Koenigsbrunner Zeitung

Wenn die Gefahr auf Rädern mitfährt

Pedelecs oder E-Bikes machen Spaß – aber nur, wenn man richtig mit ihnen umgehen kann

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg/Kutzenhaus­en Rauf auf den Sattel und ab geht die Post: Mit viel Schwung beginnt die Testfahrt auf dem Pedelec. Das Rad reißt förmlich mit. Wer den flotten Antritt nicht kennt, purzelt beim Anfahren schnell über den Sattel. Ein Anfängerfe­hler. „Das passiert leider immer wieder“, sagt Raimund Pauli. „Für untrainier­te Fahrer wird’s schnell kritisch“, erklärt der Leiter der Polizeiins­pektion Zusmarshau­sen, der zusammen mit seinem Kollegen Wolfgang Nowak zu einer Übungsstun­de auf dem neuen Verkehrsüb­ungsplatz in Kutzenhaus­en eingeladen hat. Am kommenden Dienstag werden sie bei einem allgemeine­n Sicherheit­stag auf dem Gelände erklären, auf was es bei den motorisier­ten Rädern ankommt. Und wie sich Unfälle verhindern lassen. Die gibt es immer wieder.

Tragisch endete im Sommer die Fahrt einer Frau auf einem E-Bike: Die 79-Jährige war nach Auskunft der Polizei in Lettenbach schnell unterwegs und übersah die Vorfahrt einer Autofahrer­in. Beim Zusammenst­oß zog sich die Frau schwerste Verletzung­en zu, obwohl sie einen Helm getragen hatte. Im Krankenhau­s starb die Seniorin.

Im vergangene­n Jahr erfasste die Polizei 315 Radunfälle im Augsburger Land. Das geht aus der Unfallstat­istik des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord hervor. In fast drei Viertel aller Fälle waren auch Radler die Unfallveru­rsacher. Mit E-Bikes beziehungs­weise Pedelecs verunglück­ten 25 Menschen – doppelt so viele wie im Vorjahr.

Dass eine Fahrt auf dem Elektrorad gefährlich sein kann, haben auch die Versichere­r erkannt. Laut Allianz sei die Gefahr dreimal höher als auf einem normalen Fahrrad ohne Motor – das Alter spiele dabei keine Rolle. Eine erhöhte Unfallgefa­hr bestehe demnach nicht nur für Senioren. Das bestätigt Raimund Pauli: Im Fokus stünden untrainier­te Fahrer.

Aus Paulis Erfahrung wird’s vor allem beim Anfahren und beim Bremsen gefährlich. Denn: Das Pedelec oder E-Bike verhält sich durch den verlagerte­n Schwerpunk­t anders als vergleichb­are Fahrräder. Stimmt: Beim Slalom durch die Hütchen auf dem Verkehrsüb­ungsplatz schwingt das etwa 20 Kilogramm schwere Rad zwar gemütlich hin und her. Aber nur ein kleiner Lenkfehler, und es ist passiert: Die Masse des Rads schiebt förmlich vorwärts und die Pylone fällt. Das schwere Rad macht sich auch beim Bremstest bemerkbar: Um das Rad an der mit kleinen Hütchen markierten Linie zum Stehen zu bringen, hilft nur kräftiges Bremsen. Logisch: Wegen des höheren Gewichts verlängert sich der Bremsweg. Gefährlich wird’s zudem, wenn sich E-Biker ins Gelände wagen, das sie ohne Motorunter­stützung sonst nicht erreicht hätten.

Berge oder Matschwege gibt es auf dem neuen Verkehrsüb­ungsplatz in Kutzenhaus­en zwar nicht. Dafür aber einen Kreisverke­hr oder eine Kreuzung mit Ampel – das Terrain eignet sich zum Praxistest, den die Polizei nächste Woche anbietet. Auch E-Bike-Neulinge sind eingeladen – denn für sie empfiehlt es sich, das Fahrverhal­ten abseits erst einmal in aller Ruhe kennenzule­rnen. Neben Pedelecs und E-Bikes stehen E-Scooter, E-Roller und ein Segway zum Test bereit. Wer will, kann auch sein eigenes Elektrorad mitbringen. Für die Pedelec-Fahrer wird auch ein Parcours mit Bremstest aufgebaut.

Die Verkehrswa­cht AugsburgLa­nd baut außerdem einen E-BikeFahrsi­mulator auf, mit dem die eigene Reaktionsf­ähigkeit getestet werden kann. Neben der Praxis – auf eigene Gefahr – gibt es auch etwas Theorie: Wer will, kann sich über die statistisc­hen Unfallzahl­en der Region und über die rechtliche Einordnung der Fahrräder informiere­n.

OTermin Der Verkehrssi­cherheitst­ag zum Thema „E-Mobilität von Zweiradfah­rern“findet am Dienstag, 15. Oktober, auf dem Verkehrsüb­ungsplatz Kutzenhaus­en statt. Beginn ist um 15 Uhr, Ende um 19 Uhr mit Einbruch der Dunkelheit. Eine Anmeldung ist nicht erforderli­ch.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Die erste Fahrt mit einem Pedelec, das gemeinhin auch E-Bike genannt wird: Um das höhere Gewicht des Elektrorad­s durch den Slalomparc­ours zu lenken, braucht es viel Konzentrat­ion. Ein Fahrfehler und schon fällt die Pylone.
Foto: Marcus Merk Die erste Fahrt mit einem Pedelec, das gemeinhin auch E-Bike genannt wird: Um das höhere Gewicht des Elektrorad­s durch den Slalomparc­ours zu lenken, braucht es viel Konzentrat­ion. Ein Fahrfehler und schon fällt die Pylone.

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