Das Trauma des Max Ballauf
Tatort: Gefangen
Wenn es nur die polizeiliche Routinearbeit wäre, ließe sich der „Tatort“-Krimi „Gefangen“rasch abhaken. Nach dem Motto: Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) müssen den Mord an Professor Krüger, Chefarzt an einer psychiatrischen Klinik, aufklären. Das hatten wir doch alles schon.
Dabei befindet sich der in vielen Dienstjahren müde gewordene Ballauf selbst gerade in Behandlung. Ein schweres Trauma, das er bereits überwunden glaubte, kehrt mit aller Macht zurück. Nachdem er im Einsatz seine Kollegin Melanie Sommer (Anna Brüggemann) erschossen hat, plagen ihn Albträume und Schuldgefühle. Manchmal glaubt er sogar, die Tote vor sich zu sehen.
Reden kann er über sein Trauma nicht, auch nicht mit seinem praktisch denkenden Partner Schenk. Kein Wunder, dass die Stimmung in dem Duo entsprechend angespannt ist. Ballauf versucht, sich so etwas wie Trost einzureden. „Sie wollte, dass ich sie erschieße. Sie hat vorher zwei Menschen getötet und konnte mit dieser Schuld nicht leben.“Harte
Kost. Schon weil die Ermittler in der Klinik auf die rätselhafte junge Patientin Julia (Frida-Lovisa Hamann) treffen, die angeblich wegen „schizophrener Psychose“seit einem Jahr in der geschlossenen Abteilung des Hauses lebt. Ohne zu viel zu verraten: Die kinderlose Schwester und der Schwager bekommen das Recht auf Pflege der Patientin zugesprochen, die zwischenzeitlich ein Baby geboren hat. Was vor allem Schenk erbost: „Die eine will, kann aber nicht, die andere kann Kinder bekommen, will aber nicht. Ja geht’s noch!“
Inmitten eines wahren Filzes stecken Klinikchef Krüger und seine Stellvertreterin Dr. Maren Koch (Adina Vetter), die in erster Linie ihre Karriere im Auge hat. Ausgerechnet der psychisch angeschlagene Ballauf ahnt, dass Julias Hilferuf tatsächlich begründet sein könnte. Der überlange Krimi, der wieder einmal (warum denn nur?) die Würstchenbude am Rhein ins nächtliche Blickfeld rückt, wird so zu einem großen, menschlichen Drama, in dem Klaus J. Behrendt überzeugend agiert. Rupert Huber