Ausgerechnet Kiel
Das Saisonende der Handball-Bundesliga wird zur Mathematik. Weil sich Geisterspiele nicht rechnen, geht die Spielzeit nicht mehr weiter. Auch die Abschlusstabelle rechnen die Offiziellen aus. Es gibt keine Absteiger
Köln Die Coronavirus-Pandemie hat die Handball-Bundesliga (HBL) zum Saisonabbruch gezwungen und Rekordmeister THW Kiel den ungewöhnlichsten Titel seiner Vereinsgeschichte beschert. Mit großer Mehrheit beschlossen die 36 Klubs der 1. und 2. Liga am Dienstag das vorzeitige Ende der Spielzeit 2019/20 in beiden Klassen. HBL-Präsident Uwe Schwenker bezeichnete den Abbruch als „sehr bitter, aber alternativlos“. Kurz darauf bescherte das HBL-Präsidium mit seiner Festlegung auf die sogenannte Quotientenregelung dem THW die erste Meisterschaft seit 2015 und die insgesamt 21. in seiner Historie. „Wir freuen uns“, sagte Kiels Sport-Geschäftsführer Viktor Szilagyi.
Die Quotientenregelung erstellt die Abschlusstabelle, indem bei jedem Team die Anzahl der Pluspunkte durch die Anzahl der absolvierten Spiele geteilt und anschließend mit 100 multipliziert wird. Sie sei „von allen Szenarien die gerechteste Lösung“, sagte Schwenker. Absteiger gibt es keine. Der HSC 2000 Coburg und Tusem Essen steigen aus der 2. Liga auf, sodass die kommende Erstliga-Saison mit 20 Mannschaften bestritten wird. Wann wieder gespielt werden kann, ist aber noch unklar. „Im Moment ist der 31.8. der Fixtabelle punkt, bis zu dem Großveranstaltungen verboten sind. Das ist ein gutes Datum für uns“, sagte Schwenker. Auch in der 3. Liga und in der Jugend-Bundesliga sind die Spielzeiten wegen der Corona-Krise abgebrochen worden, wie der Deutsche Handballbund (DHB) mitteilte. In der Frauen-Bundesliga, die bereits vor Wochen abgebrochen wurde, gibt es keinen Meister.
Dagegen kämpft die HBL zumindest weiter um die Austragung der Pokal-Endrunde. Für das FinalFour-Turnier in Hamburg soll ein neuer Termin gefunden werden. Die Endrunde sollte ursprünglich am 4. und 5. April steigen und war wegen der Coronavirus-Pandemie bereits auf Ende Juni verlegt worden, nun kommt es zu einer weiteren Verschiebung. „Existentiell entscheidend wird sein, wann wir wieder in unseren Arenen vor Zuschauern spielen können“, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.
Bei der Ermittlung der Abschluss
habe es lediglich einen Härtefall gegeben. Wegen der Quotientenregelung rutschen die Füchse Berlin vom fünften auf den sechsten Platz ab und verpassen dadurch die Teilnahme am Europapokal. Vor dem Abbruch lagen sie einen Punkt vor den Rhein-Neckar Löwen, hatten aber auch bereits ein Spiel mehr absolviert. „Wir werden auf keinen Fall Protest einlegen gegen die Wertung. Es gibt keine gerechten Lösungen in dieser Situation. Dass es uns trifft, müssen wir sportlich akzeptieren“, sagte Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning.
Der Abbruch trifft die Liga hart. Sie rechnet mit Verlusten von rund 25 Millionen Euro. Auch aus diesem Grund war die Entscheidung lange aufgeschoben worden. „Ich habe aus den Reihen der Klubs keinen in Erinnerung, der nicht zufrieden ist“, sagte Schwenker. Anders als im Fußball hätte es aus finanzieller Sicht nicht viel gebracht, die Saison mit Geisterspielen zu Ende zu bringen. Fernsehgelder machen nur einen geringen Anteil im Budget der Vereine aus. Am meisten verdienen die Bundesligisten mit Ticketing und Sponsoring. Ersteres fällt bei Spielen ohne Zuschauer nahezu komplett weg, und auch die Werbeeinnahmen hätten erheblich gelitten.