Grüne fordern Grundrente trotz Corona
Die SPD steht bei ihrem Prestigeprojekt unter Druck. Die Union zweifelt bereits daran, dass das Vorhaben pünktlich umgesetzt wird
Berlin Die SPD mit ihren Ministern Hubertus Heil und Olaf Scholz gerät bei der Einführung der Grundrente unter Druck. Die Grünen im Bundestag forderten am Sonntag die schnelle Umsetzung des Prestigeprojekts. „Die Corona-Krise fordert uns alle. Sie darf aber kein Vorwand sein, bei der Grundrente den Rückwärtsgang einzulegen oder andere wichtige sozialpolitische Reformen nicht umzusetzen“, sagte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt unserer Redaktion.
Nach den Plänen der Regierung soll die Grundrente rund 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentnern zugutekommen und niedrige Alterseinkommen aufwerten. Anspruchsberechtigt ist, wer mindestens 33 Jahre sozialversicherungspflichtig gearbeitet, aber unterdurchschnittlich verdient hat. Der Zuschlag ist gestaffelt, die maximale Grundrente beträgt 404,86 Euro.
„Die Koalition muss ihr Versprechen halten. Die Grundrente muss kommen“, forderte Göring-Eckardt. Die Regierungspartner Union und SPD sollten sich „am Riemen reißen, anstatt einen bereits beigelegten Streit wieder neu aufzumachen und damit Vertrauen zu schwächen“, sagte sie. Besonders in diesen Zeiten brauche es einen konstruktiven, fairen Umgang miteinander. „Und die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass Politik ihnen hilft“, sagte sie.
Der Vorsitzende des CSU-Sozialflügels, Volker Ullrich, nannte es „richtig und wichtig, dass wir uns in den letzten zwei Sitzungswochen ausschließlich darauf konzentriert haben, die schweren Verwerfungen durch die Corona-Krise für die Wirtschaft und die Arbeitnehmer abzufangen“. Das entbinde die Koalition „aber nicht von der Pflicht, zumindest im Frühsommer die anderen Themen, die liegen geblieben sind, wieder aufzunehmen“, sagte der Augsburger Abgeordnete. „Allerspätestens im Sommer“müsse man das Thema noch einmal angehen, sagte Ullrich und räumte gleichzeitig ein: „Das heißt, dass sie möglicherweise verzögert kommt.“
Die Grundrente ist im Koalitionsvertrag verankert und ein Prestigeprojekt der SPD. Federführend sind Arbeitsminister Heil und Finanzminister Scholz. Das Vorhaben ist umstritten, zuletzt meldete der Bundesrat erheblichen Korrekturbedarf an. Die Länderkammer fordert vor allem Anpassungen zugunsten der Neurentner. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung führe dazu, dass diese in den ersten Jahren ihres Rentenlebens größtenteils keinen Anspruch auf Grundrente haben werden, heißt es. Zudem warnt der Bundesrat davor, dass die Finanzierung der Grundrente niedrigere Rentenanpassungen zur Folge haben könnte.
Schließlich haben auch die Länder Zweifel, ob die Einführung rechtzeitig zu realisieren ist. „Zeitliche Verzögerungen bei der Einführung sollten aber unbedingt vermieden werden, da sie das Vertrauen in die Grundrente und gesetzliche Rentenversicherung insgesamt erschüttern würden“, betonte der Bundesrat und regte „eine gestaffelte Prüfung und Umsetzung der Grundrente“sowie eine rückwirkende Auszahlung zum 1. Januar 2021 an. Dazu habe auch die Rentenversicherung geraten.
Die Grünen sehen das ähnlich. „Eine gestaffelte Einführung, ohne dass Ansprüche verfallen, wäre angesichts dieser Situation sicher eine praktikable Option“, sagte GöringEckardt. Für die Fraktionschefin ist dabei aber eines völlig klar: „Eine Verschiebung oder gar Absage der Reform darf es nicht geben.“
Im Leitartikel befasst sich Stefan Lange damit, dass aktuell auch viele andere Projekte liegen bleiben. In der Politik finden Sie einen Hintergrundbericht zur Rentenreform.