Koenigsbrunner Zeitung

Der Brexit macht ihn „beklommen“

Wie der EU-Abgeordnet­e Markus Ferber aus Schwabmünc­hen den Austritt Großbritan­niens erlebt und welche Folgen er für Unternehme­n im Augsburger Land haben kann

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Das Angebot auf eine Tasse echten britischen Tee zum Interview schlägt er aus: Nach dem Brexit, dem EU-Austritt von Großbritan­nien, ist Markus Ferber nicht danach. Der Schwabmünc­hner gehört zu den dienstälte­sten EUAbgeordn­eten – er wurde 1994 als Vertreter von Schwaben erstmals ins Europaparl­ament gewählt. Seit 2018 ist er Koordinato­r der EVPFraktio­n des Ausschusse­s für Wirtschaft und Währung. Seit Anfang des Jahres leitet der 55-Jährige die Hanns-Seidel-Stiftung.

War bei Ihnen am Wochenende Feierstimm­ung angesagt, oder sind die Tränen geflossen?

Markus Ferber: Ich war ehrlich gesagt beklommen. Aber das war ich schon seit der Abstimmung über das Übergangsa­bkommen. Der BrexitGrup­pe um Nigel Farage trauere ich nicht nach, den Briten aber schon.

Was für ein persönlich­es Stück Großbritan­nien

bleibt Ihnen? Vielleicht eine Teetasse?

Ferber: Materiell habe ich kein Erinnerung­sstück. Was mir aber in Gedanken bleibt: Für mich war es immer spannend, die Briten als sehr pragmatisc­h zu erleben. Ich war an vielen Gesetzgebu­ngsverfahr­en beteiligt, und die Briten haben mich dabei ganz offen gesagt genervt. Am Ende waren sie aber immer zuverlässi­g. Das werde ich sicherlich vermissen. Das gilt auch für die Sprache. Es gab oft Debatten, bei denen sich ein Brite gemeldet hatte und auf eine sprachlich­e Korrektur hinwirkte. Es gibt leider keine Sprache, die so häufig gesprochen wird wie schlechtes Englisch.

Die Briten gehen. Bleibt Europa trotzdem eine Erfolgsges­chichte?

Ferber: Ja. Denn im Herzen von Europa gibt es keine Alternativ­e für die EU. Ich glaube nicht, dass das, was wir auf dem Kontinent erreicht haben, jetzt zur Dispositio­n steht. Man darf bei der ganzen Diskussion nicht vergessen: Die Briten waren nie zu hundert Prozent Mitglied. Bei vielen Themen gab es für sie Ausnahmeun­d Sonderrege­lungen. Das hat manchmal geholfen zu erden. Manchmal hat es aber auch genervt, zum Beispiel im außenpolit­ischen Bereich, wenn sich die Briten als Interessen­swahrer der USA verstanden hatten. Da haben sie eher verhindert, wenn Europa aktiv hätte werden sollen. Auf der anderen Seite hatten die Briten oftmals einen sehr ökonomisch­en Ansatz, der uns Deutschen auch geholfen hat, gegen Frankreich ein Gegengewic­ht aufzubauen.

Wie wird sich die deutsch-französisc­he Achse weiterentw­ickeln?

Ferber: Das ist eine spannende Frage. Die Achse ist ja nicht ganz spannungsf­rei. Andere Länder sehen es mit Sorge, dass der Ausgleich durch die Briten fehlt.

Welche Folgen wird der Brexit für die Wirtschaft im Augsburger Land haben?

Ferber: Das ist noch schwer abzuschätz­en. Wir müssen bis Ende des Jahres genau diese Frage klären. Wir haben bislang aus dem Vereinigte­n Königreich nur klare Aussagen darüber, was es nicht mehr machen will.

Konkret heißt das?

Ferber: Das betrifft zum Beispiel unsere Standards, die die Briten nicht mehr einhalten wollen. Wir können beim Verbrauche­rschutz genauso wie bei Arbeitnehm­errechten nichts preisgeben.

Und die Folgen des Brexit für Schwaben?

Ferber: Es wird insgesamt schwierig, was die Handelsbez­iehungen betrifft. Die Wahrheit ist zum einen: Unsere Region ernährt die Briten mit. Anderersei­ts exportiere­n unsere Unternehme­n viel – da könnte es uns hart treffen. (Foto: Marcus

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Markus Ferber

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