Koenigsbrunner Zeitung

Glückwunsc­h, Herr Löw!

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

L ieber Herr Löw, unser distanzier­tes Verhältnis mag manchen Mitleser, der glaubt, jeder Journalist duzt sich mit jedem Trainer, überrasche­n. Auch wenn Sie das ganze Land Jogi ruft, sind wir uns doch nie so nah gekommen. Wir haben schließlic­h auch Poldi & Schweini gesiezt.

Anderersei­ts ist es ein Kreuz mit den Vornamen deutscher Bundestrai­ner. Sie laden zum kumpelhaft­en Umgang ein. Derwall, ein getaufter Josef, für alle nur Jupp. Nicht einmal Hans-Hubert hat den gestandene­n Vogts vor dem Berti bewahrt. Da würde Ihnen auch kein Karl-Theodor helfen. Dann lieber Joachim. Oder der nette Herr Löw, wie es anfangs über Sie hieß. Damals, als Assi vom Jürgen, ihrem Chef Klinsmann. Sie, der Stratege, er das Emotionsmo­nster. Zwei, die bis aufs Oberhemd zusammenge­passt haben. Nur als der Jürgen nicht mehr wollte und Sie das bedeutends­te Amt im Land übernahmen, überfielen den Michel Albträume. Erinnert sei an das Gähnen, mit dem Fußball-Deutschlan­d damals reagierte. „Högschde Disziplin“

haben Sie so ausdauernd gepredigt, bis es Eingang in den deutschen Sprachscha­tz fand. Dabei klang es nach provinziel­lem Flachpass, nicht nach internatio­nalem Zauber.

Aber die Umstände befeuerten den Zauber. Sie ernteten die Früchte, die der Deutsche FußballBun­d mit seiner Nachwuchsf­örderung als Folge der katastroph­alen Euro 2000 gesät hat. Högschde Disziplin gehört weiter zum System. Sie haben aus den Vorlagen ein Spiel entwickelt, das zum attraktivs­ten gehört, das deutsche Auswahltea­ms je vorgetrage­n haben – und es 2014 in Brasilien mit dem WMSieg gekrönt. Sie sind danach demütig geblieben, weil Sie im Triumph nicht vergessen haben, dass man von jedem Gipfel wieder runter muss.

Trotzdem hatten nur wenige erwartet, Sie an Ihrem heutigen 60. Geburtstag noch im Amt des Bundestrai­ners anzutreffe­n. Dem Gipfel war bei der WM in Russland ein Radikalabs­tieg gefolgt, den keiner überlebt hätte, der nicht das Glück hat, sich in eine südbadisch­e Seele versenken zu können. Mochte Ihnen damals auch die halbe Republik den Ruhestand an den Hals wünschen. Sie haben die Fassung bewahrt, ein paar trockene Papiere präsentier­t, Espresso getrunken, Müller, Boateng und Hummels geschasst – und sind heute noch Bundestrai­ner. Zweifellos die größte strategisc­he Leistung Ihrer 14-jährigen Amtszeit. Auch dazu gratuliere­n wir. Herzlichen Glückwunsc­h!

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Foto: dpa Cooler Typ: Jogi Löw wird 60.
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