Koenigsbrunner Zeitung

Staatsauft­räge für Wahlkampfh­ilfe?

Affäre Österreich­s Vizekanzle­r Strache gerät durch ein heimlich erstelltes Video unter Druck

- VON MICHAEL KERLER

Wien Auf dem Tisch stehen Flaschen, Österreich­s FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache fläzt sich auf einem Sofa, eine Zigarette in der Hand, neben ihm eine Frau in einem gold-schwarzen Oberteil. Im Zimmer ist eine vermeintli­che russische Oligarchin. Dazu ein Mann, der zwischen dem Deutschen und dem Russischen hin- und herüberset­zt: FPÖ-Fraktionsc­hef Johann Gudenus. Ein Video, das bei einem Treffen am 24. Juli 2017 auf der Ferieninse­l Ibiza entstanden sein soll, bringt Österreich­s Vizekanzle­r massiv in Bedrängnis. Denn darin stellt er der vermeintli­chen russischen Oligarchin Staatsauft­räge in Aussicht, wenn sie nur die rechtsgeri­chtete FPÖ im Wahlkampf hinreichen­d unterstütz­t.

Das Video ist dem Spiegel und der Süddeutsch­en Zeitung zugespielt worden. Die Medienhäus­er haben die Aufnahmen auf ihre Echtheit prüfen lassen. Strache ist offenbar einer Falle aufgesesse­n. Seine Aussagen aber bergen politische­n Zündstoff. Im Video ist zu sehen, wie die Runde bei dem Treffen im Juli 2017 auf Ibiza die Möglichkei­t einer Übernahme der Kronen Zeitung durch die Russin auslotet. Die Zeitung könne – so Strache – im Fall eines Kaufs kurz vor der Wahl zugunsten der FPÖ Partei ergreifen. Strache meinte, dass die FPÖ dann nicht mit 27, sondern 34 Prozent rechnen könne. Als Gegenzug für die Unterstütz­ung sei zum Beispiel die Vergabe öffentlich­er Aufträge an zu gründende Bauunterne­hmen der Oligarchin denkbar.

Im Video sagte Strache zum Beispiel: „Wenn sie (also die Russin) die Kronen Zeitung übernimmt drei Wochen vor der Wahl und uns zum Platz eins bringt, dann können wir über alles reden.“Gemeint sind Bauaufträg­e, denn Strache fährt fort: „Dann soll sie eine Firma wie die Strabag gründen. Alle staatliche­n Aufträge, die jetzt die Strabag kriegt, kriegt sie dann.“

Der FPÖ-Chef ist kaum zu bremsen: „Das Erste in einer Regierungs­beteiligun­g, was ich heute zusagen kann: Der Haselstein­er kriegt keine Aufträge mehr!“Gemeint sei Hans Peter Haselstein­er, der langjährig­e Vorstandsv­orsitzende und Miteigentü­mer des österreich­ischen Baukonzern­s Strabag.

Auch einen Plan, wie es nach einer russischen Übernahme der Kronen Zeitung weitergehe­n könnte, spinnt Strache noch vor Ort: „Sobald sie die Kronen Zeitung übernimmt, müssen wir ganz offen reden, da müssen wir uns zusammenho­cken. Zack, zack, zack. Drei, vier Leute, die müssen wir pushen. Drei, vier Leute, die müssen abserviert werden“, sagt er.

Die Frau hatte sich als Nichte eines russischen Oligarchen ausgegeben und gesagt, sie wolle eine Viertelmil­liarde Euro in Österreich investiere­n. Strache legt dar, wie auch andere Firmen und Personen Gelder bereitstel­len: „Es gibt ein paar sehr Vermögende. Die zahlen zwischen 500000 und anderthalb bis zwei Millionen... Ich kann ein paar nennen, die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnütz­igen Verein.“Als Spender nennt er den Immobilien­unternehme­r René Benko, Kaufhaus-Erbin Heidi Horten und den Waffenhers­teller Glock. Fraktionsc­hef Gudenus macht dazu Posen, als würde er schießen. Sowohl Glock, Benko als auch Horten haben laut Spiegel die Behauptung­en dementiert.

Da Video spielt vor der letzten Parlaments­wahl in Österreich, nach der die jetzt regierende Koalition aus ÖVP und FPÖ zustande kam. Unklar war, wer die Falle gestellt hat: Um die Quellen zu schützen, machte der Spiegel keine Angaben. Strache und Gudenus räumten die Zusammenku­nft ein. Es sei „ein rein privates“Treffen in „lockerer, ungezwunge­ner und feuchtfröh­licher Urlaubsatm­osphäre“gewesen, teilte Strache schriftlic­h mit. „Auf die relevanten gesetzlich­en Bestimmung­en und die Notwendigk­eit der Einhaltung der österreich­ischen Rechtsordn­ung wurde von mir in diesem Gespräch bei allen Themen mehrmals hingewiese­n.“

„Im Übrigen“, schrieb Strache, „gab es neben dem Umstand, dass viel Alkohol im Laufe des Abends gereicht wurde, auch eine hohe Sprachbarr­iere.“Strache spricht im Video Deutsch.

 ?? Foto: Spiegel/Süddeutsch­e Zeitung, dpa ?? Die Videofalle von Ibiza: Österreich­s Vizekanzle­r Strache (rechts), dazu der FPÖ-Politiker Johann Gudenus.
Foto: Spiegel/Süddeutsch­e Zeitung, dpa Die Videofalle von Ibiza: Österreich­s Vizekanzle­r Strache (rechts), dazu der FPÖ-Politiker Johann Gudenus.

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