind daneben grau „verhüllte“Flächen an der Ostflanke. Dies ist eine vorübergeh­ende Abdichtung. Sie wird vor dem Aufbringen einer mehrlagige­n „Versiegelu­ng“entfernt. Darauf kommt eine Wachstumss­chicht aus Kies und wenig Humus, die bepflanzt wird.

Unsere Serie zum Müllberg

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Von der Hauptkuppe des rekultivie­rten, begehbaren Müllbergs aus ist zu sehen, dass ein dritter Hügel noch „aktiv“und im Wachsen ist. Die Ablagerung­en sollen hier 2023 enden.
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