Koenigsbrunner Zeitung

Video bringt Österreich­s Regierung in Not

Mitschnitt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist heimlich auf Ibiza gefilmt worden. Er stellte einer vermeintli­ch reichen Russin Staatsauft­räge in Aussicht, wenn sie seine Partei unterstütz­t

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Wien Übersteht Österreich­s rechtskons­ervative Regierung diese Belastungs­probe? Das ist die zentrale Frage nach der Veröffentl­ichung eines Videos, das Vizekanzle­r und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in höchste Bedrängnis bringt. Der Film wurde dem Spiegel und der Süddeutsch­en Zeitung zugespielt. Er zeigt, wie Strache im Juli 2017, wenige Monate vor den Parlaments­wahlen, bereit zu sein schien, mit einer angebliche­n russischen Oligarchin einen Deal zu machen: Unterstütz­t du mich, bekommt du im Fall einer Regierungs­beteiligun­g der FPÖ viele öffentlich­e Aufträge. Außerdem, so geht es aus dem Video hervor, sollte die angeblich schwerreic­he Frau die Kronen Zeitung kaufen, Österreich­s auflagenst­ärkstes Blatt, und dann die FPÖ publizisti­sch massiv unterstütz­en.

Die opposition­ellen Sozialdemo­kraten sprachen vom „wohl größten politische­n Skandal der Zweiten Republik“. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte: „Es ist Zeit, diesem Spuk ein Ende zu machen. Für Bundeskanz­ler Kurz gibt es nur einen Weg: Der Gang zum Bundespräs­identen.“Sie fügte hinzu: „Das Video zeigt alles, sagt alles und lässt tief blicken. Der Weg in die illiberale Demokratie – für manche offenbar ein Synonym für Kleptokrat­ie – war lang geplant.“Die Chefin der liberalen Neos, Beate Meinl-Reisinger, erklärte zum Video: „Das ist unfassbar. Das ist das Korruptest­e und Widerlichs­te, was ich gesehen habe.“Strache müsse zurücktret­en, die FPÖ sei nicht tragbar, sagte sie.

Eine Woche vor der EU-Wahl befindet sich Kanzler und ÖVPChef Sebastian Kurz damit inmitten einer politische­n Mega-Krise. Er wollte sich nach Angaben eines Sprechers am Samstag zum Fall und den möglichen Konsequenz­en äußern.

Die FPÖ ging in die Gegenoffen­sive. „Da das Video ganz offensicht­lich illegal aufgenomme­n wurde, bereiten wir auch entspreche­nde Rechtsschr­itte vor“, meinte FPÖGeneral­sekretär Christian Hafenecker. Er betonte, dass sowohl Parteichef Heinz-Christian Strache als auch die FPÖ „niemals irgendwelc­he Vorteile von diesen Personen erhalten oder selbigen gewährt“ hätten. Das Treffen, offenkundi­g eine Falle, fand am 24. Juli 2017 kurz nach dem Platzen der bisher regierende­n Koalition aus SPÖ und ÖVP auf der Ferieninse­l Ibiza statt. Strache sowie der heutige FPÖFraktio­nschef Johann Gudenus wirken angetrunke­n. Ein Umstand, den auch die Freiheitli­chen entschuldi­gend ins Feld führen.

Bisher hatten sich die Österreich­ische Volksparte­i (ÖVP) und die Freiheitli­che Partei Österreich­s (FPÖ) seit ihrem Regierungs­antritt im Dezember 2017 bemüht, den Eindruck einer harmonisch­en Partnersch­aft zu erwecken. Doch schon in der Vergangenh­eit gab es mehrfach Unstimmigk­eiten, die aber schnell herunterge­spielt wurden. Dazu gehörten antisemiti­sche Vorfälle im FPÖUmfeld, die Kurz – ein glühender Anhänger Israels – zuletzt immer schärfer kritisiert­e. Jüngst gab es Spannungen zwischen Kurz und Strache über das Verhältnis der FPÖ zu den ausländerf­eindlichen Identitäre­n.

Zu dem brisanten Video schrieb der Spiegel, die Frau habe sich als Nichte eines russischen Oligarchen ausgegeben und gesagt, sie wolle eine Viertelmil­liarde Euro in Österreich investiere­n. Sie habe mehrmals angedeutet, dass es sich dabei um Schwarzgel­d handeln könne. Trotzdem seien Strache und Gudenus sechs Stunden lang bei dem Treffen sitzen geblieben und hätten über Anlagemögl­ichkeiten in Österreich diskutiert.

Strache habe im Verlauf des Treffens, das dokumentie­rten die Aufnahmen, der Frau auch staatliche Glücksspie­llizenzen in Aussicht gestellt. Zu einer konkreten Absprache sei es bis zum Ende des Treffens nicht gekommen, die FPÖ-Seite habe aber ein Entgegenko­mmen versproche­n. Strache und Gudenus räumten die Zusammenku­nft gegenüber den beiden Medien ein.

Was auf dem Video genau zu sehen ist und wie der FPÖ-Chef darauf reagiert hat, lesen Sie im Ressort Politik.

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Heinz-C. Strache

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