Betrugs-Prozess: Geschwister verurteilt
Die Firmenwelten-Gruppe brachte hunderte Kleinanleger um Millionen. Das Landgericht Augsburg hat jetzt ein Urteil gegen vier Verantwortliche gefällt. Die Strafkammer sieht den Haupttäter aber woanders
Im Prozess um den Millionen-Betrug der „Firmenwelten“-Unternehmensgruppe sind drei Verantwortliche vom Landgericht Augsburg zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden. Die 9. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Christian Engelsberger verurteilte eine 39-jährige Frau zu drei Jahren und zehn Monaten Haft wegen Betruges und ihren 36-jährigen Bruder zu zwei Jahren zehn Monaten Haft wegen Beihilfe dazu. Beide sitzen seit über einem Jahr in Untersuchungshaft.
Die beiden Geschwister hatten im umfangreichen Firmengeflecht Geschäftsführerposten inne. Unternehmen der Gruppe hatten Kleinanleger mit hohen Renditeversprechen gelockt, diese aber nicht einlösen können, da hinter den vollmundigen Ankündigungen zumeist gar keine tatsächliche Geschäftstätigkeit bestand. Hunderte Anleger verloren im Schneeballsystem viel Geld, manche mehr als 100 000 Euro, ihre komplette Altersvorsorge oder das geplante Erbe für ihre Kinder. Insgesamt geht der Schaden in die Millionen. Getätigt wurden die kriminellen Geschäfte teils auch von Augsburg aus.
Ein ehemaliger Vertriebsleiter einer der Firmen wurde wegen Betruges ebenfalls zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt. Eine weitere Angeklagte, eine Schwester der beiden zu Gefängnisstrafen verurteilten Geschwister, erhielt eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten wegen Insolvenzverschleppung und Schwarzarbeit. Sie hatte für kurze Zeit ebenfalls eine Geschäftsführer-Position im Firmengeflecht inne, die Vorwürfe gegen sie waren im Laufe des komplexen Prozesses aber deutlich zusammengeschmolzen. Auch von den Vorwürfen gegen die beiden anderen Geschwister blieb weniger übrig als zunächst angeklagt. Hintergrund des Urteils war ein Deal, also eine Verständigung im Strafprozess, den die Anwälte der Geschwister mit der Staatsanwaltschaft geschlossen hatMit dem Urteil blieb die Kammer bei den Geschwistern am unteren Ende des vereinbarten Strafrahmens. Alle Angeklagten hatten im Laufe der 21 Verhandlungstage Geständnisse abgelegt.
Richter Engelsberger sagte in der Urteilsbegründung, das Anlagesystem sei von Anfang an auf Betrug ausgelegt gewesen. Insgesamt seien zwölf Millionen Euro Anlegergelder in die vermeintlichen Produkte der Firmenwelten-Gruppe geflossen, doch praktisch nichts davon in die beworbenen Geschäftsideen. Diese seien „Luftnummern“gewesen, sagte Engelsberger. Unter anderem war mit technischen Geräten um Anlegergelder geworben worden, die angeblich in der Lage sein sollten, Stromkosten zu halbieren. Zudem investierten Anleger in die „Wurstwelten“-GmbH aus Bielefeld, die in ein paar wenigen Filialen in Nordrhein-Westfalen Fleischwaren verkaufte. Wie bei anderen Anlagemodellen auch hieß es, es gehe um satte 15 Prozent Rendite. Ein funktionierendes Geschäftsmodell stand aber auch in dem Fall nicht dahinter, die wenigen Läden blieben hochdefizitär, andere kamen, anders als gegenüber den Kleinanlegern angekündigt, nicht dazu.
Als Hauptverantwortlichen für das Betrugsmodell sahen alle Beteiligten im Gerichtssaal jemanden, der nicht auf der Anklagebank saß: den Vater der drei Geschwister. Er sei der Initiator und Profiteur des Systen. tems gewesen, sagte Richter Engelsberger beim Urteil. Der Mann ist im Jahr 2015 in die USA gezogen, hat dort nach Erkenntnissen des Gerichtes Anlegergelder zunächst in eine teure Villa gesteckt und ist seither für die deutsche Justiz offenbar nicht greifbar. Der Mann habe die Angeklagten „nicht in seine Pläne eingeweiht“und sie manipuliert, sagte Engelsberger. Auch weitere Personen seien in das System eingebunden gewesen und manipuliert worden, sie hätten sich aber auch manipulieren lassen. Die Geschwister hatten in dem Ermittlungsverfahren gegen den Vater vorm Ermittlungsrichter ausgesagt und den Mann belastet. Sollte der Vater hier vor Gericht gestellt werden, können diese Aussagen im Prozess verwendet werden, auch wenn sich die Geschwister dann entscheiden sollten, als Zeugen zu schweigen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.