Ein Herz für Tiere in der Krise
Tierheime werden mit Anfragen überhäuft. Hilfe dürfen sie aber nur begrenzt annehmen
Augsburg Mit einem Hund Gassi gehen, ein bisschen Fangerles mit einer Katze spielen oder ein Kaninchen knuddeln – das wär doch was. Gerade in diesen Tagen, in denen die Corona-Krise das öffentliche Leben fast stillgelegt hat, haben die Menschen besonders viel freie Zeit – aber kaum Gelegenheiten, etwas zu unternehmen. Viele von ihnen haben außerdem ein Herz für Tiere und wollen ihrem örtlichen Tierschutzverein etwas Gutes tun. Das ist zumindest der Eindruck von Sabina Gassner, Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Augsburg. „Wir bekommen täglich wahnsinnig viele Anfragen von Menschen, die das Tierheim unterstützen möchten. Die Gassi gehen, ein Tier zu sich nach Hause holen wollen, einen Pflegeplatz anbieten oder sich in irgendeiner Weise für die Tiere engagieren möchten.“
Unter normalen Umständen wäre Gassner dankbar und froh, wenn sich Menschen im Tierheim melden und anfragen, ob sie mithelfen dürfen. Über 40 Ehrenamtliche gibt es eigentlich, berichtet Gassner, aber nicht einmal eine Handvoll von ihnen darf derzeit noch zum Tierheim kommen, um zu helfen. Und in diesen Tagen muss die Geschäftsführerin auch denen schweren Herzens absagen, die sich neu bei ihr melden. „Unser wichtigstes Ziel ist, dass unsere Tierärztin und unsere Tierpfleger gesund bleiben. Wir dürfen es nicht riskieren, dass sie sich bei ehrenamtlichen Helfern anstecken. Wenn sie krank werden, wäre das eine Katastrophe für uns und für die Tiere.“
Das Gleiche sagt auch Christina Helm, Leiterin des Tierheims in
Kempten. „Bei uns rufen jeden Tag so viele Leute an“, erzählt sie. „Das ist wirklich schön, dass die Menschen in dieser schwierigen Zeit an uns denken. Aber wir können und dürfen diese Hilfe nicht annehmen.“Auch in Kempten habe es oberste Priorität, die Mitarbeiter vor einer
Infektion mit dem Coronavirus zu schützen, die sich nun ganz allein um die vielen Tiere kümmern. „Leider haben nicht alle Leute dafür Verständnis, wenn wir in diesen Tagen ihre Hilfe ablehnen müssen. Aber es geht nicht anders. Wir können nicht jeden kontrollieren und es ist auch nicht erkennbar, wer krank ist.“Christina Helm und ihre Kollegen freuen sich deshalb um so mehr über Sach- und Geldspenden in diesen Tagen. „Futter, Spielsachen und Kratzbäume können wir immer gebrauchen. Und wer gerne handwerklich etwas tun möchte, könnte ja mal versuchen, einen Kratzbaum zu bauen oder ein Spielzeug selbst zu nähen.“
Von der großen Hilfsbereitschaft vieler Menschen berichtet auch Judith Brettmeister vom Tierschutzverein München. „Uns erreichen täglich unheimlich viele Anfragen. Die Menschen haben jetzt Zeit, sind viel zu Hause und überlegen sich, ein Tier für eine Zeit lang aufzunehmen und ihm eine gute Zeit zu schenken.“Brettmeister findet diese Bereitschaft unheimlich toll, aber genauso wie in Augsburg und Kempten müsse man die meisten Menschen auch in München enttäuschen. „Bevor wir ein Tier vermitteln oder zu einer Pflegestelle geben, müssen wir eine Vorkontrolle machen.“Die Mitarbeiter des Münchner Tierschutzvereins schauen sich dann an, wie der Mensch lebt und ob das Tier es gut bei ihm hat. „Aber wie sollen wir in Zeiten von Corona uns die Wohnungen von Fremden ansehen? Das ist unmöglich.“
Trotz aller Schutzmaßnahmen betonen die Mitarbeiterinnen aus Augsburg, Kempten und München, dass die Vermittlung von Tieren weiterläuft. In Augsburg müsse man jetzt allerdings, wenn man sich für ein bestimmtes Tier interessiert, einen Termin ausmachen. Geschäftsführerin Sabina Gassner erklärt: „Man hat dann eine Stunde Zeit, um das Tier kennenzulernen und Fragen zu stellen. Man hat das ganze Tierheim für sich, das ist sehr nett.“