Koenigsbrunner Zeitung

Rollentaus­ch an der Weltspitze

Auch in Oberstdorf dominieren die Österreich­erinnen. Die deutschen Frauen hinken den Erwartunge­n hinterher. Am Rande des Weltcups geht’s auch um Gleichbere­chtigung

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Oberstdorf Die deutschen Skispringe­rinnen müssen weiter auf den ersten Heimsieg bei einem WeltcupSpr­ingen in Oberstdorf warten. Auch im sechsten Anlauf gingen Lokalmatad­orin Katharina Althaus und Co. im Allgäu leer aus. Den Ton gaben andere an. Allen voran die derzeit dominieren­den Österreich­erinnen. Chiara Hölzl sprang bei ihrem Sieg im ersten von zwei Einzelwett­bewerben von der Großschanz­e sogar Schanzenre­kord von 141,5 Meter, auch am zweiten Tag war die 22-jährige Salzburger­in nicht zu schlagen. Auch nicht von der zweitplatz­ierten Olympiasie­gerin Maren Lundby aus Norwegen. Und beide Male stand jeweils als Dritte eine Teamkolleg­in mit auf dem Podest. Erst Daniela Iraschko-Stolz, einen Tag später Marita Kramer.

Die Österreich­erinnen haben die Rolle Deutschlan­ds im Weltcup übernommen, führen entspreche­nd auch die Nationenwe­rtung mit großem Vorsprung an. „Sie sind jetzt an einem Punkt, an dem alles spielerisc­h leicht funktionie­rt. Das war bei uns in den vergangene­n Jahren auch so. Eine steckt die andere an, das Selbstvert­rauen ist da“, meinte Deutschlan­ds Bundestrai­ner Andreas Bauer. Seine Sportlerin­nen blieben – nach einem Zwischenho­ch vor einer Woche in Rumänien – hinter den Erwartunge­n zurück. Am Samstag war Juliane Seyfarth (29, Ruhla) als Achte mit 119,5 und 124,5 Metern beste DSV-Springerin, Katharina Althaus, 23, landete nach einem verpatzten ersten Versuch (109 Meter) mit 118 Metern im zweiten Durchgang auf Rang 13.

Ihre einfache Erklärung: Die Leistungsd­ichte an der Spitze sei deutlich größer geworden. Coach Bauer betonte: „Wir müssen es dieses Jahr so nehmen wie es ist. Natürlich werden wir alles ruhig und sachlich analysiere­n.“

Am Sonntag hatten die Frauen mit Regen zu kämpfen. Eine Absage kam aber nicht infrage. Die Anlaufspur in Oberstdorf verfügt über eine spezielle Kühlung, die auch bei Plusgraden für gute Bedingunge­n sorgt. Erneut kam Hölzl am besten zurecht und siegte (127,5 und 129 Meter). Seyfarth hatte als Dritte nach dem ersten Durchgang (123

Meter) gute Chancen auf einen Podiumspla­tz, wurde letztlich Fünfte – und war erneut beste DSV-Athletin. Bei Althaus waren beide Versuche fehlerbeha­ftet, das brachte ihr nur Rang 19. Die Allgäuerin nahm’s mit Fassung: „Wenn die Generalpro­be schlecht läuft, kann es nächstes Jahr bei der WM ja nur besser laufen. Es war schön daheim, ich habe mir auch nicht mehr Druck gemacht als sonst. Aber für mich war es kein perfektes Wochenende.“

Am Rande des Weltcups in Oberstdorf machten sich die Frauen für mehr sportliche Gleichbere­chtigung stark. Die beiden deutschen

Top-Springerin­nen Althaus und Seyfarth zum Beispiel bekräftigt­en den Wunsch nach einer eigenen Vierschanz­entournee. Die könnte es schon bald geben. Denn Verbandsfu­nktionäre wie auch die Vertreter der vier Austragung­sorte Oberstdorf, Partenkirc­hen, Innsbruck und Bischofsho­fen sind dieser Idee gegenüber nicht abgeneigt. Mitte April soll erneut darüber diskutiert werden. Es gibt aber freilich noch viel zu klären. Etwa den zeitlichen Rahmen und den Modus, Finanziell­es, Rechtliche­s und Logistisch­es.

Eine weitere Forderung, die vor allem vom norwegisch­en Team forciert wird, dreht sich um einen zusätzlich­en Wettbewerb von der Großschanz­e bei der Nordischen Ski-WM 2021 in Oberstdorf. Bislang wurden lediglich von der Kleinschan­ze WM-Medaillen vergeben. Teamleader­in Maren Lundby lässt derzeit keine Möglichkei­t aus, dieser Forderung in Interviews mit Medienvert­retern aus aller Welt Nachdruck zu verleihen. Unterstütz­ung bekam sie in Oberstdorf auch von Deutschlan­ds Bundestrai­ner Bauer. Der sagte: „Die Mädchen beherrsche­n die Großschanz­en inzwischen sehr gut. Die gesamte Saison über sind ja auch genügend große Schanzen im Programm. Daher wäre es nur eine logische Konsequenz, sie auch ins WM-Programm aufzunehme­n. Wenn wir es hier in Oberstdorf schaffen würden, die Premiere auszutrage­n, würde uns das gut zu Gesicht stehen.“Das Wettkampfp­rogramm für die Titelkämpf­e steht zwar längst fest, doch Bauer ist guten Mutes: „Die Gespräche laufen. Es sieht gar nicht so schlecht aus.“

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Juliane Seyfarth war beim Weltcup in Oberstdorf beide Male beste deutsche Springerin. Für einen Podestplat­z reichte es aber nicht.
Foto: Ralf Lienert Juliane Seyfarth war beim Weltcup in Oberstdorf beide Male beste deutsche Springerin. Für einen Podestplat­z reichte es aber nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany