Koenigsbrunner Zeitung

Die großen Bahnbauste­llen

Die Bundespoli­tik hat ihre Liebe zur Bahn entdeckt. Das kann der Reaktivier­ung der Staudenbah­n neuen Schub verleihen. Doch für das wichtigste Bahnprojek­t im Kreis könnte der Schuss am Ende nach hinten losgehen

- VPN CHRISTOPH FREY

Der Öffentlich­e Personenna­hverkehr (ÖPNV) erhält zusätzlich­e Milliarden vom Bund. Hoffnung für Bahnkunden im Augsburger Land?

Landkreis Augsburg/Berlin Hoffnung für Bahnkunden im Augsburger Land? Der Öffentlich­e Personenna­hverkehr (ÖPNV) erhält zusätzlich­e Milliarden vom Bund. Der Bundestag beschloss am Donnerstag Änderungen im Regionalis­ierungsges­etz und im Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz. Die darin festgeschr­iebenen Finanzhilf­en für Länder und Kommunen werden aufgestock­t – hauptsächl­ich für den Ausbau des Schienenna­hverkehrs. Hintergrun­d sind der Klimaschut­z und die damit verbundene Absicht, die Bahn attraktive­r zu machen. Dieses Ziel wird im Augsburger Land schon seit Jahrzehnte­n verfolgt. Doch der Ausbau der Infrastruk­tur kommt nicht so richtig voran, Bund und Land stellten sich lange taub. Vier große Baustellen gibt es im Landkreis, vor allem zwei sorgten zuletzt für Schlagzeil­en. Wie ist dort die Situation?

● Staudenbah­n Für die Reaktivier­ung des regelmäßig­en Personenna­hverkehrs könnte die Berliner Entscheidu­ng tatsächlic­h einen wichtigen Impuls geben. Denn beworden sei nicht nur eine Aufstockun­g der Gelder, sondern auch, dass sich der Bund an der Reaktivier­ung von Strecken finanziell beteiligen dürfe, so der Neusässer Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz gegenüber unserer Zeitung: „Das war bisher nicht möglich.“Verteilt werden sollten die Gelder vom Land, viele Details seien noch offen, sagte Durz gestern. Doch ein Vorbild, wie es laufen könnte, gibt es offenbar schon. Die stillgeleg­te Bahnlinie zwischen Dombühl über Dinkelsbüh­l nach Nördlingen kann laut Medienberi­chten von dieser Woche in absehbarer Zeit reaktivier­t werden. Vom Bund könne jetzt mit einer Förderung von bis zu 90 Prozent der Investitio­nskosten für die Gleis-Ertüchtigu­ng gerechnet werden, Grundlage sei das geänderte Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz. Bislang war die Reaktivier­ung der Bahnstreck­e an den auf mehr als 20 Millionen Euro geschätzte­n Instandset­zungskoste­n gescheiter­t, die der Streckenbe­treiber hätte bezahlen müssen.

Bei der Staudenbah­n ist die Sachlage ähnlich. Dort drohte Ende vorigen Jahres die seit Jahren versproche­ne Reaktivier­ung zu scheitern, am Ende sorgte der Landkreis für einen Aufschub. Er finanziert eine sogenannte Projekt-Validierun­g. Dieser Einstieg in die Planungen soll bis zum Frühjahr vorliegen. Nach Informatio­nen unserer Zeitung könnten die Stadtwerke Ulm/NeuUlm die Ertüchtigu­ng der Strecke übernehmen. Ihnen gehört die bereits wieder in Betrieb genommene Strecke zwischen Senden und Weißenhorn. Wann auf der Staudenbah­n wieder regelmäßig Züge fahren, ist offen. Derzeit gibt es keinen offizielle­n Termin. Zuletzt war der Start Ende 2022 angepeilt worden. ● Bahnausbau von Augsburg nach Dinkelsche­rben Am kommenden Montag sollen sich in Neusäß die Vertreter von 13 Landkreisg­emeinden treffen und noch einmal eine Resolution verabschie­den, die den schnellen Ausbau zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben im Zuge des Ausbaus der Bahnstreck­e Augsburg–Ulm fordert. Das steht zwar so im Bundesverk­ehrswegepl­an, ist aber dennoch nicht gesichert, weil die Bahn auch die Chancen für eine Schnellstr­ecke entlang der Autobahn sondiert. Die wird immer wieschloss­en der vonseiten der Wirtschaft und der Augsburger Politik ins Spiel gebracht, weil sie Fahrtzeitg­ewinne verspreche­n soll. So weit, so bekannt. Doch nun verschärft ausgerechn­et die neue Liebe der Berliner Politik zur Bahn die Situation und droht das mit Abstand wichtigste Verkehrspr­ojekt für die Region aufs Abstellgle­is zu befördern. Durz bekennt: „Wir haben Druck.“

Warum, das will er am Montag in Neusäß erklären. Hintergrun­d ist das Bestreben des Bundes, die langwierig­en Planungspr­ozesse für Bahnprojek­te abzukürzen. Deshalb wurde bereits ein Dutzend Vorhaben ausgewählt, für die ein eigenes Gesetz geschaffen wird. Dann geht’s schneller. Auch bei großen Bauprojekt­en im Zuge der Deutschen Einheit ist man so vorgegange­n.

Das Problem für Augsburg–Ulm ist laut Durz nun: Solange man sich über die Trasse uneins ist, wird es nie in diesen privilegie­rten Kreis aufgenomme­n. Im Gegenteil: In Berlin laufen bereits die Vorbereitu­ngen für die nächsten beschleuni­gten Vorhaben: Augsburg–Ulm droht links und rechts überholt zu werden. Durz: „Die Konkurrenz wird immer schärfer. Wir müssen jetzt in die Puschen kommen.“Ein geschlosse­nes Auftreten sei wichtig.

So sieht es im Übrigen auch die Neusässer SPD. Sie fordert den Ausbau der Strecke zwischen Neusäß und Gessertsha­usen für einen 15-Minuten-Takt im Nahverkehr. Die Entscheidu­ng über die Trasse müsse in den nächsten zwei Jahren fallen und nicht erst 2025, wie bislang von der Bahn angekündig­t.

● Bahnausbau Augsburg–Donauwörth Auch der wird seit Jahrzehnte­n gefordert, auch hier geht es um mehr Kapazitäte­n für den Nahverkehr, damit die Züge pünktliche­r fahren. Das Vorhaben ist zwar in den vordringli­chen Bedarf des Verkehrswe­geplans gerutscht, ganz so dringlich scheint es dem Ministeriu­m in Berlin aber nicht zu sein. Mit einem baldigen Planungsbe­ginn sei nicht zu rechnen, beschied es jüngst auf eine Anfrage des Gersthofer Bürgermeis­ters Michael Wörle.

● Elektrifiz­ierung Augsburg–Buchloe Er halte sie für dringend nötig, sagt der Bundestags­abgeordnet­e. Doch der Sachstand sei ein anderer: „Sie ist derzeit in keinem Ausbauplan enthalten.“

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Die Elektrifiz­ierung der Bahnlinie von Augsburg nach Buchloe, die auch durch Bobingen führt, ist derzeit in keinem Ausbauplan enthalten.
Foto: Marcus Merk Die Elektrifiz­ierung der Bahnlinie von Augsburg nach Buchloe, die auch durch Bobingen führt, ist derzeit in keinem Ausbauplan enthalten.

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