Bestattungen sind hier besonders teuer
Beim Vergleich der Friedhofsgebühren in größeren bayerischen Städten fällt Augsburg unangenehm auf. Nicht nur Bürger sind sauer, sondern auch Bestattungsunternehmer
Der Tod kostet das Leben – und in Augsburg besonders viel Geld. Die Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas hat die Friedhofsgebühren in größeren bayerischen Städten verglichen. Ergebnis: Augsburg liegt mit Abstand an der Spitze. Die Kosten für Hinterbliebene sind danach deutlich teuerer als in München, Würzburg oder Regensburg. Das ärgert nicht nur Bürger. Auch aus den Reihen der Bestattungsunternehmer kommt Kritik.
Die Debatte über hohe Gebühren im Friedhofswesen ist nicht neu. Ein aktueller Fall hat sie aber wieder angeheizt. Der Augsburger Manfred Saur war empört, weil er bei der Trauerfeier für seine Lebensgefährtin auf dem Westfriedhof zwei Lieder auf einer CD-Anlage abspielen ließ und die Stadt ihm allein dafür 100 Euro in Rechnung stellte – zuzüglich zu den Gebühren für die Nutzung der Aussegnungshalle. Saur hält die städtische Forderung für die Musikanlage für „völlig überzogen“. Er legte Widerspruch bei der Regierung von Schwaben ein, um den Streitfall klären zu lassen.
Bestattungsunternehmerin Anita Ponzio kann den Ärger des Hinterbliebenen gut verstehen. Auch sie ist der Meinung, dass die Gebühren für die Nutzung der CD-Anlage viel zu hoch sind. Ponzio wirft der Stadt „Geschäftemacherei“vor. Sie macht eine Rechnung auf: Danach würde die Friedhofsverwaltung bei 1000 Beerdigungen mit Musik allein mit der CD-Anlage rund 64 000 Euro Gewinn machen – nach Abzug aller Ausgaben. Bei der Stadt ist Referent Reiner Erben (Grüne) fürs Friedhofswesen zuständig. Er sagt, die Gebühr sei gerechtfertigt und verweist auf die anfallenden Kosten für Personal und Technik. Angehörige hätten auch die Möglichkeit, ein eigenes Gerät mitzubringen.
Die 100-Euro-Gebühr für die Musikanlage bei Trauerfeiern ist aber nur ein Ärgernis. Bestattungsunternehmerin Ponzio kritisiert, die Stadt Augsburg bürde Hinterbliebenen insgesamt zu hohe Gebühren auf. „Ich halte es langsam für eine Abzocke, denn die Leute haben ja keine Wahl.“Sie sagt, die Friedhofs- und Bestattungskosten hätten sich innerhalb weniger Jahre fast verdoppelt. Manche Positionen seien sogar dreimal so teuer geworden.
Sie nennt Beispiele: Danach erhöhte die Stadt die Kosten für eine Urnenbeisetzung von früher rund 150 Euro auf aktuell 396,50 Euro – also auf weit mehr als das Doppelte. Darüber hinaus müssen Angehörige in Augsburg bei einem Todesfall die Friedhofsgebühren für 15 Jahre im voraus bezahlen. Das macht weitere 435 Euro. Ponzio sagt, sogar die preisgünstigste Form der Beisetzung sei wesentlich teurer geworden. Eine anonyme Bestattung ohne Namen auf der Friedhofswiese koste jetzt 1011,50 Euro. Dabei werde diese Möglichkeit immer häufiger nachgefragt, von Leuten, die kein Geld haben.
Dass an der Kritik etwas dran ist, muss auch Referent Erben einräumen. Er sagt jedoch, die Bestattungs- und Friedhofsgebühren hätten sich in den vergangenen fünf Jahren nur in Teilbereichen verdoppelt – etwa bei der Urnenbeisetzung. Bei der Erdbestattung sei der Preis annähernd gleichgeblieben. Bei den Grabgebühren lägen die Steigerungen zwischen zwei und 75 Prozent, je nach Art des Grabes.
Erben erläutert auch die Gründe der teils rasanten Preissteigerungen. Danach ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Friedhofsgebühren alle vier Jahre neu kalkuliert werden müssen. Dazu kommt, dass sich das Friedhofswesen aus den Gebühren selbst finanzieren muss. Erben zufolge wurde vor 2005 aus politischen Gründen nicht so stark an der Gebührenschraube gedreht. Deshalb hätten die Preise zuletzt deutlich erhöht werden müssen.
Aber auch der Wandel in der Bestattungskultur hat in Augsburg Folgen. Immer mehr Hinterbliebene wollen Urnenbeisetzungen und „pflegeleichte“Bestattungsformen. Familiengräber werden öfter aufgegeben, Grabstätten meist kürzer belegt. Dadurch verringern sich die städtischen Einnahmen deutlich. Erben zufolge mussten die anfallenden Kosten auf den Friedhöfen auf die verbleibenden Grabinhaber umgelegt werden.
Offenbar gingen die Gebühren im Friedhofswesen aber in Augsburg stärker nach oben als in anderen größeren bayerischen Städten. Nach einem Vergleich der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas nimmt Augsburg einen traurigen Spitzenplatz ein – weit vor Ansbach, Landshut, München, Bayreuth, Regensburg und Würzburg. Aeternitas ermittelte die jeweils günstigste Variante verschiedener Beisetzungsformen und erstellte eine Gesamtrechnung aus den verschiedenen Gebührenpositionen. Ergebnis: In Augsburg kostet die Bestattung im Erdreihengrab rund 2200 Euro, in einem Urnengrab rund 1700 Euro und eine Baumbestattung fast 2500 Euro. (Zu diesen Gebühren müssen Hinterbliebene noch die Ausgaben fürs Bestattungsunternehmen hinzurechnen.) Anders in München: Dort liegen die Kosten laut Aeternitas zwischen 400 und 1000 Euro niedriger.
Beim Bestatterverband Bayern weist man darauf hin, dass die Gebühren im Friedhofswesen kompliziert und schwer vergleichbar sind. Geschäftsstellenleiter Jörg Freudensprung wirft aber noch eine ganz andere Frage auf: „Warum müssen Friedhöfe immer kostendeckend arbeiten?“Schließlich seien sie ein Kulturgut, Ort der Trauer und Begegnungen und meist auch eine wertvolle grüne Lunge in der Stadt. Kommunen müssten sich deshalb fragen, ob es nicht sinnvoll wäre, Friedhöfe zu bezuschussen.
In Augsburg ist das bereits der Fall. Erben sagt, 2016 sei auf seinen Vorschlag ein jährlicher Zuschuss von 500 000 Euro für Grünbereiche und Denkmalschutz im Friedhofswesen beschlossen worden. Damit sollen die Gebühren künftig stabil gehalten werden. Auch die Stadt München bezuschusst seit Jahren die Pflege der grünen Zonen seiner Friedhöfe. »