Koenigsbrunner Zeitung

Verbot für Kopftuch in der Schule?

Integratio­nsbeauftra­gte für rechtliche Prüfung

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Berlin Zieht Deutschlan­d nach dem Kopftuchve­rbot an Schulen in Österreich nach? Die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte am Freitag zumindest die Prüfung eines Verbots. Mehrere Unionspoli­tiker arbeiten bereits daran. Der Lehrerverb­and ist ebenfalls für ein Kopftuchve­rbot. Es gibt aber auch viele, die sich kritisch äußern und rechtliche Bedenken anmelden. Der Bild-Zeitung sagte WidmannMau­z: „Dass kleine Mädchen Kopftuch tragen, ist absurd – das sehen auch die meisten Muslime so. Alle Maßnahmen, die Mädchen davor schützen – vom Elterngesp­räch bis zum Verbot – sollten geprüft und angegangen werden“.

In Deutschlan­d tritt laut Gesetz mit dem 14. Geburtstag die sogenannte Religionsm­ündigkeit ein. Fraglich ist jedoch, ob Kopftücher für Schülerinn­en unter 14 Jahren überhaupt verboten werden dürften. Der Wissenscha­ftliche Dienst des Bundestage­s kommt in einer Einschätzu­ng von 2017 zu dem Ergebnis, dass ein Kopftuchve­rbot für Schülerinn­en verfassung­srechtlich „wohl nicht zulässig“wäre und bezieht sich dabei unter anderem auf die Rechtsprec­hung des Bundesverf­assungsger­ichts bei Lehrerinne­n mit Kopftuch.

Es geht bei der Frage unter anderem um das Recht auf Religionsf­reiheit – Artikel 4 des Grundgeset­zes. Die baden-württember­gische Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) sieht daneben Schwierigk­eiten, ein Kopftuchve­rbot in der Praxis durchzuset­zen – wegen der Schulpflic­ht. Man könne ja die Kinder nicht einfach vom Unterricht ausschließ­en, sagte sie. Ablehnend äußerte sich auch Melanie Leonhard (SPD), Senatorin für Integratio­n in Hamburg. Ihr sei wichtiger, dass alle Mädchen eine gute Schulbildu­ng bekommen – mit Kopftuch oder ohne. „Die Glaubensau­sübung ist ein hohes Rechtsgut in Deutschlan­d, über das man sich nicht hinwegsetz­en sollte“, sagte die brandenbur­gische Bildungsmi­nisterin Britta Ernst (SPD.

Der ehemalige bayerische Justizmini­sters Winfried Bausback (CSU) schlägt vor, beim „Gesetz über die religiöse Kindeserzi­ehung“anzusetzen, das die Beziehunge­n von Eltern und Kindern in Religionsf­ragen regelt. Kritiker aber zweifeln am Sinn eines Verbots. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE), der nach eigenen Angaben mehr als 160 000 Pädagoginn­en und Pädagogen vertritt, lehnt im Gegensatz zum Lehrerverb­and ein Kopftuchve­rbot an Schulen ab. Ihm seien keine Beispiele bekannt, dass das Tragen von Kopftücher­n bei Schülerinn­en an sich schon zur Störung des Schulfried­ens geführt habe, sagte VBE-Chef Udo Beckmann am Freitag.

Genaue Zahlen, um wie viele Mädchen mit Kopftuch es eigentlich geht, gibt es nicht. Die spontane Nachfrage bei einer Grundschul­e im Ruhrgebiet am Freitag zeigt: Das Kopftuch bei Mädchen ist dort kein Thema. Felix Busch, Leiter der Hövelschul­e im Essener Stadtteil Altenessen-Süd mit 330 Kindern, davon 190 mit muslimisch­em Hintergrun­d, sagte der Deutschen PresseAgen­tur: Bei ihm gebe es keine kopftuchtr­agenden Kinder. „Ich halte eine Regelung an Grundschul­en für überflüssi­g, weil es einfach kein Thema ist“.

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Foto: Daniel Bockwoldt, dpa Bald verboten? Junge Schülerin mit Kopftuch.

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