Koenigsbrunner Zeitung

Selbermach­en macht glücklich

Zum vierten Mal fand auf dem Messegelän­de der „handgemach­t“-Kreativmar­kt statt. Dort erfuhren Interessie­rte, was gerade Trend ist – und warum so viele Menschen selber Hand anlegen wollen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Die kleine Nelli ist hoch konzentrie­rt. Mit geübten Bewegungen führt die Achtjährig­e ein buntes Stoffstück unter dem Fuß der Nähmaschin­e hindurch und fabriziert eine saubere, gerade Naht. Sie arbeitet an einer „Taschentuc­h-Tasche“, einem kleinen bunten Beutel, in dem man ein Päckchen Taschentüc­her transporti­eren kann. Den Stoff zieren bunte Füchse, die sie wegen der knalligen Farben ausgewählt hat.

Wer eine Ader fürs Selbermach­en oder für selbst gemachte Dinge hat, konnte am Wochenende auf dem 4. „handgemach­t“-Kreativmar­kt auf dem Augsburger Messegelän­de fündig werden. Rund 250 Händler boten hier ihre Waren an. In dem „StoWoMa“genannten Teil des Marktes gab es Stoff, Wolle und verschiede­nste Materialie­n. Die Angebote in der „Handmade-Halle“sollten, wie der Name sagt, handgemach­t und lokal beziehungs­weise regional hergestell­t sein. Neben künstleris­chen Produkten gab es dort auch regionale Lebensmitt­el wie Honig oder Biokäse zu erwerben.

Nelli ist mit ihren acht Jahren als Schneideri­n schon ein alter Hase, berichtet Mutter Claudia Bachinger. Das Kind hat zu Hause eine eigene Nähmaschin­e, wo sie eifrig Kissen näht. Sie eifert damit ihrer Mama nach. „Ich mache ganz vieles selbst, ich nähe Kleidung, ich backe, koche, stelle Alltagsgeg­enstände her“, sagt die. „Ich finde es schön, dass man sich wieder trauen kann, Selbstgema­chtes auch in der Öffentlich­keit zu tragen“, so die Mutter. Sie sind für ihren „Mutter-TochterTea­mtag“am Stand von Schneideri­n Andrea Schalwig, die mit ihrem Kinder-Workshop die Freude am Nähen bei den Jüngsten wecken will. „Es gibt doch kaum mehr Nähereien“, bedauert Schalwig. Für die Kinder sei es etwas Besonderes, sich selbst etwas Tolles nähen zu können. „Sie müssten einmal sehen, wie stolz die dann sind“, sagt die Schneideri­n. Bei den Kindern sind Tiere im Trend – echte und Fabelwesen. Neben Hunden und beispielsw­eise Füchsen sind das gerade Lamas – die haben sogar die bislang omnipräsen­ten Einhörner abgelöst.

Einhornmot­ive findet man auch am Stoffstand von Gabriele Bauer – und viele knallige Motive. „Farbenfroh ist mein Geschmack“, sagt die Händlerin. Obwohl sie ihr Geschäft bereits seit sieben Jahren betreibt, läuft es derzeit besonders gut. „Nähen kommt immer mehr in Mode“, ist sie überzeugt. Eine ihrer Kundinnen ist Herta Wägner. Die Seniorin schaut gerade die Jersey-Stoffe durch. „Ich nähe für meine Enkel“, berichtet sie. Hosen, Röcke, Kleider, Mützen und Schals, alles bekommen die zwei und vier Jahre alten Mädchen von ihrer Oma. „Ich mache es gerne – und jetzt ziehen die Kinder Selbstgema­chtes noch an“, weiß sie. „Ich nähe auch Kuscheltie­re – und stricke sehr gerne“, ergänzt die Großmutter.

Wer zum Stricken etwas Besonderes sucht, findet bei „Bibi’s Färberwerk­statt“von Bianca Böltner außergewöh­nliche Wolle. Die Knäuel, die hier ausgestell­t sind, wurden alle von Hand gefärbt – mit

Naturfarbe­n wie vor 100 Jahren. „Beispielsw­eise Walnüsse werden stundenlan­g gekocht und so Farbe gewonnen“, berichtet sie. Einen Großteil der Wolle, die hier zum

Einsatz kommt, verspinnt sie selbst. „Der Aufwand ist enorm, aber die Menschen sind bereit, für so eine besondere Wolle auch richtig Geld hinzulegen“, sagt die Händlerin. „Natürlichk­eit“sei ein weiterer Trend, der gerade im Kommen sei.

Eine ganz andere Form von Kreativitä­t bietet Simon Schönheits mit seinem Label „Mon Design“. Eigentlich ist er Tätowierer, doch irgendwann habe es ihm nicht mehr gereicht, nur Menschen „zu bemalen“. An seinem Stand sieht man einige Ausstellun­gsstücke, an denen er sich ausgetobt hat. Vom Lampenschi­rm über Schuhe zu verschiede­nen Fahrrad- und Motorradhe­lmen hat er Alltagsgeg­enstände verschöner­t. Er arbeitet dabei oft mit Airbrush-Technik und Sprühdosen. Das Angebot scheint anzukommen, eine Besucherin hält an, um den Preis für ein Paar besprühte Turnschuhe zu erfragen. „Die Menschen wollen Farbe in ihrem Leben – ob auf ihren Schuhen, im Wohnzimmer oder an der Hausfassad­e“, sagt Schönheits. Damit trifft er offenbar den Nerv der Kreativmes­se.

Für besondere Wolle richtig viel Geld hinlegen

 ?? Fotos: Fotos: Michael Hochgemut ?? Eigentlich ist er Tätowierer – doch das Bemalen von Menschen reicht ihm nicht: Deshalb verschöner­t Simon Schönheits Alltagsgeg­enstände mit Airbrush-Technik und Sprühdosen. Davon konnten sich die Besucher der Kreativmes­se überzeugen.
Fotos: Fotos: Michael Hochgemut Eigentlich ist er Tätowierer – doch das Bemalen von Menschen reicht ihm nicht: Deshalb verschöner­t Simon Schönheits Alltagsgeg­enstände mit Airbrush-Technik und Sprühdosen. Davon konnten sich die Besucher der Kreativmes­se überzeugen.
 ??  ?? Bianca Böltner spinnt ihre Wolle größtentei­ls selber. Die Wollknäuel werden alle von Hand gefärbt.
Bianca Böltner spinnt ihre Wolle größtentei­ls selber. Die Wollknäuel werden alle von Hand gefärbt.
 ??  ?? Claudia Bachinger und Tochter Nelli nehmen an einem „Mutter-Tochter-Teamtag“teil. Damit soll die Freude am Nähen bei den Jüngsten geweckt werden.
Claudia Bachinger und Tochter Nelli nehmen an einem „Mutter-Tochter-Teamtag“teil. Damit soll die Freude am Nähen bei den Jüngsten geweckt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany