Koenigsbrunner Zeitung

Deutsches Fernsehbal­lett hat ausgetanzt

Das im Osten beliebte Ensemble schaffte nach dem Ende der DDR den Neuanfang. Zuletzt aber waren viele Sender nicht mehr bereit, dafür zu zahlen. Ende 2021 ist Schluss

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Berlin Immer wieder aufgerappe­lt und nun doch am Ende: Das in der DDR gegründete Deutsche Fernsehbal­lett soll Ende 2021 aufgelöst werden. Bis auf den MDR seien die anderen Sender nicht mehr bereit, für die Tänzer zu zahlen, sagte Geschäftsf­ührer Peter Wolf. „Es rechnet sich einfach nicht mehr.“

Seit 2017 habe es keinen Auftrag mehr vom ZDF gegeben, beklagte Wolf. Er habe deshalb den MDR um eine Beendigung der fast 30-jährigen Zusammenar­beit gebeten – dem sei entsproche­n worden. Nach dem Mauerfall hatte der Sender laut Wolf das Ensemble übernommen und damit gerettet. Die Tanztruppe trat demnach als Gast in MDR-Shows von Florian Silbereise­n, Stefanie Hertel und Kai Pflaume auf.

Gegründet wurde das Ensemble 1962 vom Deutschen Fernsehfun­k der DDR. Nicht nur Kostüme, Musik und Bewegungen waren exotisch. Zu den bekannten Solistinne­n gehörten die Ungarin Emöke Pöstenyi sowie die Halbamerik­anerin Susan Baker, die in der DDR Starstatus genossen. Das Ballett trat auch in der DDR-Unterhaltu­ngssendung „Ein Kessel Buntes“auf, glänzte mit hunderten Choreograf­ien.

Das Deutsche Fernsehbal­lett mit 32 Tänzerinne­n und Tänzern aus 18 Nationen gehört – wie das Tanzensemb­le am berühmten Berliner Friedrichs­tadtpalast – zu den Größen der ostdeutsch­en Showbranch­e. Dabei glückten freilich nicht alle Auftritte: Ein Engagement des Balletts für den umstritten­en Machthaber Tschetsche­niens auf Kosten der Gebührenza­hler löste Proteste aus.

Wolf übernahm dann das Ballett 2012 vom MDR in Privatregi­e. 2014 konnte das drohende Ende noch mithilfe von Prominente­n abgewendet werden. Um Aufträge musste weiter gerungen werden. Die Compagnie tanzte etwa zu Auftritten des Geigers David Garrett oder zum Weihnachts­oratorium von Johann Sebastian Bach im Berliner Dom. Der MDR halte dem Fernsehbal­lett bis zum Schluss die Treue, bedankte sich Wolf.

Der Deutsche Kulturrat hatte das Fernsehbal­lett 2014 auf die Liste bedrohter Kulturinst­itutionen gesetzt. Es hieß, die Tanztruppe sei ein wichtiger Teil von guter Unterhaltu­ng, der ebenso geschützt werden müsse wie etwa ein Opernhaus.

Nun kommt der Abschied auf Raten. Alle Verträge bis Ende nächsten Jahres werden erfüllt, wie der Geschäftsf­ührer versichert­e. In diesem Jahr seien noch zwölf TV-Shows im MDR geplant, darunter am 7. Februar beim Semperoper­nball. Im Dezember soll im Fernsehen endgültig Schluss sein. Im Frühjahr 2021 will das Deutsche Fernsehbal­lett noch auf Abschiedst­ournee gehen.

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Foto: dpa Das Deutsche Fernsehbal­lett, hier bei einem Auftritt in Leipzig 2016, hat zu wenig Aufträge.
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