Wenn die Gefahr auf Rädern mitfährt
Pedelecs oder E-Bikes machen Spaß – aber nur, wenn man richtig mit ihnen umgehen kann
Landkreis Augsburg/Kutzenhausen Rauf auf den Sattel und ab geht die Post: Mit viel Schwung beginnt die Testfahrt auf dem Pedelec. Das Rad reißt förmlich mit. Wer den flotten Antritt nicht kennt, purzelt beim Anfahren schnell über den Sattel. Ein Anfängerfehler. „Das passiert leider immer wieder“, sagt Raimund Pauli. „Für untrainierte Fahrer wird’s schnell kritisch“, erklärt der Leiter der Polizeiinspektion Zusmarshausen, der zusammen mit seinem Kollegen Wolfgang Nowak zu einer Übungsstunde auf dem neuen Verkehrsübungsplatz in Kutzenhausen eingeladen hat. Am kommenden Dienstag werden sie bei einem allgemeinen Sicherheitstag auf dem Gelände erklären, auf was es bei den motorisierten Rädern ankommt. Und wie sich Unfälle verhindern lassen. Die gibt es immer wieder.
Tragisch endete im Sommer die Fahrt einer Frau auf einem E-Bike: Die 79-Jährige war nach Auskunft der Polizei in Lettenbach schnell unterwegs und übersah die Vorfahrt einer Autofahrerin. Beim Zusammenstoß zog sich die Frau schwerste Verletzungen zu, obwohl sie einen Helm getragen hatte. Im Krankenhaus starb die Seniorin.
Im vergangenen Jahr erfasste die Polizei 315 Radunfälle im Augsburger Land. Das geht aus der Unfallstatistik des Polizeipräsidiums Schwaben Nord hervor. In fast drei Viertel aller Fälle waren auch Radler die Unfallverursacher. Mit E-Bikes beziehungsweise Pedelecs verunglückten 25 Menschen – doppelt so viele wie im Vorjahr.
Dass eine Fahrt auf dem Elektrorad gefährlich sein kann, haben auch die Versicherer erkannt. Laut Allianz sei die Gefahr dreimal höher als auf einem normalen Fahrrad ohne Motor – das Alter spiele dabei keine Rolle. Eine erhöhte Unfallgefahr bestehe demnach nicht nur für Senioren. Das bestätigt Raimund Pauli: Im Fokus stünden untrainierte Fahrer.
Aus Paulis Erfahrung wird’s vor allem beim Anfahren und beim Bremsen gefährlich. Denn: Das Pedelec oder E-Bike verhält sich durch den verlagerten Schwerpunkt anders als vergleichbare Fahrräder. Stimmt: Beim Slalom durch die Hütchen auf dem Verkehrsübungsplatz schwingt das etwa 20 Kilogramm schwere Rad zwar gemütlich hin und her. Aber nur ein kleiner Lenkfehler, und es ist passiert: Die Masse des Rads schiebt förmlich vorwärts und die Pylone fällt. Das schwere Rad macht sich auch beim Bremstest bemerkbar: Um das Rad an der mit kleinen Hütchen markierten Linie zum Stehen zu bringen, hilft nur kräftiges Bremsen. Logisch: Wegen des höheren Gewichts verlängert sich der Bremsweg. Gefährlich wird’s zudem, wenn sich E-Biker ins Gelände wagen, das sie ohne Motorunterstützung sonst nicht erreicht hätten.
Berge oder Matschwege gibt es auf dem neuen Verkehrsübungsplatz in Kutzenhausen zwar nicht. Dafür aber einen Kreisverkehr oder eine Kreuzung mit Ampel – das Terrain eignet sich zum Praxistest, den die Polizei nächste Woche anbietet. Auch E-Bike-Neulinge sind eingeladen – denn für sie empfiehlt es sich, das Fahrverhalten abseits erst einmal in aller Ruhe kennenzulernen. Neben Pedelecs und E-Bikes stehen E-Scooter, E-Roller und ein Segway zum Test bereit. Wer will, kann auch sein eigenes Elektrorad mitbringen. Für die Pedelec-Fahrer wird auch ein Parcours mit Bremstest aufgebaut.
Die Verkehrswacht AugsburgLand baut außerdem einen E-BikeFahrsimulator auf, mit dem die eigene Reaktionsfähigkeit getestet werden kann. Neben der Praxis – auf eigene Gefahr – gibt es auch etwas Theorie: Wer will, kann sich über die statistischen Unfallzahlen der Region und über die rechtliche Einordnung der Fahrräder informieren.
OTermin Der Verkehrssicherheitstag zum Thema „E-Mobilität von Zweiradfahrern“findet am Dienstag, 15. Oktober, auf dem Verkehrsübungsplatz Kutzenhausen statt. Beginn ist um 15 Uhr, Ende um 19 Uhr mit Einbruch der Dunkelheit. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.