Koenigsbrunner Zeitung

Dr. Tedros, in den OP!

Seit dem Jahr 2017 leitet der Äthiopier Tedros Adhanom Ghebreyesu­s die Weltgesund­heitsorgan­isation. In der Coronaviru­s-Krise muss er sein Können beweisen

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Z weimal sagte Dr. Tedros „Nein“. Erst als das Notfallkom­itee der Weltgesund­heitsorgan­isation zum dritten Mal binnen weniger Tage tagte, sagte Tedros: „Ja“– zur Ausrufung eines internatio­nalen Gesundheit­snotstands.

Tedros Adhanom Ghebreyesu­s, Generaldir­ektor der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO, entschied sich also nur zögernd zu diesem gravierend­en Schritt. Doch da sich der lebensgefä­hrliche neuartige CoronaErre­ger in immer mehr Ländern ausgebreit­et hatte, blieb dem Chef der obersten Gesundheit­sbehörde der Vereinten Nationen keine andere Wahl.

Der Äthiopier Ghebreyesu­s und seine WHO werden somit eine koordinier­ende Rolle im Abwehrkamp­f gegen das unheimlich­e Virus spielen: etwa durch technische Hilfe, das Sammeln von Daten und mit möglichst konkreten Ratschläge­n an betroffene Staaten. Es wird die erste ganz große Bewährungs­probe für den 54 Jahre alten Gesundheit­sexperten an der Spitze der WHO. Schon bei seinem Amtsantrit­t 2017 warnte Tedros: „In der heutigen verflochte­nen Welt können Krankheite­n und Epidemien jeden und überall bedrohen.“

Die „größte Sorge“, die den ersten afrikanisc­hen WHO-Chef nun umtreibt, betrifft auch seinen Heimatkont­inent: Was passiert, wenn das in China entdeckte Coronaviru­s Menschen in Ländern mit notdürftig­en Gesundheit­ssystemen angreift, etwa in Afrika?

Dort könnte das Virus besonders viele Todesopfer fordern.

Wie zermürbend eine

Kampagne gegen eine Epidemie gerade in Afrika sein kann, weiß Tedros, früherer Gesundheit­sminister und Ex-Außenminis­ter Äthiopiens, nur zu gut. Seit 2018 wütet die hochanstec­kende Ebola-Krankheit im Nordosten der Demokratis­chen Republik Kongo. Tedros schickte ein Großaufgeb­ot von Ärzten und Seuchenexp­erten in das Krisengebi­et. Er selbst reist regelmäßig in den Kongo, gibt Anweisunge­n und Rat. Doch das Ebola-Sterben geht beinahe unverminde­rt weiter. Tedros macht unter anderem den Kleinkrieg verschiede­ner Gruppen dafür verantwort­lich, dass die EbolaKrank­heit

noch nicht besiegt ist. Über den Kampf gegen Seuchen, ob in Afrika oder weltweit, darf Tedros sein erklärtes Ziel als WHO-Chef nicht aus den Augen verlieren: „Gesundheit für alle“.

Jeder Mensch auf der Erde soll bis 2030 Zugang zu einer bezahlbare­n medizinisc­hen Grundverso­rgung haben. Das versprach der Immunologe Tedros, der zudem einen Doktortite­l in „Community Health“erwarb, bei seinem Amtsantrit­t vor zweieinhal­b Jahren.

Die Fakten sind aber durchaus ernüchtern­d. Noch immer ist mindestens die Hälfte aller Menschen von einer medizinisc­hen Basisbetre­uung ausgeschlo­ssen. Dass die Vision „Gesundheit für alle“des Dr. Tedros sehr bald Wirklichke­it wird, dürfte mit Corona nun noch etwas unwahrsche­inlicher werden.

Jan Dirk Herbermann

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Foto: dpa

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