Wie Bürger die Natur retten wollen
150 Teilnehmer – darunter viele Kinder und Jugendliche – sammelten Ideen bei den Workshops der „Zukunftswerkstatt“im Landratsamt. Warum Landrat Martin Sailer diesen Prozess angestoßen hat
Landkreis Landwirte, Naturschützer, Schüler, Bürgermeister, Hausfrauen und Städteplaner – 150 Bürger aller Berufe und Altersklassen trafen sich gestern zur „Zukunftswerkstatt Umwelt“im Landratsamt. Eingeladen hatte Landrat Martin Sailer, der nun beim Thema Umwelt Ernst machen will: „Ich möchte wissen, wie wir rasch, aber langfristig etwas zum Positiven verändern können“, so Sailer.
Die Zukunftswerkstatt mit sechs Workshops will der CSU-Politiker als Startschuss für einen nachhaltigen Prozess verstanden wissen, der ein Umdenken hervorruft und jeden Einzelnen dazu motiviert, etwas für die Umwelt zu tun. Ziel war es, in Gruppen Vorschläge zu erarbeiten, wie man die Artenvielfalt verbessern und den Flächenverbrauch reduzieren kann.
Denn wie Claus Kumutat, Präsident des Landesamts für Umwelt, zu Beginn der Veranstaltung in einem Kurzvortrag schilderte, hat die Gesellschaft guten Grund, endlich zu handeln: Das Artensterben schreitet seit Jahrzehnten immer mehr voran, heute sind die Hälfte aller Insektenarten bedroht und bei den Pflanzen ist die Lage noch schlechter: Hier gelten nur noch ein Viertel als ungefährdet. „Alles hängt zusammen, alle Arten haben einen Sinn und eine Funktion“, so Kumutat. Die Gründe für das Artensterben sind vielfältig, aber die Hauptübel sind klar identifiziert: Der Flächenverbrauch ist zu hoch, die Belastung der Umwelt durch Pestizide auch. Aufgabe der Workshops war aber nicht, das große Ganze zu beleuchten, sondern konkrete Ideen zu entwickeln, wo der einzelne Bürger etwas für die Umwelt tun kann.
Und diese kleinen Veränderungen waren dann auch die Ergebnisse aus den einzelnen Workshops: Wie erwartet konnte sich die größte Gruppe „Kommunen, Gewerbe und Industrie“mit 50 Teilnehmern gerade mal etwas „warm reden“bevor die Zeit um war. Sie wollen sich bald wieder treffen und weiter diskutieren. Vorschläge waren aber, aus ökologischen Ausgleichsflächen hochwertige Biotope zu machen, Häuser und Parkplätze mehr in die Höhe zu bauen und den ÖPNV zu verbessern. Außerdem sollten die Kommunen besser kooperieren und die Bauhöfe sollten sich bei der Grünpflege besser auskennen.
Die Jugendlichen schlugen vor, die Menschen sollten weniger Fleisch essen, ihr Gemüse selbst an bauen und mehr Bioware kaufen.
Die Gruppe Landwirtschaft regte an, dass für mehr Artenvielfalt Saatgut bereitgestellt werden und es strengere Auflagen für die Bepflanzung öffentlicher Flächen geben sollte. Hier wurde wohl auch sehr kontrovers diskutiert.
Die „Initialzündung“für die Zukunftswerkstatt seien die Kinder und Jugendliche gewesen, die in seine Sprechstunde gekommen sind, weil sie sich Sorgen um die Umwelt machen, so Landrat Martin Sailer. „Das muss man ernst nehmen“, sagte er, „und die Politik muss hier Antworten geben.“Dass gerade die CSU bisher nicht gerade Vorreiter in Sachen Umweltschutz war, lässt er nicht gelten: „Ob das jetzt zu früh oder zu spät kommt, ist dabei nicht das Thema.“Vielmehr verspricht er den Teilnehmern, dass die Zukunftswerkstatt keine einmalige Angelegenheit sein wird und das Engagement für den Umweltschutz keine Eintagsfliege. Die Ergebnisse sollen weiter entwickelt und wenn möglich in die Praxis umgesetzt werden.
Rainer Braune und Gabriela Graf-Braune aus Hainhofen sind beim Bund Naturschutz aktiv und finden es gut, dass der Landkreis nun beim Thema Umweltschutz aktiv wird. „Ich bin gespannt, ob die Ergebnisse dann auch in die Kreispolitik mit einfließen“, sagt Rainer Braune. Ein bisschen skeptisch sei er schon, da die CSU ja erst kürzlich die „grünen“Themen für sich entdeckt hat. Gabriela Graf-Braune sieht es positiv, dass die Politik nun die Proteste der Jugend ernst nimmt und Umweltthemen in den Fokus rücken. Silvia Dassler, Landratskandidatin der Grünen, sieht das ähnlich, „dennoch sind das ja Themen, auf die wir Grünen schon seit 40 Jahren hinweisen“, lächelt sie milde. Sie sei gespannt auf die Umsetzung. Franziska Erhard und Philip Saal sind beide 18 Jahre alt und gehen auf die FOS in Neusäß. „Auf den Freitagsdemos war ich nicht“, sagt Franziska, aber sie engagiere sich in ihrer Schule. „Da lernt man viel darüber, wie auch kleine Veränderungen viel bewirken können“, meint sie.