So ticken die jungen Wähler
Eine Jugendstudie der Hanns-Seidel-Stiftung zeigt: Die größten Meinungsunterschiede gibt es nicht zwischen Generationen, sondern zwischen Stadt und Land
München Die jungen Klimaaktivisten von „Fridays for Future“dominierten zuletzt die politische Debatte. Insofern ist es wohl keine allzu große Überraschung, dass Klimawandel, Umweltschutz und Energiepolitik laut einer Umfrage der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung unter jungen Wählern in Bayern mit weitem Abstand als wichtigste politische Themen angesehen werden. Durchaus überraschend aber sind weitere Ergebnisse der Jugendstudie, die der neue Vorsitzende der Stiftung, der schwäbische Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU), am Montag in München vorstellte. Die größten Unterschiede in den politischen Auffassungen gibt es danach nämlich nicht zwischen Männern und Frauen oder Jung und Alt, sondern regional zwischen Stadt und Land.
Die Rangfolge der dominierenden Themen ist eindeutig. Ganz oben stehen Klima, Umwelt und Energie. 34 Prozent aller Befragten nannten diese Themen an erster Stelle. Unter den 17- bis 24-Jährigen waren es sogar 46 Prozent, unter den 25- bis 34-jährigen 38 Prozent. Erst deutlich dahinter folgen nahezu gleichauf drei weitere Themenbereiche: „Außenpolitik, internationale Krisen“(19 Prozent aller Befragten), „Migration, Flüchtlinge, Zuwanderung“(15 Prozent) und „Soziales, soziale Gerechtigkeit“(15 Prozent). In den Einschätzungen zeigen sich hier kaum Unterschiede zwischen Jung und Alt. Daraus folgern die Macher der Studie: „Auch für die Jugendlichen gilt also, dass ihnen das Thema Klima zwar wichtig ist, sie dieses aber keineswegs als das einzig dominante Thema sehen.“Ferber zieht daraus den Schluss: „Das Interessenspektrum ist viel, viel breiter, als vielleicht ,Fridays for Future‘ es einem aufzwingen würde.“
Die markanten Unterschiede zwischen Stadt und Land haben die Meinungsforscher vom Institut GMS genau analysiert. So bleibe der Themenkomplex „Migration, Flüchtlinge und Zuwanderung“vor allem in kleinen Gemeinden unter 5000 Einwohner von großer Bedeutung, während Klima- und Umweltschutz eher in den größeren Städten und Großstädten als wichtiger angesehen wird. Im Großraum München zum Beispiel halten 39 Prozent aller Befragten den Klimaschutz für besonders wichtig, im weitgehend ländlicher geprägten Schwaben sind es nur 28 Prozent, in Franken 31 Prozent. Auch der Themenkomplex „Mobilität, Verkehr, Verkehrswende“, der in der Rangfolge der allgemeinpolitisch wichtigsten Themen weit hinten rangiert, brennt Menschen vor allem in kleineren Gemeinden auf den Nägeln. Er spiele dort eine doppelt so große Rolle wie in größeren Orten.
Bei der Frage nach den kommunalpolitisch wichtigsten Aufgaben dagegen steht das Thema „Verkehr und digitale Infrastruktur“mit 29 Prozent an erster Stelle und damit weit vor Klimaschutz, „Stadtplanung, Attraktivität, Kulturelles Leben“und „Soziales, Bildung und Gesundheit“. Junge Wähler, so folgern die Meinungsforscher, würden den verschiedenen politischen Ebenen verschiedene Aufgaben zuweisen. „Sobald sich die Befragten in die Rolle ihres Bürgermeisters vor Ort hineinversetzen mussten“, so heißt es in der Studie, „ergaben sich einige bemerkenswerte neue Themenschwerpunkte.“Die Klima
Thematik sei zwar auch für die Kommunalpolitik wichtig, sei aber hier auch für die Jugendlichen nicht mehr der dominante Themenkomplex.
Durchaus interessant war für die Meinungsforscher auch, dass die klassischen Medien für die politische Meinungsbildung immer noch die größte Rolle spielen. Ein Ergebnis der Studie lautet: „In der Gesamtbevölkerung haben Gespräche mit Freunden und Bekannten sowie die Tageszeitung die mit Abstand größte Relevanz. Erst danach folgen Gespräche im Familienkreis, Fernsehen und Rundfunk. Soziale Medien und Online-Medien werden als deutlich weniger relevant eingestuft.“Unter den Jüngeren ergebe sich ein etwas anderes Bild. Hier spielten soziale Medien und OnlinePortale eine größere Rolle.
Für die Studie hat das Institut GMS im Auftrag der Hanns-SeidelStiftung im Herbst 2019 insgesamt 2121 Menschen ab 17 Jahren in Bayern befragt. Erstmals geschah dies nicht nur über Festnetz-, sondern zum Teil auch über Mobiltelefone, um auch für junge Leute ein verlässliches Bild zu bekommen.
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