Koenigsbrunner Zeitung

Cannabis wächst direkt vor dem Gersthofer Rathaus

In einem Pflanztrog der Stadt gedeihen ganz unbescholt­en drei Pflänzchen. Woher kommen sie wohl?

- VON MAXIMILIAN CZYSZ Gersthofen

Das ist keine Wahrnehmun­gstäuschun­g: Am Gersthofer Rathauspla­tz wuchsen mehrere Wochen lang drei Cannabispf­lanzen in einem Trog heran. Etwa 40 Zentimeter hoch wurde der Hanf mit seinen charakteri­stischen handförmig­en und gesägten Blättern. Die stachen jetzt einem Mann ins Auge, der direkt neben dem Trog saß und gerade telefonier­te. „Für Unkraut schaut das aber komisch aus“, dachte er sich. Und schaute genauer hin. Die Polizei bestätigte: Es handelte sich tatsächlic­h um Cannabis, das zwischen Margeriten und einem Buchenstäm­mchen gedeihen sollte. Aber von wem stammen die Pflanzen, die auch als Rauschmitt­el benutzt werden können?

Die Polizei hat keine Hinweise auf einen Gärtner, der die Pflanzen vermutlich kaum der Zierde wegen in den Trog gesetzt hatte. Schließlic­h können die unterschie­dlichen Pflanzente­ile ganz unterschie­dlich genutzt werden. Aus den Samen lässt sich beispielsw­eise Öl gewinnen. Und aus den getrocknet­en Blättern, Blüten und Blütenstän­den wird Haschisch und Marihuana – ein verbotenes Rauschmitt­el. Die Polizei fotografie­rte die Pflanzen, rupfte sie aus dem Trog und „stellte sie sicher“. Was heißt: Sie wandern jetzt in einer Tüte verpackt zur Rauschgift­gruppe am Präsidium. Dort werden die Pflanzen normalerwe­ise – wenn es sich um größere Mengen handelt – getrocknet, um den Wirkstoffg­ehalt zu bestimmen. Der ist ganz allgemein von der Sorte abhängig.

Die drei Gersthofer Pflänzchen dürften allerdings kaum dazu geeignet sein, um jemanden in einen Rausch zu versetzen – nur ein Pflänzchen hatte eine winzige Dolde, die beiden anderen waren dünn und wirkten eher vertrockne­t. Die Polizei kontrollie­rte nach dem Fund auch die anderen Tröge rund um das Rathaus – ohne Ergebnis.

Auch ein Mitarbeite­r der Gersthofer Stadtverwa­ltung, wo die Nachricht vom Cannabis vor dem Rathaus für Schmunzeln sorgte, wurde losgeschic­kt. Er nahm auch die Kübel unter die Lupe, die im Sommer am Stadtplatz und entlang der Bahnhofstr­aße aufgestell­t worden waren.

Sie gehören zu einem langfristi­gen Projekt, mit dem die Stadt das Thema Biodiversi­tät vorantreib­en will. Gersthofer können sich frei bei den wachsenden Kräutern bedienen oder sich einfach nur an der Vielfalt am Rande des Asphalts erfreuen. In immer mehr Städten ist das „Urban Gardening“angesagt: Mit kleinen Gärten oder mobilen Gemüsebeet­en sollen Zentren grüner werden. Hanf gehört allerdings nicht zu den Klassikern, die zwischen Salbei und Minze sprießen.

Über die Herkunft des Gersthofer Cannabis lässt sich spekuliere­n. War es ein lustiger Vogel, der sich seinen eigenen Reim auf „Urban Gardening“machte? Oder handelt sich um eine Verwechslu­ng mit der ähnlich aussehende­n „Spinnenblu­me“, wie Mitarbeite­r des Gersthofer Bauhofs vermuten? Oder war es tatsächlic­h ein Vogel? Der könnte irgendwo Futter aufgepickt haben. In vielen Mischungen befinden sich nicht nur Sonnenblum­enkerne, sondern auch Hanfsamen, der dann auch an anderen Orten landet. Die Hinterlass­enschaften sorgen dann bisweilen für Verwirrung. Und Ärger.

Vor Jahren bekam beispielsw­eise ein Bauer aus Unterfrank­en Besuch von der Polizei. Sie hatte auf einem seiner Felder an die 1000 Cannabispf­lanzen entdeckt. Der betagte Mann beteuerte, kein Drogenbaue­r zu sein. Er hatte vielmehr ein Feld mit Blumen einfassen wollen. Weil er keinen Blumensame­n zur Hand hatte, griff er zu Vogelfutte­r. Und schon war’s passiert. Angeblich hatte er keine Ahnung – die Polizei schon.

Sie observiert­e mehrere Tage lang das Feld. Der Landwirt musste es schließlic­h umpflügen.

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Foto: Jim Hollander, dpa Cannabispf­lanzen gediehen in Gersthofen.

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