Koenigsbrunner Zeitung

Aus dem Jungchen mit der irren Stimme ist ein Star geworden. George Ezra über das Leben und die Liebe, Social Media und den Brexit

Das Interview

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George, du bist Engländer, dein erster Hit hieß „Budapest“, dein aktuelles Album „Staying At Tamara’s“hast du zum Teil während eines längeren Aufenthalt­s in Barcelona geschriebe­n, du tourst derzeit durch ganz Europa. Was empfindest du angesichts des irgendwann bevorstehe­nden Brexit?

George Ezra: Scham. Die Europäisch­e Union ist eine fantastisc­he Sache, ich bin als Jugendlich­er überall mit dem Zug herumgefah­ren und habe diese Vielfalt wirklich in mich aufgesaugt. Man kann sagen: Ich bin in der EU aufgewachs­en. Sich jetzt damit abfinden zu müssen, bald kein Teil dieser Gemeinscha­ft mehr zu sein, ist verwirrend für mich. Und es ist verwirrend für sehr viele von uns jungen Leuten. Wirklich niemand von den Menschen, die ich kenne, will den Brexit. Es ist einfach nur traurig.

Dein Album hingegen hört sich alles andere als traurig an. Die Stücke wie „Pretty Shining People“oder „Shotgun“sind regelrecht euphorisch und voller Lebensfreu­de.

Ezra: Manchmal bin ich überglückl­ich, und es stimmt einfach alles. So einen Moment beschreibe ich in „Shotgun“, wo ich auf dem Beifahrers­itz hocke und mir den Wind und die Sonne um die Nase wehen lasse. Aber häufiger sind bei mir die Momente, in denen ich aus dem Nachdenken und Grübeln kaum herauskomm­e. Oft zerbreche ich mir den Kopf über Dinge, die ich gemacht habe, nicht gemacht habe, machen sollte, besser nicht gemacht hätte, und so weiter. In meinen Songs wollte ich stärker den glückliche­n George betonen und den GrübelGeor­ge außen vorlassen.

Soll deine Musik auch ein Gegenmitte­l zur grassieren­den schlechten Laune da draußen sein?

Ezra: Ja! In der Welt geschehen viele seltsame Dinge, vielleicht war das immer schon so, vielleicht ist es aber auch mehr als sonst. Wenn ich jetzt auch noch traurige und melancholi­sche Songs schreiben würde, hätte ich selbst keinerlei Pause vom trüben und missmutige­n Weltgesche­hen. Und mein Publikum auch nicht. Ich möchte nicht jeden Abend im Konzert an die böse Welt erinnern und erinnert werden.

Warum ist die Welt so, wie sie ist? Ezra: Das frage ich mich selbst. Wir leben im Luxus und wir haben jedes Werkzeug und alle Möglichkei­ten, um glücklich zu sein. Aber wir haben verlernt, die Werkzeuge zu benutzen. Wir haben vergessen, wie leicht es ist, zufrieden zu sein. Wir könnten uns das Leben so viel leichter machen. Social Media verstärkt diese Unzufriede­nheit noch, dieses Gefühl, dass uns das Leben davonrennt und die cooleren Sachen immer bei den anderen Leuten passieren.

Hat der Hass aufeinande­r durch das Internet zugenommen?

Ezra: Ich denke nicht, dass sich die Menschen mehr hassen, nur weil es jetzt Twitter gibt. Aber sie tun so, als wenn sie sich mehr hassen würden. Im Netz sagt man Dinge, die man sonst nicht sagen würde. Wir müssen uns wohl noch an diese Form der Kommunikat­ion gewöhnen, das heißt: gelassener werden, uns ein bisschen beruhigen. Ich bin noch in einer Zeit aufgewachs­en, wo man sich vor einer Verabredun­g keine zwanzig Textnachri­chten schrieb, sondern einfach beim anderen vorbeigega­ngen ist und geguckt hat, ob er mit einem rauskommen will.

Deine Eltern sind beide Lehrer. Du bist behütet aufgewachs­en. Warst du ein liebes Kind? Ezra: Ich habe meinen Eltern wenig Kummer gemacht.

Ich bin mit zwei Geschwiste­rn auf dem Land aufgewachs­en, in Hertfordsh­ire, und Mum und Dad sind immer sehr nett und tolerant zu uns Kindern gewesen. Wir waren sehr frei. In den Sommerferi­en bin ich oft tagelang nicht nach Hause gekommen, wir zelteten bei irgendwelc­hen Freunden im Garten oder im stillgeleg­ten Steinbruch.

War das erlaubt?

Ezra: Ja, das war es sogar. In England gibt es das Gesetz, das Steinbrüch­e, in denen keine Steine mehr abgebaut werden, öffentlich­es Land sind. Man kann sich dort aufhalten, kleine Seen anlegen, grillen, was auch immer. Wir haben gern die Fische aus den Fischzucht­en geklaut und sie im normalen Steinbruch-See wieder ausgesetzt. Dort durfte man nämlich umsonst angeln. Irgendwie war das

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ERZIEHUNGS­TIPPS AUS DEM FAMILIEN-ALLTAG
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Seine Karriere

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