Motte auf der Achterbahnfahrt der Gefühle
Morten, den alle nur „Motte“nennen, wird 16 und erlebt seine Jugend in den 1970er Jahren als Achterbahnfahrt der Gefühle. Seine Eltern trennen sich, sein bester Freund Bogi liegt krebskrank im Krankenhaus – und die von ihm angebetete Jacqueline küsst beim ersten Date im Kino einen anderen. Rotzig und trotzig stellt sich Motte all den Dramen, Irrungen und Wirrungen der Gefühle, geht zur Schule, raucht seinen ersten Joint – und Steffi, die Schornsteinfegerin, passt eh besser zu ihm als die blonde Jacqueline.
Mit „Blackbird“gelingt dem Schauspieler Matthias Brandt (er debütierte 2016 mit dem Erzählband „Raumpatrouille“) ein reifer Roman über die Jugend. Erzählt aus der Perspektive von Motte, der sich auf alles in der Welt einen Reim zu machen versucht, hält das Buch einen Jargon durch, der ab und zu wie ein Tinnitus nervt, dessen Sound insgesamt aber unterhaltsam, originell, süffig und wahrhaftig durch die Geschichte trägt.
Matthias Brandt hat Sinn für Details und atmosphärische Dichte. Er unterläuft Erwartungen. Wie er Welt und Weltschmerz des 16-Jährigen Motte zeichnet und sein Vokabular entwickelt, ist nicht anbiedernd. Wenn es zu artifiziell zu werden droht, versteht der Autor seine Geschichte aufzurauen. Gelegentlich wirkt die distanzierte Selbstreflexion Mottes und seine Beschreibungskraft samt ironischer Raffinesse zwar eher wie die eines klugen Erwachsenen. Aber, echt jetzt, das Buch ist klasse. Michael Schreiner